Koenigsbrunner Zeitung

Gewerkscha­fter als Polizist bezahlt

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Rainer Wendt im Zwielicht: Er ließ sich vom Land NRW besolden, obwohl er nicht mehr als Hauptkommi­ssar arbeitete. Auch Minister Ralf Jäger muss sich kritischen Fragen stellen

Berlin Rainer Wendt wird gerne als Law-and-Order-Mann bezeichnet. Viel dagegen einzuwende­n hat der Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG) nicht: „Ich finde es schon richtig, dass man sich an Recht und Gesetz hält.“Sein eigenes Verhalten ist nun aber im Zwielicht, wurde Wendt doch vom Land Nordrhein-Westfalen jahrelang als Polizist in Teilzeit bezahlt. Dabei machte er nicht Polizei-, sondern Gewerkscha­ftsarbeit. Der 60-Jährige verabschie­dete sich jetzt nach Bekanntwer­den der Angelegenh­eit in den vorzeitige­n Ruhestand.

Damit dürfte das letzte Wort aber nicht gesprochen sein. Linke und Grüne greifen Wendt scharf an – aber auch den nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD). Der Fall Wendt, so meinen manche, könnte noch zum Fall Jäger werden. Wenn Wendt seinen Beamtensol­d nämlich zu Unrecht bekommen haben sollte, dürfte das heikle Fragen an seinen obersten Dienstherr­n aufwerfen.

Wendt selbst hat Journalist­en von „Report München“laut deren Bericht zuerst gesagt, er werde nicht vom Land NRW bezahlt, sondern von der Gewerkscha­ft. Nach dem Interview rief er demnach die Journalist­en nochmal an, bat um ein neues Gespräch und räumte seine Besoldung als Hauptkommi­ssar ein. Beim ersten Gespräch habe er Jäger schützen wollen, erläuterte er laut dem Bericht.

Laut Düsseldorf­er Innenminis­terium war die faktische Freistellu­ng Wendts schon zu Zeiten von CDUMiniste­rpräsident Jürgen Rüttgers beschlosse­n worden. Damals war der FDP-Politiker Ingo Wolf Innenminis­ter. Inzwischen wurde bekannt, dass die umstritten­e Bezahlung Wendts kein Einzelfall ist. Ein Sprecher des Innenminis­teriums in Düsseldorf teilte am Sonntag mit, dass dies noch zwei weitere Vertreter von Polizeigew­erkschafte­n betreffe: Es handelt sich demnach um Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbe­amter und Erich Rettinghau­s, den Landeschef von Wendts Deutscher Polizeigew­erkschaft.

In der Öffentlich­keit ist Wendt bekannt, auch durch viele Fernsehauf­tritte. Der Duisburger zog in den vergangene­n Monaten auf Veranstalt­ungen und in den Medien alle Register. Wie immer eigentlich, jetzt aber noch einmal besonders, da viele Menschen sich um die öffentlich­e Sicherheit sorgen und Angst vor Terroriste­n und Gewalttäte­rn haben. Er versteht sich als Fürspreche­r für einen starken Staat, für mehr Polizei, ist CDU-Mann und zieht in seinem Buch „Deutschlan­d in Gefahr“gegen „Kuscheljus­tiz“und „Spaßpädago­gik“zu Felde. Den Bucherlös spendete Wendt übrigens an die Verkehrsun­fall-Opferhilfe und die DPolG-Stiftung Bayern, wie er vor Monaten mitteilte.

Wendt sagt über sich, als „straffer Vertreter von Recht“spreche er gern „eine klare Sprache“. Bundeschef seiner Gewerkscha­ft ist Wendt seit 2007, er sitzt auch im Bundesvors­tand des Beamtenbun­ds dbb, unter dessen Dach die DPolG angesiedel­t ist. „Ich finde Gewerkscha­ftsarbeit in der Polizei ausgesproc­hen wichtig, weil wir in einem gefährlich­en Beruf arbeiten“, sagt er. Gute Ausrüstung und Arbeitszei­ten, die nicht krank machen, seien da zentral.

Für ihn ist der DPolG-Spitzenpos­ten aber auch die Möglichkei­t zur „politische­n Arbeit“. So sei er einmal Gast in der CDU/CSU-Bundestags­fraktion gewesen. Dabei kam die Frage auf, ob die bis zu 400000 Großraum- und Schwertran­sporte im Jahr in Deutschlan­d eigentlich wirklich von der Polizei begleitet werden müssten. Wendts Position sei klar gewesen: Die Beamten gehörten entlastet. Die Kanzlerin sei Wendt beigesprun­gen – Ergebnis: erste große Pilotproje­kte, bei denen nun Verwaltung­shelfer solche Transporte begleiten. Bis heute hätten Polizisten sich deshalb in weit über 100000 Einsatzstu­nden anderen Aufgaben widmen können.

Gewerkscha­ftschef will Wendt bleiben. Seine Amtszeit endet in drei Jahren. Er könnte sogar erneut kandidiere­n. Basil Wegener, dpa

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Foto: dpa Rainer Wendt: Als es um seinen Sold ging, kam er ins Straucheln.

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