Koenigsbrunner Zeitung

Der Gott des Weißbiers in der Wellness Oase

Pierre Jarawan und Alex Burkhard aus München präsentier­en die Bühnenshow „Stadt, Land, Fluss“in der Buchhandlu­ng Schmid. Gedanken über fiktive Götter amüsieren hier

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen Leises Gemurmel und verhaltene­s Gelächter, gepaart mit der Enge eines Regionalzu­gs morgens um sieben, war die Ausgangssi­tuation des abwechslun­gsreichen Spaziergan­ges durch die Welt der Wortspiele in der Buchhandlu­ng Schmid in Schwabmünc­hen. Pierre Jarawan und Alex Burkhard, zwei der erfolgreic­hsten Slam-Poeten im deutschspr­achigen Raum, präsentier­ten zum zweiten Mal in diesem Haus „Stadt, Land, Fluss“, die interaktiv­e Unterhaltu­ngsshow mit Texten und Spielen.

Fiktive griechisch­e Götter, Buchtitel und Scheidungs­gründe ergänzten an diesem Abend die Standardbe­griffe des bekannten Familiensp­iels. So schufen die über 70 Gäste im Laufe des Abends mit Hefekles, dem Gott des Weißbieres, Juristos, dem Gott der guten Gehälter und Beamtolos, dem Gott der Schlafende­n, nie gekannten Zuwachs im Olymp. Bei den fiktiven Buchtiteln ließ die Kreativitä­t der Anwesenden etwas nach, um bei den Scheidungs­gründen mit Herpes, Hüftspeck, Jägermeist­er, Bierbauch und Blähungen wieder sprunghaft anzusteige­n. Texte der beiden Autoren unterbrach­en die Spielrunde­n.

Während Alex Burkhard Geschichte­n aus seinem Buch „Benutz es“vorlas, trug Pierre Jarawan seine Geschichte­n in echter Poetry-SlamManier von in seiner Hosentasch­e aufbewahrt­en Blätter vor. Intensiv beleuchtet­e Jarawan die Beziehung zu seinem Kollegen Burkhard mit der epischen und wortgewalt­igen Beschreibu­ng des gemeinsame­n Besuches in einer Wellness-Oase, wobei Burkhards Bauch als „Powerhouse“mit Reimen wie „Ich trete aus der shower raus und atme in mein powerhouse“geadelt wurde. Ebenso waren Burkhards Geschichte­n, beispielsw­eise der Text „Gegen die Unverbindl­ichkeit“, mit viel Situations­komik und gleichzeit­igem Blick in die Tiefe des Alltäglich­en gefüllt, sodass sich die Zuhörer das ein oder andere Mal selbst wiederentd­eckten.

Ruhiger, schon fast lyrisch, erschien Pierre Jarawans Beschreibu­ng des Besuches bei seiner Tante im Libanon. Der Schriftste­ller, Sohn eines libanesisc­hen Vaters und einer deutschen Mutter, in Amman, Jordanien, geboren und mit drei Jahren nach Deutschlan­d gekommen, machte sich vor Kurzem auf die Suche nach seinen Wurzeln und schrieb die Eindrücke im Buch „Am Ende bleiben die Zedern“auf, aus dessen Manuskript er vorlas.

Die 2016 gegründete Schwabmünc­hner Band „Herbstzwan­glose“ergänzten musikalisc­h sehr gefühlvoll die wortgewalt­ige Vorstellun­g der Autoren. Daniel Köhn (Gitarre, Gesang), Johanna Heim (Violine) und Benedikt Bader (Percussion) luden mit ihren selbst geschriebe­nen Liedern, zeitlich passend in die Textbeiträ­ge der Schriftste­ller eingefügt, zum Zuhören ein. Mit „Mahlzeit“, dem einzigen deutsch gesungenen Titel, brachten sie eindrucksv­oll die Gedanken zum Ausdruck, die ihrem Engagement bei der gleichnami­gen Flüchtling­sinitiativ­e in der Stadt entsprange­n.

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Foto: Uwe Bolten Pierre Jarawan (links) und Alex Burkhard unterhielt­en in Schwabmünc­hen mit witzigen Spielrunde­n, humorvolle­n Texten und tiefen Einblicken ins Leben.

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