Der Rekordmann
Marcel Hirscher ist der beste Skifahrer aller Zeiten – zumindest was den Gesamtweltcup angeht. Diesen hat er zum sechsten Mal gewonnen. Den Angriff der Konkurrenz hat er abgewehrt
Kranjska Gora Der größte Skirennfahrer der Gegenwart ließ sich auch vom Wettergott nicht die Laune vermasseln. Als Marcel Hirscher beim Weltcup von Kranjska Gora seinen sechsten Gesamtsieg perfekt gemacht hatte und zum Rekordfahrer in der langen Historie aufgestiegen war, schüttete es in Strömen. Das aber trübte die Freude beim überwältigten Österreicher nicht. „Regen ist flüssiger Sonnenschein“, sagte Hirscher am Samstag, grinste und genoss den Moment für die Geschichtsbücher.
Mitte März 2007 hatte der Salzburger als 18-Jähriger sein Debüt im Weltcup gegeben – ein Jahrzehnt später hat er Allzeit-Superstars wie Ingemar Stenmark, Alberto Tomba oder Hermann Maier in etlichen Statistiken schon hinter sich gelassen. Vor allem die sechs Siege im Gesamtweltcup nacheinander könnten ein Rekord für die Ewigkeit sein. „Das ist für mich nicht vorstellbar“, sagte der Ski-Künstler in Slowenien, wo er mit seinem Sieg beim Wind-und-Wetter-Riesenslalom am Samstag alle Restzweifel am erneuten Gewinn der großen Kristallkugel beseitigt hatte.
Am Sonntag verpasste er als Slalom-Vierter zwar das Podest, schnappte sich aber trotzdem auch noch die kleine Kugel in der Disziplin – nachdem er tags zuvor schon den Disziplin-Pokal im Riesenslalom gefeiert hatte. Weil sein norwegischer Verfolger Henrik Kristoffersen keine Punkte machte, ist Hirscher beim Weltcup-Finale in zwei Wochen in Aspen nicht mehr von Rang eins zu verdrängen.
Im Ziel ballte Hirscher die Faust, blickte zum Himmel und machte Spaß-Selfies mit Felix Neureuther. Dieser war beim Sieg des Österreichers Michael Matt Dritter geworden. Insgesamt 14 Kristall-Trophäen eroberte Hirscher in den vergangenen sechs Wintern. Auf seiner langen Liste an Erfolgen stehen zudem 44 Weltcupsiege und fünfmal WM-Gold.
„Es ist einfach unvorstellbar, was der Mensch leistet“, sagte die einstige Spitzenfahrerin Annemarie Moser-Pröll. Die Österreicherin ist als Rekordhalterin mit sechs WeltcupGesamtsiegen von Hirscher eingeholt worden. Bei den Herren ließ er Marc Girardelli (5) hinter sich.
Noch am Samstagabend, als Hirscher seinen Kristall-Coup im kleinen Kreis feierte, erreichten ihn Glückwünsche der österreichischen Sport- und Polit-Prominenz. Bundespräsident Alexander Van der Bellen lobte ihn als „Ausnahmekönner“, Formel-1-Ikone Niki Lauda meinte: „Unglaublich, das kann man nicht besser machen.“
Marcel Hirscher ist ein Ski-Perfektionist mit dem größten Team von Betreuern, Trainern und Serviceleuten im Weltcup. Kaum ein Fahrer trainiert härter und mehr als der Österreicher, kein anderer Weltcup-Starter hat sich eine derartige Konstanz erarbeitet. Und keiner wandelt Druck so in Erfolge um wie Hirscher. Hatte es in der Vorsaison noch so ausgesehen, als seien Pinturault im Riesenslalom und Kristoffersen im Slalom an Hirscher vorbeigezogen, so lieferte dieser den Zweiflern spätestens bei der WM jüngst in St. Moritz die Antwort, als er in den Disziplinen zweimal Gold holte und die beiden Rivalen leer ausgingen.