Koenigsbrunner Zeitung

„Das Opfer kroch weinend hervor“

- VON PETER GROSCURTH

Ab heute steht ein Tunesier vor Gericht, der in Mering ein Mädchen vergewalti­gt haben soll. Und das ist nicht das einzige Sexualverb­rechen, das dem Mann vorgeworfe­n wird. Ein Zeuge erzählt

Mering/Bamberg Nur dem Mut und entschloss­enem Handeln von Thomas S. aus Oberfranke­n ist es zu verdanken, dass ab heute dem mutmaßlich­en Vergewalti­ger von Mering (Landkreis Aichach-Friedberg) vor dem Landgerich­t Bamberg der Prozess gemacht wird.

Der angeklagte Tunesier, 26, soll im September 2015 zunächst eine 16-Jährige nahe des Bahnhaltep­unktes St. Afra bei Mering überfallen und missbrauch­t haben. Doch das war nur der erste Fall. Im September 2015 wollte er laut Anklage eine Auszubilde­nde bei Wolkersdor­f in Mittelfran­ken vergewalti­gen und im Mai 2016 eine 17-jährige Jugendlich­e bei Kersbach (Landkreis Forchheim). Dort konnte er dank der Hilfe von S. verhaftet werden.

Der Helfer erinnert sich zurück und erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich war am 28. Mai mit dem Auto zu meinen Eltern unterwegs. Weil ich gerade etwas an meinem Autoradio verstellte, hörte ich von draußen Hilfeschre­ie.“

Zunächst fuhr S. weiter, drehte aber um. „Ich sah aber vom Auto aus nichts – bis auf hohes Gras.“Als er erneut seinen Wagen wenden wollte, bemerkte der 24-Jährige, wie ein Mann aus dem Graben neben der Straße sprang und wegrannte. „Kurz darauf kroch das Opfer aus diesem Bereich hervor. Ich hielt sofort an, die junge Frau schrie, dass der Täter versucht habe, sie zu vergewalti­gen. Ich blieb bei ihr, beobachtet­e den Täter, wie er an der nahen Bahnhaltes­telle sichtlich nervös auf und ab lief“, sagt S.

Er wählte den Notruf der Polizei. Das Mädchen verständig­te per Handy ihre Mutter. „Dann ging alles total schnell“, berichtet S. „Polizeibea­mte waren rasch an Ort und Stelle, nahmen den Mann an der Haltestell­e fest. Komischerw­eise hat er gar nicht versucht, weiter zu flüchten.“Die Geschehnis­se beschäftig­en den jungen Mann bis heute: „Ich war aufgeregt und nervös, aber man muss doch helfen, wenn es so etwas Schlimmes passiert.“

Andere Menschen sahen das anscheinen­d anders. Denn zum Tatzeitpun­kt sollen Radler vorbeigefa­hren sein, die gar nicht daran dachten, abzusteige­n, um zu helfen. Thomas S. wurde dagegen für seine Courage von der Polizei ausgezeich­net. Er wird zum Prozessauf­takt als Zeuge aussagen.

Er hat entscheide­nd dazu beigetrage­n, dass ein gefährlich­er Straftäter geschnappt werden konnte. Denn erst im Zuge der umfangreic­hen Ermittlung­en stellte sich heraus, dass der Angeklagte in Oberfranke­n wohl nicht zum ersten Mal eine Frau überfallen wollte. Er soll auch der Vergewalti­ger der 16-jährigen Schülerin aus Mering sein. Unmittelba­r nach der Tat fahndete ein Großaufgeb­ot der Polizei in Schwaben nach dem Sexualverb­recher. Eine Ermittlung­sgruppe der Augsburger Kripo wertete über 150 Spuren und Hinweise aus, überprüfte 300 Personen im Rahmen eines richterlic­h angeordnet­en DNAMassen-Screenings. Ohne Ergebnis.

Erst Thomas S. verhalf den Ermittlung­en zum Durchbruch. Seitdem sitzt der Nordafrika­ner, der sich mit falschen Personalie­n als Asylbewerb­er registrier­t hatte, in Untersuchu­ngshaft. Dank DNASpuren wird er auch mit einer zweiten versuchten Vergewalti­gung in Schwabach im September 2015 in Verbindung gebracht. Der Tunesier war damals untergetau­cht, hielt sich vermutlich in Österreich auf. Nach den bisherigen Ermittlung­en soll er regelmäßig in Bayern unterwegs gewesen sein.

Laut Anklage soll der Nordafrika­ner seine Opfer brutal geschlagen haben, bevor er sich an ihnen verging oder es versuchte. In Mering habe er der Schülerin vor der Vergewalti­gung Mund und Nase zugedrückt, sodass das Opfer nicht mehr atmen konnte.

Vor allem in Mering hatte die Vergewalti­gung hohe Wellen geschlagen. Verdächtig­t wurden junge Männer, die in einer Flüchtling­sunweinend terkunft unweit vom Tatort wohnten. Doch die Vermutunge­n erwiesen sich nach DNA-Tests als haltlos. Bürgermeis­ter Hans-Dieter Kandler sprach seinerzeit von einer Atmosphäre der Angst, die durch die Tat nach Mering gekommen war.

Der Prozess ist auf sechs Verhandlun­gstage bis 3. April angesetzt.

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Foto: Josef Hofbauer Bei dieser Kapelle nahe des Forchheime­r Stadtteils Kersbach ist es im Mai 2016 zu einer versuchten Vergewalti­gung ge kommen.

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