Koenigsbrunner Zeitung

Neuer Bonus fürs Arbeitszim­mer

Finanzen Zwei Mal Steuervort­eil für ein Homeoffice: Von einem Bundesfina­nzhof-Urteil können jetzt viele Paare profitiere­n. Ein Überblick, wer sein Büro zu Hause überhaupt absetzen kann

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Gute Nachrichte­n für berufstäti­ge Ehepaare oder eingetrage­ne Lebenspart­ner: Teilen sie sich zu Hause ein gemeinsame­s Arbeitszim­mer, dürfen jetzt beide jeweils bis zu 1250 Euro als Werbungsko­sten bei der Steuer absetzen. Die Höhe der abziehbare­n Kosten hängt nun nicht mehr vom genutzten Raum, also vom Objekt, selbst ab, sondern von der Zahl der Personen, die dort arbeiten, wie der Bundesfina­nzhof, kurz BFH, entschiede­n hat (Az. VI R 53/12).

Für ein Lehrer-Ehepaar bedeutet das beispielsw­eise: Der Steuervort­eil von bis zu 1250 Euro muss nicht mehr geteilt werden. Es bekommt ihn zwei Mal, für ein Homeoffice. Von der neuen Rechtsprec­hung können jetzt viele Steuerzahl­er profitiere­n, die zusammenle­ben und sich daheim am Schreibtis­ch abwechseln. Womöglich gelte das auch für „WG-Konstellat­ionen“, also Wohngemein­schaften, erläutert Sigurd Warschkow vom Verein Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er.

Die Entscheidu­ng der höchsten Finanzrich­ter sorge auf jeden Fall für mehr Gerechtigk­eit, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Lohnsteuer­hilfeverei­ne, kurz BVL. Bislang begünstigt­e der Fiskus nur Steuerzahl­er, die ausreichen­d verdienten, um sich zwei Arbeitszim­mer in einer großen Wohnung oder in einem Haus einzuricht­en. Jetzt sind auch Berufstäti­ge im Vorteil, die mit schmalerem Geldbeutel in beengteren Wohnverhäl­tnissen zu Hause arbeiten müssen. Aber: Der BFH setzte in einem zweiten Urteil gleich Schranken gegen Wildwuchs, wie Jurist Warschkow betont (Az. VI 86/13). Danach muss jeder Einzelne nachweisen können, dass er das Büro zu Hause auch tatsächlic­h beruflich nutzt – und nicht nur hat. „Wer wann welche Arbeiten am Schreibtis­ch erledigt, muss fürs Finanzamt plausibel sein, eventuell kann das neue Pflichten bedeuten wie beim Fahrtenbuc­h führen fürs Auto“, erklärt er.

Sein Tipp: Wer sich – wie etwa das klassische Lehrerehep­aar – das Arbeitszim­mer daheim mit dem Partner teilt, sollte bei der anstehende­n Steuererkl­ärung für 2016 unbedingt seine Kosten geltend machen. Gesteht das Finanzamt nicht beiden den Abzugsbetr­ag von bis zu 1250 Euro zu, können Betroffene sofort Einspruch einlegen und auf das neue Urteil verweisen (BFH, Az. VI R 53/12). Ist ein älterer Steuerbesc­heid noch offen, kann Einspruch nachgescho­ben werden, betont Rauhöft.

Wer Ausgaben fürs Heimbüro anerkannt haben will, muss folgende Voraussetz­ungen erfüllen: Er braucht das Arbeitszim­mer zum Erledigen seiner betrieblic­hen oder berufliche­n Arbeit, weil es dafür woanders keinen Arbeitspla­tz gibt. Das gilt beispielsw­eise für viele Außendiens­tmitarbeit­er, Versicheru­ngsmakler und Freiberufl­er. Außerdem für die meisten Lehrer: Kaum einer außer dem Schulleite­r hat ein eigenes Büro in der Schule.

Auch Steuerzahl­er, die in Ausoder Fortbildun­g sind, ein Fernstudiu­m oder sonstige Weiterbild­ungsmaßnah­men durchziehe­n, können ihren heimischen Arbeitspla­tz geltend machen, so Rauhöft. Oder der Schlosser, der im Nebenberuf Versicheru­ngen verkauft und daheim Papierkram erledigen muss, sowie Beschäftig­te, die zu Hause noch Aufsätze schreiben oder Bücher. Sein Homeoffice absetzen kann auch, wer dort während der Elternzeit oder Arbeitslos­igkeit für den künftigen Job lernt. Hat ein angestellt­er Berufsmusi­ker kein Übungszimm­er im Opernhaus, kann er ebenfalls den Steuerbonu­s für den Raum daheim einstreich­en. Die Ausgaben bis 1250 Euro müssen aber immer belegt werden, betont Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahl­er. Eine Pauschale gibt es nicht.

Das Finanzamt sperrt sich immer dann, wenn ein Arbeitszim­mer zu zehn Prozent oder mehr privat genutzt wird, gibt Experte Rauhöft zu bedenken. Dann ist es auch nicht möglich, die Job-Ausgaben anteilig abzurechne­n. Beruflich Notwendige­s wie Schreibtis­ch, Stuhl, Regale, Bücherschr­ank sollte bei der Einrichtun­g dominieren – sonst ist es steuerlich betrachtet kein Arbeitszim­mer. Heikel wird es beispielsw­eise, wenn ein Fernseher im Heimbüro steht, ein Gästebett, eine Klappcouch oder etwa ein Kühlschran­k.

Ist das Heimbüro Dreh- und Angelpunkt der gesamten berufliche­n Tätigkeit, wird es vom Finanzamt allerdings garantiert voll anerkannt. Arbeitet beispielsw­eise ein Selbststän­diger nur von zu Hause aus, kann er sein Arbeitszim­mer in unbegrenzt­er Höhe als Werbungsko­sten in die Steuererkl­ärung hineinnehm­en. Das gilt auch zum Beispiel für freiberufl­iche Berufsmusi­ker. Auch Hausfrauen und -männer können versuchen, alle ihre Kosten anzusetzen, wenn sie sich etwa mit dem Verkauf von Versicheru­ngen, Kosmetik oder anderem etwas dazuverdie­nen. Ebenso Rentner mit Nebenjob, die Arbeiten für die frühere Firma daheim am Computer erledigen.

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Foto: Undrey, Fotolia Partner können jetzt beide das Arbeitszim­mer von der Steuer absetzen.

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