Wenn Fußballspieler in Hungerstreik treten
Martin Grelics aus Rott trainierte einen Erstligisten in Tansania. Nicht nur auf dem Platz hat er viel erlebt
Landsberg Eigentlich wollte Martin Grelics ein Jahr in Tansania bleiben – nach 13 Wochen warf er aber das Handtuch. Der Fußballtrainer mit A-Lizenz hatte dort einen Erstligisten übernommen und wollte in Sachen Fußball Entwicklungshilfe leisten. 13 Wochen hat er gekämpft, und zwar an allen Fronten, nicht nur auf dem Platz, doch dann war es Zeit, wieder die Heimreise anzutreten. Bereut hat Martin Grelics, der aus Rott kommt, sein Abenteuer nicht – im Gegenteil. Nachzulesen sind seine Abenteuer in seinem Buch „Toto Oye!“– „für mich war das auch eine Möglichkeit, das Erlebte zu verarbeiten“, erzählt Grelics.
Im Internet hatte er die Anzeige einer Hilfsorganisation gelesen, die einen A-Lizenz-Trainer für einen Erstligisten in Tansania suchte. Grelics bewarb sich, und nur wenige Wochen später ging es für ihn auf nach Tansania. „Mir war schon klar, dass die Strukturen dort nicht mit denen bei uns vergleichbar sind“, erzählt er, doch das war dann noch freundlich untertrieben.
Rund 40 Fußballer meldeten sich zum ersten Testtraining, aus denen musste Grelics zusammen mit seinem Co-Trainer, der ebenfalls aus Deutschland kam, 25 Spieler auswählen. „Dann wollte noch der Vereinsvorstand zwei, drei Spieler in den Kader drücken, aber da haben wir uns gewehrt“, sagt er mit einem Schmunzeln. Vom Niveau her würde er die Spieler durchaus in der dritten oder vierten Liga in Deutschland ansiedeln. „Technisch und körperlich sind sie überragend, aber taktisch sind sie deutlich schlechter“, lautet seine Einschätzung. Das liege vor allem daran, dass es kaum Nachwuchsteams gebe und „man immer noch lieber auf ältere Spieler aus dem Ausland setzt, als auf die eigenen jungen“.
Ausgesprochen gewöhnungsbe- dürftig waren auch die Rahmenbedingungen. „Die Spieler wohnen in Camps in Vierbettzimmern und werden vom Vereinskoch verpflegt.“Auch er teilte sich mit seinem Co-Trainer und einem weiteren Betreuer ein Zimmer: „Drei Männer auf zehn Quadratmeter – es gibt Schöneres“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Das Geld, das er verdiente – 300 Euro – reichte gerade für die Miete und das Essen. Da musste sich Grelics auch erst mal umstellen. „Man kann nicht einfach den Wasserhahn aufmachen und sich die Zähne putzen“, beschreibt die hygienischen Zustände. „Einmal habe ich unterwegs eine Cola getrunken, da waren Eiswürfel drin. Erst hinterher ist mir eingefallen, dass das nicht so geschickt war.“Spurlos war die Unvorsichtigkeit nicht an ihm vorübergegangen und „das merkt man sich dann“.
Gleiches gelte auch für das Essen, so kam es „dass wir meist zu Hause selbst gekocht haben“. Vor allem Gemüse, denn „wenn man daran denkt, wie dort das Fleisch gelagert wird, und das bei 30 Grad, dann wird man Vegetarier.“Damit kam Grelics aber genauso zurecht, wie mit den Mücken: „Der Viktoriasee ist nicht weit, und das merkt man natürlich.“Ausgerechnet ein Mückenstich brachte ihm auch die einzig gefährliche Situation ein: „Ich bekam Fieber, und im Krankenhaus vermutete man, dass ich Malaria haben könnte.“Zum Glück hatte sich bei einer Nachuntersuchung wieder in Deutschland herausgestellt, dass dies ein Irrtum war. „Die Mücken hier spüre ich gar nicht mehr“, sagt Grelics und lacht.
So unterhaltsam seine Geschichte auch ist – eigentlich ging es ja darum, ein Fußballteam auf Vorderer mann zu bringen, doch da gab Grelics auf. „Wir haben anfangs zweimal am Tag trainiert“, erzählt er. Schon bald jedoch bekamen die Spieler kein Geld mehr und streikten. „Sie gingen sogar in Hungerstreik. Wenn sie vom Verein kein Geld erhalten, wollten sie auch das Essen nicht mehr nehmen.“Unter diesen Umständen war an Training nicht zu denken. Auch konnte es passieren, dass der Verein einfach eine Art „Promotion-Tour“unternahm – ohne Absprache mit dem Trainer.
In dieser Zeit nahm sich Grelics eine Auszeit, besuchte die Serengeti und „konnte da auch wieder ein bisschen ausspannen“. Denn ansonsten waren Vergnügungen eher selten. „Es ist in Tansania nicht gefährlich, aber es gibt natürlich eine gewisseKr im inalitäts rate. Abends einfach weggehen und noch was trinken war nicht drin. Man hat uns geraten, abends nur in Gruppen noch auf die Straße zu gehen.“Das Feierabendbier und seine Familie natürlich vermisste Grelics am meisten in diesen Wochen. Trotzdem: „Ich würde schon gerne mal wieder eine Trainerstelle im Ausland annehmen“, sagt der Sportlehrer und Mitinhaber einer Fußballschule. Momentan baut er diese zusammen mit Salvatore Scolaro, dem früheren Torjäger des TSV Rott, auf. Der A-Klassist hat die Fußballschule auch als Trainer „gebucht“, und so hielt auch Martin Grelics mit. „Im Hintergrund helfe ich bei der Trainingsplanung mit“, betont er. Ein Fußballcamp haben die beiden vergangenen Sommer auch bereits organisiert und ein Benefiz-Fußballspiel in Kooperation mit der Sports Ch arityMwanza, einer gemeinnützigen deutsch-t ans a nischen Sport entwicklungshilfe organisation, organisiert. In dieser Richtung will sich Grelics weiter engagieren und „vielleicht bietet sich ja wieder eine Möglichkeit als Trainer im Ausland“. Er ist einem weiteren Abenteuer nicht abgeneigt.
IDas Buch „Toto Oye!“ist im Buch handel erhältlich oder kann im In ternet bestellt werden (11,50 Euro) unter www.alpenkick.de