Koenigsbrunner Zeitung

Eine Maßnahme über 30 Euro

- VON RÜDIGER HEINZE

Hartnäckig hält sich das Gerücht, Theater- und speziell Opernbesuc­he seien teuer und exklusiv. Dabei gab es in Augsburg, gibt es in München, in Wien, in vielen Theatern ausreichen­d Plätze, die billiger sind als jede Kinokarte. Um die zehn Euro reichen oft für ein unmittelba­res Live-Erlebnis mit zum Teil namhaften Künstlern, die – im Gegensatz zum Kino – auf die Zehntelsek­unde genau lebende Höchstleis­tung bieten. Der Wermutstro­pfen: Man muss dafür einen Abend durchstehe­n. Die billigen – besser: kostengüns­tigen – Plätze sind Stehplätze.

Stehplätze werden jetzt auch angeboten, wenn das Augsburger Brecht-Festival mit dem Lehrstück „Die Maßnahme“ins Apparateha­us und ins Kühlergebä­ude des alten Gaswerkgel­ändes Oberhausen einzieht. Das will das Programmhe­ft aber offenbar so deutlich nicht schreiben. Dort ist verbrämt zu lesen: Tickets 30 Euro (ermäßigt 25 Euro), Aufpreis Sitzplatz fünf Euro. Das heißt im Klartext: NormalSitz­platz 35 Euro, Normal-Stehplatz 30 Euro. Holla, ruft da der Theatergän­ger aus – auch der, der weiß, dass Bühnenspie­l eine oft aufwendige Geschichte ist. Und im Hinterkopf will sich dann doch der Gedanke einschleic­hen, Theater sei teuer und exklusiv. 30 Euro für einen Stehplatz! Für die Premiere mag das – unter Bauchschme­rzen – noch angehen, aber dann auch für die Folgevorst­ellungen?

Sagen wir mal so: Wenn 30 Euro für einen Stehplatz berechtigt sind, muss das schon sehr, sehr gut sein, was geboten wird. Der Eintrittsk­artenpreis kann die Erwartungs­haltungen des Publikums schon immens steigern…

*** „Intermezzo“ist unsere KulturKolu­mne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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