WG für Studenten aus aller Welt
Soziales Auf dem Königsbrunner Döbler-Hof leben verschiedene Kulturen unter einem Dach
Königsbrunn Wie das Zusammenleben verschiedener Kulturen funktionieren kann, zeigt eine Wohngemeinschaft (WG) im Norden der Brunnenstadt. Anita und Karlfried Döbler leben in einem geräumigen Haus. Dieses bietet genug Platz für einige Untermieter, und so verwandelte das Ehepaar den Döbler-Hof kurzerhand in die wohl internationalste WG von ganz Königsbrunn. Fünf Zimmer vermieten Anita und Karlfried Döbler an ausländische Studenten. Über WG-Gesuche finden sich schnell Gäste für den begehrten Studentenwohnraum. So wohnen momentan Studenten aus Kroatien, Togo, Pakistan und der Republik China hier unter einem Dach. Bald werden auch neue Studenten aus Kamerun und Vietnam begrüßt.
Es fällt auf, dass Familie Döbler meistens keine deutschen Studenten beherbergt. „Deutsche Studenten“, erklärt Anita Döbler, „suchen meist Wohnungen in Augsburg. Von dort kommen sie schneller zur Universität und natürlich ist dort auch mehr zum Feiern geboten.“Arham Saleem aus Pakistan stört die Entfernung nicht. Schließlich könne er schnell nach Haunstetten radeln und mit der Straßenbahn zur Universität gelangen, erklärt er. Arham hat in Augsburg den Masterstudiengang Materialwissenschaft absolviert und lebt bereits seit vier Jahren auf dem Döbler-Hof. Fern von der Heimat zu studieren kann sehr interessant sein, bringt aber auch einige Tücken mit sich: „Anita und Karlfried sind für mich wie eine zweite Familie geworden“, sagt er, „aber natürlich vermisse ich auch meine Familie und Freunde in Pakistan.“Das Vermissen der Lieben in der Heimat scheint jedem Auslandsstudenten auf der Welt nachzuhängen, aber für Arham bot Deutschland auch noch andere Aufgaben, die gemeistert werden mussten. Auf die Frage unserer Zeitung, was für ihn das Verrückteste an der deutschen Kultur sei, lacht er und antwortet ohne lange zu überlegen: „Ihr habt drei verschiedene Mülltonnen vor Euren Häusern - wer soll sich denn da merken, was wo hinein gehört?“Abgesehen vom Mülltrennen ist die deutsche Kultur natürlich in zahlreichen anderen Bereichen – man denke nur an Feste, Esskultur oder Kleidung – gänzlich unterschiedlich zu der pakistanischen. Auf dem Döbler-Hof wird deswegen besonders darauf ge- achtet, dass jede Kultur ihre Bräuche in den Alltag miteinfließen lassen kann.
Da Arham muslimischen Glaubens ist, feiern alle Bewohner des Döbler-Hofs beispielsweise jährlich ein Ramadanfest. Dort werden dann traditionelle pakistanische Speisen serviert. So kann man sich vielleicht ein bisschen besser in andere Bräuche einfühlen. Familie Döbler hält alle Feste, die auf dem Hof gefeiert werden mit ihrer Kamera fest.
Stolz präsentiert Anita Döbler ihr Fotobuch. „Arhams Eltern haben mir eine traditionelle pakistanische Bekleidung geschenkt“, sagt sie und zeigt auf ein Foto, auf dem sie in ein violettes Tuch gehüllt ist. „Oder hier: Unser Weinfest und unser Lichterfest, da haben wir auch immer viele Gäste“, erklärt sie stolz. Für dieses Jahr planen Alfred und Anita Döbler noch ein Starkbierfest und ein großes Kulturfest, auf welchem jeder Student eine kleine Bude betreibt und die Besucher Getränke und Speisen aus den jeweiligen Heimatländern der Studenten probieren können.
Arham hat inzwischen sein Studium erfolgreich abgeschlossen und in Deutschland einen Arbeitsplatz gefunden. Arbeit ist ein wichtiges Argument für Studenten, die nach Deutschland kommen.
Juraj Smojver kommt aus Kroatien und studiert in Augsburg nun im ersten Semester Deutsch als Fremdsprache und Anglistik. Er erklärt, dass in Deutschland die wirtschaftliche Situation deutlich besser als in Kroatien sei. Zudem sei ein Studium in seiner Heimat viel teurer als in Deutschland. Obwohl Juraj noch nicht so lange auf dem Döbler-Hof ist, fühle er sich schon wohl, denn Anita und Karlfried Döbler bemühen sich stark um einen familienähnlichen Bund auf ihrem Hof. Oft treffen sich alle Bewohner, um gemeinsam Kaffee und Kuchen zu genießen. Außerdem bietet die Familie ihren Studenten regelmäßig gemeinsame Reisen nach Österreich oder in die Schweiz an.
Probleme gibt es trotz der unterschiedlichsten Kulturen und Religionen bei den Döblers so gut wie nie. Anita Döbler wirkte nachdenklich als sie erklärte: „Es war nie ein Problem, dass zum Beispiel Muslime bei uns wohnten. Wenn wir Sekt trinken, trinken sie eben Saft – für uns ist das ganz normal, und es wäre schön, wenn es das für alle anderen in Deutschland auch wäre.“