Koenigsbrunner Zeitung

WG für Studenten aus aller Welt

- VON MICHAEL ERMARK

Soziales Auf dem Königsbrun­ner Döbler-Hof leben verschiede­ne Kulturen unter einem Dach

Königsbrun­n Wie das Zusammenle­ben verschiede­ner Kulturen funktionie­ren kann, zeigt eine Wohngemein­schaft (WG) im Norden der Brunnensta­dt. Anita und Karlfried Döbler leben in einem geräumigen Haus. Dieses bietet genug Platz für einige Untermiete­r, und so verwandelt­e das Ehepaar den Döbler-Hof kurzerhand in die wohl internatio­nalste WG von ganz Königsbrun­n. Fünf Zimmer vermieten Anita und Karlfried Döbler an ausländisc­he Studenten. Über WG-Gesuche finden sich schnell Gäste für den begehrten Studentenw­ohnraum. So wohnen momentan Studenten aus Kroatien, Togo, Pakistan und der Republik China hier unter einem Dach. Bald werden auch neue Studenten aus Kamerun und Vietnam begrüßt.

Es fällt auf, dass Familie Döbler meistens keine deutschen Studenten beherbergt. „Deutsche Studenten“, erklärt Anita Döbler, „suchen meist Wohnungen in Augsburg. Von dort kommen sie schneller zur Universitä­t und natürlich ist dort auch mehr zum Feiern geboten.“Arham Saleem aus Pakistan stört die Entfernung nicht. Schließlic­h könne er schnell nach Haunstette­n radeln und mit der Straßenbah­n zur Universitä­t gelangen, erklärt er. Arham hat in Augsburg den Masterstud­iengang Materialwi­ssenschaft absolviert und lebt bereits seit vier Jahren auf dem Döbler-Hof. Fern von der Heimat zu studieren kann sehr interessan­t sein, bringt aber auch einige Tücken mit sich: „Anita und Karlfried sind für mich wie eine zweite Familie geworden“, sagt er, „aber natürlich vermisse ich auch meine Familie und Freunde in Pakistan.“Das Vermissen der Lieben in der Heimat scheint jedem Auslandsst­udenten auf der Welt nachzuhäng­en, aber für Arham bot Deutschlan­d auch noch andere Aufgaben, die gemeistert werden mussten. Auf die Frage unserer Zeitung, was für ihn das Verrücktes­te an der deutschen Kultur sei, lacht er und antwortet ohne lange zu überlegen: „Ihr habt drei verschiede­ne Mülltonnen vor Euren Häusern - wer soll sich denn da merken, was wo hinein gehört?“Abgesehen vom Mülltrenne­n ist die deutsche Kultur natürlich in zahlreiche­n anderen Bereichen – man denke nur an Feste, Esskultur oder Kleidung – gänzlich unterschie­dlich zu der pakistanis­chen. Auf dem Döbler-Hof wird deswegen besonders darauf ge- achtet, dass jede Kultur ihre Bräuche in den Alltag miteinflie­ßen lassen kann.

Da Arham muslimisch­en Glaubens ist, feiern alle Bewohner des Döbler-Hofs beispielsw­eise jährlich ein Ramadanfes­t. Dort werden dann traditione­lle pakistanis­che Speisen serviert. So kann man sich vielleicht ein bisschen besser in andere Bräuche einfühlen. Familie Döbler hält alle Feste, die auf dem Hof gefeiert werden mit ihrer Kamera fest.

Stolz präsentier­t Anita Döbler ihr Fotobuch. „Arhams Eltern haben mir eine traditione­lle pakistanis­che Bekleidung geschenkt“, sagt sie und zeigt auf ein Foto, auf dem sie in ein violettes Tuch gehüllt ist. „Oder hier: Unser Weinfest und unser Lichterfes­t, da haben wir auch immer viele Gäste“, erklärt sie stolz. Für dieses Jahr planen Alfred und Anita Döbler noch ein Starkbierf­est und ein großes Kulturfest, auf welchem jeder Student eine kleine Bude betreibt und die Besucher Getränke und Speisen aus den jeweiligen Heimatländ­ern der Studenten probieren können.

Arham hat inzwischen sein Studium erfolgreic­h abgeschlos­sen und in Deutschlan­d einen Arbeitspla­tz gefunden. Arbeit ist ein wichtiges Argument für Studenten, die nach Deutschlan­d kommen.

Juraj Smojver kommt aus Kroatien und studiert in Augsburg nun im ersten Semester Deutsch als Fremdsprac­he und Anglistik. Er erklärt, dass in Deutschlan­d die wirtschaft­liche Situation deutlich besser als in Kroatien sei. Zudem sei ein Studium in seiner Heimat viel teurer als in Deutschlan­d. Obwohl Juraj noch nicht so lange auf dem Döbler-Hof ist, fühle er sich schon wohl, denn Anita und Karlfried Döbler bemühen sich stark um einen familienäh­nlichen Bund auf ihrem Hof. Oft treffen sich alle Bewohner, um gemeinsam Kaffee und Kuchen zu genießen. Außerdem bietet die Familie ihren Studenten regelmäßig gemeinsame Reisen nach Österreich oder in die Schweiz an.

Probleme gibt es trotz der unterschie­dlichsten Kulturen und Religionen bei den Döblers so gut wie nie. Anita Döbler wirkte nachdenkli­ch als sie erklärte: „Es war nie ein Problem, dass zum Beispiel Muslime bei uns wohnten. Wenn wir Sekt trinken, trinken sie eben Saft – für uns ist das ganz normal, und es wäre schön, wenn es das für alle anderen in Deutschlan­d auch wäre.“

 ?? Foto: Michael Ermark ?? Arham Saleem (links vorne) und Juraj Smojver (links hinten) sind nur zwei der fünf internatio­nalen Gäste von Anita und Karlfried Döbler. Stolz präsentier­en die vier das Fotobuch, in dem alle Feste auf dem Döbler Hof verewigt sind.
Foto: Michael Ermark Arham Saleem (links vorne) und Juraj Smojver (links hinten) sind nur zwei der fünf internatio­nalen Gäste von Anita und Karlfried Döbler. Stolz präsentier­en die vier das Fotobuch, in dem alle Feste auf dem Döbler Hof verewigt sind.

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