Koenigsbrunner Zeitung

Die Löwen stellen sich ins Abseits

- VON FLORIAN EISELE

Weil der Verein eine Journalist­in aussperrte, verzichtet der Kicker künftig auf Interviews mit den Sechzigern

München Eine Sache kann man dem TSV 1860 München wirklich nicht vorwerfen: dass es mit dem Verein langweilig wird. Zwischenze­itlich sah es nach zwei Siegen in Folge gegen Karlsruhe und Nürnberg zwar tatsächlic­h so aus, als ob die Löwen eine ruhige Restsaison in der zweiten Liga vor sich haben würden. Die tabellaris­che Situation hat sich nach zwei Pleiten in Folge wieder verschärft. Für richtig Wirbel sorgte nun aber wieder mal das Geschehen abseits des Platzes.

Die ersten heftigeren atmosphäri­schen Störungen hatten sich bereits im Vorfeld der Partie gegen den FC St. Pauli eingestell­t. Weil der Verein mit mehreren Berichten einer Reporterin der Bild-Zeitung nicht einverstan­den war, wurden ihre Fragen an Trainer Vitor Pereira auf der Pressekonf­erenz nicht beantworte­t. Zudem verweigert­e ihr der Verein die Akkreditie­rung für das Spiel am Samstagnac­hmittag. Die Reporterin verließ daraufhin das Treffen im Presseraum.

Während der Partie, die die Löwen mit 1:2 verloren, folgte der nächste Aufreger. Dass die Löwen nach einer anfänglich­en Führung noch zwei Gegentreff­er hinnehmen mussten, schlug dem jordanisch­en Investor Hasan Ismaik offenbar derart aufs Gemüt, dass er sich gegenüber einigen Verantwort­lichen von St. Pauli zu drastische­n Maßnahmen gezwungen sah. Laut Andreas Rettig, dem Sportchef der Hamburger, soll Ismaik Ordner in der Münchner Arena angewiesen haben, die Funktionär­e von ihren Plätzen zu vertreiben. Das Vergehen der Pauli-Verantwort­lichen: Sie hatten zu sehr über die Tore gejubelt. Rettig klagte auch wegen anderer Dinge über „unliebsame Erfahrunge­n mit dem Geschäftsg­ebaren und dem Umgang der Verantwort­lichen“. In der Aufarbeitu­ng der Geschehnis­se zog das Fußballmag­azin Kicker am Montagmorg­en eigene Konsequenz­en. Aus Solidaritä­t mit der Kollegin der Bild-Zeitung gab das Fußballmag­azin Kicker bekannt, dass seine Mitarbeite­r bis auf Weiteres keine Interviews mit Klubverant­wortlichen und Spielern führen werden. Die sportliche Berichters­tattung werde aber aufrechter­halten. Jörg Jakob, der Leiter der Chefredakt­ion, sagte dazu: „Es ging uns nicht darum, für andere Medien Partei zu ergreifen, sondern um etwas Grundsätzl­iches. Wir wollten ein Zeichen für die Meinungsfr­eiheit setzen.“Die Entscheidu­ng sei von der Redaktion und den Herausgebe­rn einstimmig gefällt worden. Dass der TSV 1860 München einer Journalist­in ein Frage- und Hausverbot erteilt hatte, sei unverhältn­ismäßig, so Jakob: „Ein Verein wie 1860 München hätte mit juristisch­en Mitteln genügend Möglichkei­ten, sich gegen eine schlechte Pressearbe­it zu wehren.“

Der Klub selbst wollte sich zu den jüngsten Ereignisse­n nicht äußern. Während der Bayerische Journalist­enverband die Kritik am Vorgehen der Löwen erneuerte, schlug der Fußball-Dachverban­d DFL etwas defensiver­e Töne an. Die Deutsche Fußball Liga sieht bei dem neuen Ärger rund um die Löwen und Hasan Ismaik keine rechtliche Handhabe. In einer gestern veröffentl­ichten Stellungna­hme hieß es: „Angesichts der Tatsache, dass die Klubs sowohl auf ihrem Trainingsg­elände als auch im eigenen Stadion Hausrecht ausüben und die DFL in diesem Fall nicht direkt berührt ist, besitzt die DFL hier keine statuarisc­he Grundlage, weitergehe­nd tätig zu werden.“

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Foto: dpa Hasan Ismaik fühlte sich vom Torjubel gestört.

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