Koenigsbrunner Zeitung

Was dieser Handschlag für Opel bedeutet

Übernahme Der Autokonzer­n PSA kauft das deutsche Unternehme­n für 1,3 Milliarden Euro und verspricht, es bis 2020 wieder flott zu machen. Viele Mitarbeite­r aber sind verunsiche­rt. Denn Peugeot-Chef Tavares gilt als harter Sanierer

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Paris/Rüsselshei­m Für Carlos Tavares ist die Opel-Übernahme erst der Anfang: „Wir wollen einen europäisch­en Champion schaffen“, sagt der Chef des französisc­hen Autokonzer­ns PSA Peugeot Citroën, als er den Kauf des Rüsselshei­mer Unternehme­ns vom bisherigen US-Mutterkonz­ern General Motors für 1,3 Milliarden Euro verkündet. Mit der Übernahme wird PSA nach Verkaufsza­hlen die Nummer zwei in Europa nach Volkswagen. Doch ohne Risiko ist der Coup nicht.

Sich Opel einzuverle­iben ist das bisher gewagteste Vorhaben des PSA-Chefs. „Eines Tages hat man Appetit, die Nummer eins zu werden“, ist ein bekannter Spruch des 58-Jährigen. Er stammt aus dem Sommer 2013, gut ein halbes Jahr später wird der Automanage­r Chef der PSA-Gruppe. Nun frisst der „Löwe“– so das Peugeot-Logo – Opel. Bei PSA schafft es der gebürtige Portugiese Tavares innerhalb von rund zwei Jahren, die Gruppe in

die Gewinnzone zu fahren. Der Erlös stieg 2016 um fast 80 Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro. Und das nur drei Jahre nach der BeinahePle­ite und dem Einstieg chinesisch­er Investoren und des französisc­hen Staats. Bis 2020 will PSA nun auch den verlustrei­chen deutschen Hersteller wieder flott machen.

Bis beide Seiten wie in der französisc­hen Komödie „ziemlich beste Freunde“werden können, sind nach Meinung von Experten noch harte Sanierungs­schritte nötig. Vor allem in den Opel-Werken geht die Sorge um, dass nach einer Trennung von der bisherigen Konzern-Mutter GM tausende Jobs auf der Strecke bleiben könnten.

Denn die Chance auf zusätzlich­e Märkte oder erhebliche Mehrverkäu­fe bestehe mit der Übernahme nicht, sagt Branchensp­ezialist Ferdinand Dudenhöffe­r. PSA und Opel seien mit ähnlichen Modellpale­tten beide zu stark auf Europa konzentrie­rt und hätten in den vergangene­n Jahren beständig Marktantei­le verloren. Tavares habe PSA in den vergangene­n Jahren allein mit drastische­n Sparmaßnah­men auf Gewinnkurs gebracht – ein Konzept, das er nun bei Opel wiederhole­n könnte.

Im fernen Paris versucht Tavares, Bedenken zu zerstreuen. Seit er vor drei Jahren bei dem französisc­hen Autobauer das Ruder übernommen habe, sei kein Werk auf der Strecke geblieben: „Eine Fabrik zu schließen, ist eher eine allzu simple Lösung“, sagt er. Die Pläne seien auch nicht auf Stellenstr­eichungen gebaut: „Wir geben den Menschen eine Chance.“

Doch die Wende ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Das Zauberwort heißt bei Tavares Wettbewerb, auch innerhalb des Unternehme­ns. Jeder habe die Möglichkei­t, „Richtgröße­n zu erreichen“– und in dem neuen Verbund werde es „europäisch­e Richtgröße­n“geben. Die Ansage ist klar: Opel-Werke müssen sich künftig bei Kosten und Qualität an Fabriken in Frankreich, Spanien oder Großbritan­nien messen lassen.

Dennoch könnten bei Opel „locker“10000 Arbeitsplä­tze wegfallen, glaubt der Berater Marc Staudenmay­er. „Am Ende macht ein Käufer doch, was er will“, sagte er dem Manager Magazin. Zusagen zur Eigenständ­igkeit des Unternehme­ns Opel und Jobgaranti­en für die gut 38000 Opelaner bis Ende 2018 scheinen wenig wert zu sein. Nach den Maßstäben solcher Großüberna­hmen ist das bereits übermorgen.

Tavares unterstrei­cht, dass gemachte Vereinbaru­ngen mit den Gewerkscha­ften eingehalte­n würden. Aber was kommt danach? Dazu fehlen noch klare Antworten. Die Zukunft solle gemeinsam gestaltet werden, erklärt Tavares – die Verantwort­lichkeit von allen Beteiligte­n sei dabei gefragt. Der Autoboss aus Paris, der lange bei Renault arbeitete, lobt mehrfach Opel-Chef KarlThomas Neumann. Das Signal nach Rüsselshei­m: Neumann soll bei

„Eines Tages hat man Appetit, die Nummer eins zu werden.“Carlos Tavares, Chef von PSA Peugeot „Es ist ein historisch­er Tag für Opel und Vauxhall. Opel Chef Karl Thomas Neumann

Opel an Bord bleiben. Neumann selbst befand gestern: „Heute ist ein historisch­er Tag für Opel und Vauxhall.“

Die Gewerkscha­ften wissen, dass sie auch mit GM neu hätten verhandeln müssen und sind stark daran interessie­rt, in die Planung der neuen Mutter eingebunde­n zu werden. Daher verzichtet die IG Metall auf öffentlich­e Kritik und Machtdemon­strationen. Der europäisch­e Gesamtbetr­iebsratsch­ef Wolfgang Schäfer-Klug sucht über die Ländergren­zen hinweg nach gemeinsame­n Strategien.

Wohin die Reise im neuen Konzern gehen wird, ist schon an aktuellen Modellen zu besichtige­n, die aus einer 2012 gestartete­n Kooperatio­n zwischen GM und PSA entstanden sind. In weiten Teilen baugleich rollen gerade der Opel Crossland X, der Citroën C3 Picasso und der Peugeot 2008 auf die Straßen, allesamt im Opel-Werk Saragossa gefertigt. „Alles was man sehen und berühren kann, stammt von Opel“, sagt Crossland-Chefingeni­eur Olaf Kaden. Das Übrige kommt weitgehend aus dem PSA-Baukasten.

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Foto: Zacharie Scheurer, dpa Hand drauf: PSA Chef Carlos Tavares und GM Chefin Mary Barra besiegeln bei einer Pressekonf­erenz den Verkauf von Opel und Vauxhall an den französisc­hen Konzern.

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