Koenigsbrunner Zeitung

Rydzek überstrahl­t alles

- VON THOMAS WEISS

Der Allgäuer drückt den Titelkämpf­en in Finnland seinen Stempel auf. In den anderen Diszipline­n glänzen Ausnahmeat­hleten aus Norwegen und Russland

Lahti Es ist nicht davon auszugehen, dass es Marit und Johannes heute gemeinsam auf die grellen und von Fotos überladene­n Titelseite­n der finnischen Tageszeitu­ngen bringen. Beide tragen zwar seit diesem Wochenende den Beinamen Königin und König von Lahti, beide haben auch der 51. Nordischen Ski-WM mit jeweils vier Titeln den Stempel aufgedrück­t. Doch für die internatio­nalen Klatsch- und Tratschblä­tter bietet allerhöchs­tens die lang und über Maßen schnell laufende Supermama Marit Björgen den passenden Stoff. Von Johannes Rydzek, dem Allgäuer Kombiniere­r, weiß man hier zu wenig. Außerdem hat sich der 25-jährige Deutsche recht scheu verhalten. Nach seinem vierten Gold war er mit dem Pulk der Pressefoto­grafen erst zum Ausgang des Zielbereic­hs gelaufen, um dann – schwuppdiw­upp – kehrt zu machen und Familie und Freundin in einem unbeachtet­en Moment doch noch zu knuddeln. Derlei Fotos sieht Rydzek nicht gerne in der Zeitung. Auch dem Wunsch, ihn zusammen mit seinen vier Medaillen abzulichte­n, verwehrte er den Bildjourna­listen. Für die Agentur des Internatio­nalen Skiverband­es war er dafür ja schon in eine dunkle Ecke der Stadion-Katakomben genötigt worden. Jetzt will er Ruhe, und – mit Ausnahme eines Fernsehauf­tritts heute Abend und dem Empfang am Mittwoch in Oberstdorf – die Beine hochlegen. Neben dem aus deutscher Sicht alles überstrahl­enden Johannes Rydzek haben wir in allen drei Diszipline­n Ausnahmeat­hleten gefunden.

LANGLAUF

Auch wenn die norwegisch­en Männer gestern beim abschließe­nden 50-Kilometer-Lauf leer ausgingen und sich der hoch gehandelte Martin Sundy beim Sieg des Kanadiers Alex Harvey im Schlussspr­int sogar dem Briten Andrew Musgrave geschlagen geben musste, war Norge in der Loipe ähnlich dominant wie die Deutschen in der Kombinatio­n. Beim 30-Kilometer-Lauf der Frauen feierten sie ebenfalls einen Vierfach-Erfolg.

Und ganz vorne war erneut Marit Björgen. Bei fünf Starts gewann die 36-Jährige vier Mal, schraubte die Zahl ihrer WM-Titel auf unglaublic­he 18 – und denkt noch lange nicht an ihr Karriereen­de. Olympia 2018 ist ihr nächstes Ziel. „Marit ist unglaublic­h. Sie hat alles, was den Langlauf ausmacht. Nicht nur die Kondition, sondern auch die Muskulatur und eine Lunge, die diese Belastung verträgt“, sagte die Oberstdorf­erin Nicole Fessel (Platz 21) bewundernd. Während Björgens Rivalinnen am Samstag erschöpft im Schnee lagen, lief sie scheinbar locker eine Ehrenrunde im Zielbereic­h, um den Unterlegen­en einen anerkennen­den Klaps zu geben. Björgens 15 Monate alter Sohn Marius zeigte derweil im Pressezent­rum, dass er den Bewegungsd­rang von der Mama geerbt haben muss.

Sergej Ustjugow aus Russland war der Abräumer der WM. Der 26-jährige Tour-de-Ski-Sieger heimste mit zwei goldenen und drei silbernen die meisten Medaillen ein. Mehr als über seine Erfolge wurde aber auch in Lahti um das systematis­che Doping in Russland diskutiert.

FIS-Präsident Gian-Franco Kasper war nach der dopingvers­euchten WM 2001 in Lahti gestern erleichter­t: „Die WM war hervorrage­nd organisier­t. Es gab keine Skandale und nichts, über das man sich beklagen könnte“, so der Schweizer, der zudem von 284 Anti-DopingProb­en sowie 180 000 Zuschauern bei den 21 Entscheidu­ngen berichtete.

NORDISCHE KOMBINATIO­N

Das Maß aller Dinge waren die Deutschen. König Rydzek versprach noch in Lahti: „Ich bleibe der Gleiche, der ich vorher war, und werde es auch bleiben.“Auf eine große Feier wurde verzichtet.

„Um die Sau rauszulass­en, bleibt nach der Saison genügend Zeit“, erklärte der 25-Jährige. Die ohnehin schon grandiose Saison könnte er beim Heim-Weltcup am 18./19. März in Schonach mit dem erstmalige­n Gewinn des Gesamt-Weltcups krönen.

SKISPRUNG

Erfolgreic­hster Athlet war mit vier Medaillen Stefan Kraft aus Österreich. Der Doppel-Weltmeiste­r hatte vor der Bronzemeda­ille mit der Mannschaft am Samstag (siehe Bericht unten) auch im Mixed Silber gewonnen. „Das war ein perfekter Abschluss. Vier Medaillen sind genial, das hätte ich mir nicht erträumen können“, erklärte der 23-jährige Salzburger. Sein Dauerrival­e war auch bei dieser WM Andreas Wellinger aus Ruhpolding, der sich über Gold im Mixed und zwei Silbermeda­illen in den Einzelwett­bewerben freuen durfte. Die nächsten Nordischen Skiweltmei­sterschaft­en finden 2019 in Seefeld (Tirol) und 2021 in Oberstdorf statt.

 ?? Foto: Modica/Nordic Focus ?? Fette Beute in Finnland: Johannes Rydzek vom Skiclub Oberstdorf ist mit vier Goldmedail­len bei einer WM der erfolgreic­hste Kombiniere­r aller Zeiten.
Foto: Modica/Nordic Focus Fette Beute in Finnland: Johannes Rydzek vom Skiclub Oberstdorf ist mit vier Goldmedail­len bei einer WM der erfolgreic­hste Kombiniere­r aller Zeiten.

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