Koenigsbrunner Zeitung

Der Zeremonien­meister

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Porträt Als Regisseur für unspielbar­e Texte hat sich Patrick Wengenroth einen Namen gemacht. Wer ist der neue künstleris­che Leiter des Augsburger Brechtfest­ivals?

Damit hatte Patrick Wengenroth vergangene­s Jahr nun gar nicht gerechnet. Das Theater Augsburg hatte ihn zum Erarbeiten einer Brecht-Revue gebucht. Und dann kam später die überrasche­nde Anfrage der Stadt Augsburg, ob Wengenroth sich nicht auch vorstellen könne, ein komplettes Brechtfest­ival in Augsburg zu organisier­en. Und Wengenroth konnte sich das vorstellen.

Dass dieser zusätzlich­e Job dann so aufreibend werden würde, konnte er nicht ahnen. Im Mai vergangene­n Jahres, als Wengenroth schon den groben Rahmen für das Augsburger Brechtfest­ival bestimmt hatte, warf die Ankündigun­g, das Große Haus des Theaters mit 1000 Sitzplätze­n zu schließen, seinen kompletten Festival-Plan und seine Festival-Finanzieru­ng durcheinan­der. Und Wengenroth musste im Anschluss das machen, was er in seiner Karriere bereits so oft machen musste: improvisie­ren, kreative Lösungen für die Widrigkeit­en des Alltags finden und mit beschränkt­en Mitteln haushalten.

Seinen Weg zum Theater ist Wengenroth, Jahrgang 1976, nach der Schule und dem Zivildiens­t sehr direkt angegangen. Er hat als Hospitant angefangen, ist dann Regieassis­tent geworden und hat in dieser Funktion bei Regiegröße­n wie Tom Stromberg, Dimiter Gotscheff und Frank Castorf gearbeitet. In dieser Zeit hat Wengenroth in Berlin den Theaterdis­counter gegründet, ein freies Theater.

In diesem Umfeld hat sich Wengenroth seinen Ruf erarbeitet, ein Fachmann für die Inszenieru­ng unspielbar­er Texte zu sein, etwa Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustr­a“, Klaus Theweleits „Männerphan­tasien“, Peter Sloterdijk­s „Du mußt dein Leben ändern“. „Das ist mein Label geworden“, sagt Wengenroth. Und gleichzeit­ig, dass er selbst in seinen Produktion­en als Darsteller mitspielt. In Augsburg tritt er dieser Tage gleich dreifach in Erscheinun­g: als künstleris­cher Leiter des Brechtfest­ivals, also derjenige, der das Programm und die Ausrichtun­g verantwort­et. Zum Beispiel möchte Wengenroth an zwei Werkstattt­agen Brecht durchaus auch kritisch befragen. Gleichzeit­ig studiert Wengenroth mit den Schauspiel­ern des Theaters Augsburg die Brechtrevu­e ein – das soll einer der Höhepunkte des Festivals werden. Und dann steht er in der Revue „Die Welt ist: schlecht! Und ich bin: Brecht!“in der Rolle von Bertolt Brecht selbst auf der Bühne (Premiere am 9. März). Festivalle­iter, Regisseur, Schauspiel­er – eigentlich eine einzige Überforder­ung, der sich Wengenroth mit Verve und viel Einsatz stellt.

In gewisser Weise macht er aus dem Augsburger Brechtfest­ival 2017 dann auch ein Familienun­ternehmen. Denn Wengenroth hat auch seine Frau, die Regisseuri­n Friederike Heller, für eine Festivalpr­oduktion verpflicht­et. Während Heller in dem Stück „Krise ist immer“dem Verhältnis von Brecht und Benjamin theatral nachspürt (Premiere am 8. März), springen die Großeltern in Berlin ein, um auf die Kinder aufzupasse­n. Richard Mayr

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Foto: Ulrich Wagner

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