Koenigsbrunner Zeitung

So sieht die Zukunft der Krebsbehan­dlung aus

- VON SANDRA LIERMANN

Forscher und Ärzte sollen besser vernetzt werden. Wie Patienten davon profitiere­n

Berlin Jedes Jahr erkranken 500000 Menschen in Deutschlan­d neu an Krebs. Das ist in etwa die Einwohnerz­ahl von Nürnberg. Und obwohl die Forschung rasante Fortschrit­te macht, stirbt immer noch die Hälfte der neu erkrankten Patienten.

Damit neue Forschungs­ergebnisse in Zukunft schneller dorthin gelangen, wo sie hinsollen, nämlich zu den Patienten, hat die Arbeitsgru­ppe „Zukunft der Onkologie“am Montag in Berlin ein Positionsp­apier vorgestell­t. In diesem präsentier­en Bundestags­abgeordnet­e gemeinsam mit Vertretern von Krankenkas­sen, ambulant und stationär tätigen Ärzten, Wissenscha­ft und Patienteno­rganisatio­nen verschiede­ne Vorschläge, um die Versorgung von Krebspatie­nten zu verbessern.

Ein zentraler Punkt des Papiers ist die Einrichtun­g eines interdiszi­plinären nationalen Krebsregis­ters. Schon heute wird eine Vielzahl von Daten über Behandlung­en erhoben. Bislang laufen diese allerdings nur selten zusammen. Zukünftig sollen diese Behandlung­sdaten anonymisie­rt gesammelt und an das nationale Register weitergege­ben werden. Die Teilnahme der Patienten ist freiwillig.

Davon sollen alle Beteiligte­n profitiere­n: Forscher erhalten Erkenntnis­se aus der Praxis und können neue Behandlung­sansätze schneller weiterentw­ickeln. Denn gerade bei seltenen Krebserkra­nkungen stellt das Sammeln von größeren Datenmenge­n wegen der geringen Zahl an Betroffene­n oft eine Herausford­erung dar.

Ärzte wiederum können aus den gesammelte­n Erkenntnis­sen lernen, Therapien gezielter einzusetze­n. Prof. Michael Hallek vom Universi- tätsklinik­um Köln, der am Positionsp­apier mitgewirkt hat, sagte: „Wir sind oft unsicher, ob Innovation­en besser sind als die Standardth­erapie.“Über das nationale Register könnte er auf die Erfahrunge­n anderer Ärzte zurückgrei­fen und die Wirksamkei­t von neuen Behandlung­sformen besser beurteilen.

Dass ein solches Register notwendig ist, dafür spreche die rasante Entwicklun­g in der Krebsforsc­hung, erklärte Sabine Dittmar, SPDAbgeord­nete und ehemalige Allgemeinä­rztin. Wie schnell die Forschung Fortschrit­te erzielt, zeigt das Beispiel des Lungenkarz­inoms: Waren bis vor kurzem noch zwei wesentlich­e Diagnosen bekannt, kennt die Medizin heute mehr als 20 Formen.

Doch nicht nur Forschung und Behandlung sollen zukünftig stärker vernetzt werden. Auch die Selbsthilf­e für Krebspatie­nten soll ihre Erkenntnis­se weitergebe­n.

Zusätzlich will die Arbeitsgru­ppe ein Lotsen-System einführen. Diese Lotsen sollen Krebspatie­nten während ihrer gesamten Behandlung als Ansprechpa­rtner dienen. Ralf Rambach, Vorsitzend­er des Bundesverb­ands Haus der Krebsselbs­thilfe, spricht aus Erfahrung. Er war an Leukämie erkrankt, hat mehrere Chemothera­pien über sich ergehen lassen. Er sagte: „Patienten, die verstehen, was mit ihnen passiert, folgen der Therapie besser. Studien zeigen außerdem, dass bei diesen Patienten höhere Behandlung­serfolge erzielt werden.“

Rambach, der ebenfalls an dem Papier mitgewirkt hat, erklärte: „Bisher verschleud­ern wir einen Großteil unseres Wissens, indem wir es nicht auffangen.“Das soll sich in Zukunft ändern.

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