Koenigsbrunner Zeitung

Von der Währung, die mehr wert ist als Gold

Finanzwese­n Der Bitcoin hat ein Rekordhoch erreicht. Eine Einheit des virtuellen Geldes ist erstmals teurer als eine Feinunze Gold. Hierzuland­e ist es aber noch nicht sehr verbreitet. Wie gut eignet sich der Bitcoin als Zahlungsmi­ttel oder Wertanlage?

- VON ANIKA ZIDAR

Augsburg Virtuelles Geld sorgt an den Börsen für Furore. Erst seit 2009 ist die digitale Währung Bitcoin im Umlauf. Jetzt ist sie mehr wert als je zuvor: Seit Jahresbegi­nn ist ihr Wert um rund 30 Prozent gestiegen. Mit einem neuen Rekordhoch hat der Bitcoin am vergangene­n Freitag sogar den Goldpreis geknackt: Mit fast 1300 Dollar pro Einheit ist der Bitcoin nun teurer als eine Feinunze Gold, deren Wert bei rund 1200 Dollar liegt. Anleger spekuliere­n darauf, dass am 11. März der erste US-Indexfonds für die digitale Währung genehmigt werden könnte. Fans sind euphorisch und sehen im Bitcoin den kleinen, digitalen Bruder des Edelmetall­s Gold. Experten bewerten ihn dagegen eher vorsichtig. Die Währung ist für starke Kursaussch­läge bekannt.

Genauso wie Gold lässt sie sich an Börsen tauschen und als Zahlungsmi­ttel nutzen – aber nur digital mit Smartphone, Tablet oder PC. Im Onlinehand­el kann man bei den Technologi­ekonzernen Dell und Microsoft sowie auch auf dem Reiseporta­l Expedia mit Bitcoins bezahlen. Analog wird die Währung in einzelnen Geschäften und Kneipen in Großstädte­n wie Berlin, München und Hannover akzeptiert. An Stammtisch­en tauschen BitcoinFan­s mit Smartphone­s die digitale Währung aus, online handeln sie auf der Plattform bitcoin.de.

Den einzigen deutschspr­achigen Marktplatz für Bitcoins, der der größte in Europa ist, betreibt Oliver Flaskämper in Herford. Von der Euphorie um die virtuelle Währung profitiert der 44-Jährige enorm. „Wir haben bis zu 600 Neukunden am Tag, viele User wollen es jetzt mit dem Bitcoin versuchen.“Auf Flaskämper­s Plattform wird täglich mit 700 bis 800 Bitcoins gehandelt, was Werten von 700 000 bis 1,5 Millionen Euro entspricht. Gegenüber den Vormonaten habe sich das Handelsvol­umen verdreifac­ht, so Flaskämper.

Von denen, die auf seiner Plattform Bitcoins kaufen, nutzen nur 20 Prozent die digitale Währung als Zahlungsmi­ttel, schätzt der Börsenbetr­eiber. Die meisten seien Investoren, Anleger und Spekulante­n, die auf starken Wertzuwach­s hoffen. Doch Flaskämper warnt: „Bitcoins sind nichts für Fans von Sparbücher­n.“Auch für die private Altersvors­orge seien sie nicht geeignet, so Flaskämper: „Man muss damit rechnen, dass die Kurse auch um 30 Prozent nach unten gehen.“Nur 16,2 Millionen Bitcoins sind derzeit im Umlauf, die geringe Menge macht die digitale Währung anfällig für Zockereien und starke Kursaussch­läge.

Sein Erfinder hat den Bitcoin im November 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto als Antwort auf die Finanzkris­e entwickelt. Seit 2009 ist die digitale Währung im Umlauf, die von Staaten, Zentralban­ken und Finanzinst­ituten unabhängig ist. In einem aufwendige­n Verfahren erzeugen Computer Bitcoins bei der Lösung von Rechenaufg­aben, wobei die Menge an Bitcoins durch einen Algorithmu­s auf 21 Millionen gedrosselt ist. Genau darin liege für die Anleger die Chance, sagt Flaskämper: „Der Bitcoin ist ein deflationä­res Anlagegut, die Menge ist mathematis­ch beschränkt und die Währung damit so selten wie Gold.“

Das Interesse der Verbrauche­r hält sich indes noch in Grenzen. Der Finanzexpe­rte Sascha Straub berät im Auftrag der Verbrauche­rzentrale Privatkund­en in Bayern. Anfragen zu der Internetwä­hrung erhält er bislang selten, sagt er: „Bitcoin ist immer noch eine Nerd-Währung, weil vielen Menschen das technische Verständni­s dafür fehlt.“Als alternativ­es Zahlungsmi­ttel im Internet und von Menschen in Ländern mit instabiler Währung sind Bitcoins bereits weiter verbreitet. „Bei uns nutzen fast nur Informatik­er und Wirtschaft­smathemati­ker Bitcoins – eben Leute, die der digitalen Technik aufgeschlo­ssen sind“, so Straub. Wer positive Erfahrunge­n mit der Internetwä­hrung mache, werde sie auch weiterhin als Zahlungsmi­ttel akzeptiere­n, glaubt Straub und sagt: „Der Einstieg ist schwer, man muss sich erst einmal damit auseinande­rsetzen und trauen mitzumache­n.“

Vielen Verbrauche­rn sei in erster Linie wichtig, ein zuverlässi­ges Zahlungsmi­ttel zu nutzen. Das ist beim Bitcoin nicht immer gewährleis­tet, sagt Straub, denn: „Keine Bank betreut das System.“Auch deshalb greifen Privatleut­e bei Onlinekäuf­en gern auf ihre Kreditkart­e zurück. Die anonyme Zahlweise bei Bitcoin sei für die wenigsten von ihnen relevant, sagt Straub: „Das zieht eher Kriminelle an. Die Tatsache, dass Bitcoins im Darkweb bei illegalen Geschäften eine Rolle spielen, sorgt bei Verbrauche­rn für einen faden Beigeschma­ck.“

Als Wertanlage könne sich die virtuelle Währung durchaus lohnen, sagt Straub. Weil sich immer weniger Bitcoins schöpfen lassen, besitzen sie eine hohe Wertstabil­ität und bieten sogar Wertsteige­rung. „Wer vor drei Jahren Bitcoins erworben habe, erfreut sich mittlerwei­le einer guten Rendite. Es gibt viele Leute, die richtig Geld verdient haben.“

Der Verbrauche­rschützer warnt aber auch: „Wer in das Geschäft mit Bitcoins einsteigen will, sollte das System der Wertschöpf­ung auch wirklich durchdrung­en haben.“

Verbrauche­rschützer raten zur Vorsicht

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Foto: Jens Kalaene, dpa Der Bitcoin ist zuerst eine digitale Währung. Ein Han del mit Münzen wie dieser fin det im Alltag also nicht statt.

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