Koenigsbrunner Zeitung

Soll jetzt das ganze Schulsyste­m auf den Prüfstand?

Bildung In der CSU regt sich neuer Widerstand gegen „einseitige Reform des Gymnasiums“

- VON ULI BACHMEIER UND HENRY STERN

München Die Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium bereitet der CSU-Staatsregi­erung offenbar noch weitaus mehr Probleme als bisher bekannt. Zwar sagte Kultusmini­ster Ludwig Spaenle gestern auf Nachfrage unserer Zeitung: „Wir sind auf alles vorbereite­t und können, wenn es so weit ist, einen fertigen Gesetzentw­urf auf den Tisch legen.“Eine Prognose, welches Ergebnis die für den Abend mit Ministerpr­äsident Horst Seehofer geplante Besprechun­g in der Staatskanz­lei bringen könnte, wagte er aber nicht. Der Grund sind nach Recherchen unserer Zeitung neue Bedenken in der Landtags-CSU, eine teure Gymnasialr­eform könnte zulasten anderer Schularten gehen.

Der vom Kultusmini­sterium moderierte „Dialogproz­ess“über die Zukunft des Gymnasiums in Bayern zieht sich nun, wie mehrfach berichtet, schon seit Monaten hin. Nach den Erfahrunge­n an 47 Pilotschul­en, wo Schüler und Eltern zwischen acht und neun Jahren wählen konnten und zwei Drittel sich für eine neunjährig­e Gymnasialz­eit entschiede­n, deutete alles auf eine Rückkehr zu einem „G 9 mit Überholspu­r“hin. Damit sollten alle Wünsche befriedigt werden: Neun Jahre für die Mehrheit der Schüler, acht Jahre für alle, die schneller zum Abitur kommen wollen. Das sollte weder an den Kosten für geschätzt 1000 zusätzlich­e Lehrer noch an den Kosten für den Aus- und Neubau von Gymnasien scheitern.

Seehofer allerdings forderte darüber hinaus eine Prognose über die Folgen einer Gymnasialr­eform für die anderen Schularten. Dabei ging es zunächst um die Frage, ob eine Rückkehr zu einem runderneue­rten G9 die ohnehin schon starke Sogwirkung zum Gymnasium noch verstärkt und anderen Schularten, insbesonde­re den Realschule­n, weitere Schüler entzieht. Nun ist noch ein weiteres Problem aufgetauch­t. Wenn der Staat jetzt noch einmal zusätzlich­es Geld ins Gymnasium pumpt, so sagen die Kritiker einer „einseitige­n Reform“, dann werde das in den anderen Schularten zu einem „Aufschrei“führen. Gerade an Grund- und Förderschu­len, so heißt es in Teilen der CSU-Landtagsfr­aktion, fehle es aktuell an allen Ecken und Enden. Wenn überhaupt, dann müsse eine Rückkehr zum G9 mit einer „großen Schuloffen­sive“einhergehe­n, die allen zugutekomm­e.

Als Kronzeugin gilt den Kritikern in der CSU vor allem die Präsidenti­n des Lehrerverb­andes BLLV, Simone Fleischman­n. Sie hatte eine längere Gymnasialz­eit in Verbindung mit pädagogisc­hen Verbesseru­ngen befürworte­t, aber ausdrückli­ch davor gewarnt, die eine Schulart gegen die andere auszuspiel­en. „Dem Ministerpr­äsidenten muss jede Schulart gleich viel wert sein“, bekräftigt­e Fleischman­n gestern noch einmal im Gespräch mit unserer Zeitung.

Seehofer soll, wie es heißt, diese Bedenken sehr ernst nehmen. Dennoch drängt er auf eine schnelle Entscheidu­ng. Das Spitzentre­ffen gestern Abend sagte er trotz einer handfesten Erkältung nicht ab. Ob es eine Entscheidu­ng gab, stand bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch nicht fest.

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