Opfer leidet unter Folgen des Angriffs
Der Überfall am Rande des Bundesligaspiels in Darmstadt sorgt für Reaktionen bei Fans und Vereinen. Ob der Leidtragende wieder hundert Prozent sehen kann, bleibt fraglich
Stefan R. befindet sich auf dem Weg der Besserung. Vor eineinhalb Wochen überfielen Gewalttäter den 38-Jährigen nach dem Bundesligaspiel in Darmstadt, sie brachen ihm mehrmals die Nase, schlugen ihm mit der Faust ins Gesicht und verletzten ihn schwer am Auge. Unter den Folgen des brutalen Angriffs leidet R. heute noch, sowohl physisch als auch psychisch. „Die Situation geht einem immer wieder durch den Kopf. Man fragt sich, hätte ich anders reagieren sollen“, erzählt der Unternehmensberater.
R., Martin W. und Andreas S. sind am Samstagabend auf dem Weg in Darmstadts Innenstadt, die drei Kumpels aus dem Landkreis Aichach-Friedberg wollen nach dem 2:1-Erfolg des FC Augsburg noch etwas trinken gehen. Während W. und S. das Spiel im Stadion erlebten, weilte R. bei einem Freund. Er ist kein Fußballfan, erkundete stattdessen mit einem Kleinflugzeug den Luftraum über Darmstadt. S. will noch schnell im Hotel sein FCATrikot und seinen FCA-Schal ablegen. Gelegenheit dazu bekommt er jedoch nicht mehr.
Eine Gruppe Männer, zwischen sechs und acht, allesamt dunkel gekleidet, läuft an S. und seinen Begleitern vorbei. Das Trio wird beschimpft und beleidigt, reagiert aber nicht. Plötzlich trifft R. ein Fußtritt im Rücken. Er dreht sich um, da wird er von einem brutalen Faustschlag im Gesicht niedergestreckt. Der Gewalttäter fordert ihn auf, sich zu wehren.
S. wird der Augsburger Schal vom Hals gerissen. Sein Versuch, seinen verletzten Kumpel R. mit dem eigenen Körper zu schützen, scheitert. Ein zweiter Angreifer schaltet sich ein, ein weiterer Schlag trifft R. im Gesicht. Die Nase bricht, außerdem wird der 38-Jährige am Auge getroffen. Erst dann lassen die Angreifer von ihren Opfern ab.
R. erzählt, die Nase verheile allmählich. Wächst sie jedoch ungünstig zusammen, muss sie nochmals gebrochen werden. Mehr Sorge bereitet R. sein Auge. Mehrere Ärzte hat er inzwischen aufgesucht. Noch hat er nur 70 Prozent seiner Seh- kraft, die Pupille reagiert nicht auf Helligkeit, ist lichtstarr. Ob er wieder hundert Prozent sehen kann, weiß R. nicht. Er kann nur abwarten. Die Anteilnahme lindert seinen Schmerz. Sie helfe ihm, das Geschehene zu verarbeiten, meint R. In Darmstadt und Augsburg sorgt der brutale Überfall für Reaktionen, R. und seine Freunde erhalten Kurznachrichten und E-Mails.
Der Bundesligist SV Darmstadt 98 entschuldigte sich persönlich beim Opfer, überbrachte postalisch Genesungswünsche. „Wir als Verein können diesen Vorfall nur aufs Schärfste verurteilen. Wir bedauern sehr, was passiert ist“, teilt Geschäftsführer Michael Weilguny auf Nachfrage mit. R., der weiterhin krankgeschrieben ist, hat bereits auf den Brief der Darmstädter Vereinsführung geantwortet. Und einen Wunsch geäußert. Sollten die Täter verurteilt werden, sollen sie aus dem Stadion verbannt werden.
Mit dem Opfer fühlen ebenso Fans und Verantwortliche aus dem Umfeld des FC Augsburg. Sie melden sich, bieten ihre Hilfe an. R. lobt ausdrücklich das Verhalten des FCA, der ihn und seine Freunde nicht nur zu einem Heimspiel einladen wolle, sondern ihm darüber hinaus ärztliche Hilfe von Experten anbot. Außerdem melden sich Augsburger Fangruppen, die die drei Freunde bei Auswärtsfahrten mitnehmen könnten.
Parallel dazu laufen die Ermittlungen der Polizei wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Raubes. Unmittelbar nach der Tat hatten Zivilstreifen mehrere Verdächtige aufgegriffen. R. wird im Laufe der Woche nochmals als Zeuge aussagen, anhand von Bildern soll er mögliche Täter identifizieren.
Trotz der schlechten Erfahrungen am Rande des Spiels in Darmstadt hegt R. keinen allgemeinen Groll gegen Fußballfans. Der 38-Jährige könnte sich durchaus vorstellen, einmal ein Spiel zu besuchen.
Der Überfall in Darmstadt reihte sich in die jüngsten, besorgniserregenden Entwicklungen ein. In Dortmund und Berlin gab es am Rande von Bundesligapartien Randale. Als eine Reaktion verstärkte der FCA vor dem Heimspiel gegen Leipzig seine Sicherheitsvorkehrungen.