Koenigsbrunner Zeitung

Noch Luft nach oben

Unternehme­n Jochen Schweizer ist mit dem Verkauf von Gutscheine­n reich geworden. Jetzt hat er im Süden von München sein bisher größtes Projekt verwirklic­ht: eine Erlebnis-Arena. Ein Besuch zur Eröffnung

- VON ANIKA ZIDAR

Taufkirche­n Alles ist vorbereite­t. 89 Mitarbeite­r warten im Inneren der Arena auf die ersten Besucher. Zwölf Meter vor der Eingangstü­r sind Barrieren aufgebaut, damit sich die Gäste geordnet in zwei Schlangen anstellen können. Als Jochen Schweizer um Viertel vor neun Uhr auf dem frisch geteerten VIP-Parkplatz vor der Surfhalle einrollt, ist es allerdings noch ziemlich leer. Knapp ein Dutzend junger Männer und Frauen steht vor dem Eingang.

Der Unternehme­r eröffnet an diesem Morgen seine „Jochen Schweizer Arena“in Taufkirche­n bei München. Es ist ein Projekt, das man gut und gerne als spektakulä­r bezeichnen kann: eine riesige Halle, die aus der Luft aussieht wie ein Propeller, 15 000 Quadratmet­er, 365 Tage im Jahr offen. „Unvergessl­iche Erlebnisse“verspricht Schweizer den Besuchern. Drinnen können die Gäste auf einer stehenden Welle surfen oder sich in einem Windkanal in die Luft pusten lasten, „Bodyflying“nennen Kenner das. Draußen entsteht unter anderem ein Hochseilga­rten. Sein „Paradies für Erlebnishu­ngrige“hat sich der Unternehme­r einiges kosten lassen: Einen hohen achtstelli­gen Betrag hat Schweizer nach eigenen Angaben in das Projekt investiert.

Am Morgen der Eröffnung steigt der kahlköpfig­e Unternehme­r aus seinem BMW X4, nestelt an seiner Sonnenbril­le und knipst das Lächeln an, das man aus unzähligen Talkshows kennt. „Ich freue mich sehr, dass meine ersten Gäste schon da sind!“, ruft er den Wartenden zu. „Kommt ihr zum Surfen oder zum Fliegen?“Verlegen schauen sich vier schwarz gekleidete Männer an, einer grinst und antwortet schließlic­h: „Wir sind zum Arbeiten hier. Wir sind deine Security.“Auch die fünf jungen Leute auf der anderen Seite sind zum Arbeiten vor Ort, sie sind allesamt Medienvert­reter.

Mit einer vierköpfig­en Familie, den ersten Besuchern überhaupt, treten sie nach einem Countdown um Punkt neun Uhr in die Erlebnis- halle – unter dem Applaus mindestens doppelt so vieler JochenSchw­eizer-Mitarbeite­r. Erst als es gegen zehn Uhr an der Surfanlage und im Windkanal losgeht, sehen immerhin knapp 50 Besucher zu.

In einer Ecke trinkt Jochen Schweizer Cappuccino und beobachtet, wie sich Besucher im Windkanal in die Höhe schießen lassen. Man sieht dem Unternehme­r an, wie es in seinem Kopf arbeitet, wie er bereits über Verbesseru­ngen nachdenkt. „Für die Kinder beim Bodyflying brauchen wir rote und blaue Anzüge. Nicht schwarze, wie für die Erwachsene­n, das ist für die Atmosphäre besser“, sagt er zu seinen Mitarbeite­rn. Auch mit der Stimmung an der Surfanlage war er am Anfang nicht ganz zufrieden. „Ich bin da vorhin reingegang­en und dachte: Die Musik geht gar nicht! Dann habe ich lieber meinen iPod angesteckt. Jetzt passt es viel besser.“

Es ist diese Geradlinig­keit, die seine Fans an dem Unternehme­r schätzen. In der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“war Schweizer der Publikumsl­iebling. Der Münchner kann knallhart verhandeln, ist aber auch extrem begeisteru­ngsfähig. Das merkt man auch bei seinem neuesten Projekt. „Wir haben den besten Windtunnel der Welt“, sagt Schweizer dann etwa. „Seit fünf Jahren arbeiten wir an unseren Ideen und haben immer gesagt: Wir wollen das Beste oder gar nichts!“

Sein Geld hat der Familienva­ter als Anbieter von sogenannte­n Erlebnisgu­tscheinen gemacht. Kunden können bei Schweizers Firma Gutscheine für ein Candle-Light-Dinner, einen Fallschirm­sprung oder eine Baggerfahr­t kaufen. 2015 hat seine Firma einen Umsatz von 85 Millionen Euro gemacht, 550 Mitarbeite­r arbeiten für den ehemaligen Stuntman.

Zwei Frauen kommen jetzt direkt aus dem Windkanal auf Schweizer zu. In ihren Gesichtern sieht man noch die Abdrücke der Schutzbril­len, sie lachen. Schweizer lässt sich mit ihnen fotografie­ren. Und sagt dann einen dieser typischen Schweizer-Sätze: „Wenn ich dieses Lächeln in den Gesichtern sehe, merke ich einfach, was ich den Leuten hier bieten kann.“

Die beiden Frauen waren vier Minuten im Windkanal, 89,90 Euro hat jede von ihnen dafür bezahlt. Hätten sie nur zwei Minuten gebucht, hätten sie 40 Euro weniger ausgegeben. Aber das ist den Besucherin­nen gerade egal, sie scheinen völlig überwältig­t von ihrem Flug. Generell gilt: Die Erlebnisse, die Jochen Schweizer in Taufkirche­n anbietet, sind nicht billig. Das günstigste Angebot ist für 34,90 Euro zu haben: 45 Minuten lang auf der stehenden Welle surfen. Wer mit der fünfköpfig­en Familie für zwei Minuten in den Windkanal geht, muss aber auch schon mal knapp 200 Euro lockermach­en.

Bisher sind nur der Bodyflying­Windkanal und die Surfwelle in Betrieb. An allen anderen Attraktion­en wird noch gewerkelt. Wo sie ab Mai 2017 klettern, springen und sich von Bäumen abseilen sollen, können Besucher bisher nur anhand von PRMaterial erahnen. Denn außerhalb der Halle ist noch Baustelle.

Das ist auch Maik und Petra aus der Nähe von Frankfurt aufgefalle­n. Eigentlich seien sie extra früh angereist, um sich in der Arena noch umschauen

Außerhalb der Halle ist noch Baustelle

zu können, erzählt die 24-Jährige: „Aber effektiv ist es noch gar nicht so groß, wir waren ziemlich schnell durch und müssen jetzt noch eineinhalb Stunden auf unseren Flug warten.“

Katharina Ortner und Christian Deisler sind aus Gundelfing­en und Günzburg nach Taufkirche­n gereist. Dem 39-jährigen Fitnesstra­iner gefällt der Bodyflying-Windkanal gut. Er könne als Fallschirm­springer dort gut trainieren. „Ich muss nicht erst 20 Minuten mit dem Flugzeug in die Luft, habe mehr Zeit und kann im gesicherte­n Raum viel mehr ausprobier­en.“

Auch am frühen Nachmittag ist von einem Besucheran­sturm noch nichts zu spüren. Vielleicht hat das frühlingsh­afte Wetter dann doch mehr Besucher angezogen als karibische Wassertemp­eraturen oder Freiflug-Experiment­e in der Halle. Christian Deisler aus Gundelfing­en verbindet an diesem Tag beides: Nach seinem Besuch in der JochenSchw­eizer-Arena will er wieder einmal den Sprung wagen.

 ?? Foto: Felix Hörhager ?? Durch den Wind: Jochen Schweizer probiert am Eröffnungs­tag seiner Erlebnis Arena das Bodyflying aus. Der Unternehme­r hat einen hohen achtstelli­gen Betrag in das Projekt investiert.
Foto: Felix Hörhager Durch den Wind: Jochen Schweizer probiert am Eröffnungs­tag seiner Erlebnis Arena das Bodyflying aus. Der Unternehme­r hat einen hohen achtstelli­gen Betrag in das Projekt investiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany