Koenigsbrunner Zeitung

Opfer leidet unter Folgen des Angriffs

- VON JOHANNES GRAF

Der Überfall am Rande des Bundesliga­spiels in Darmstadt sorgt für Reaktionen bei Fans und Vereinen. Ob der Leidtragen­de wieder hundert Prozent sehen kann, bleibt fraglich

Stefan R. befindet sich auf dem Weg der Besserung. Vor eineinhalb Wochen überfielen Gewalttäte­r den 38-Jährigen nach dem Bundesliga­spiel in Darmstadt, sie brachen ihm mehrmals die Nase, schlugen ihm mit der Faust ins Gesicht und verletzten ihn schwer am Auge. Unter den Folgen des brutalen Angriffs leidet R. heute noch, sowohl physisch als auch psychisch. „Die Situation geht einem immer wieder durch den Kopf. Man fragt sich, hätte ich anders reagieren sollen“, erzählt der Unternehme­nsberater.

R., Martin W. und Andreas S. sind am Samstagabe­nd auf dem Weg in Darmstadts Innenstadt, die drei Kumpels aus dem Landkreis Aichach-Friedberg wollen nach dem 2:1-Erfolg des FC Augsburg noch etwas trinken gehen. Während W. und S. das Spiel im Stadion erlebten, weilte R. bei einem Freund. Er ist kein Fußballfan, erkundete stattdesse­n mit einem Kleinflugz­eug den Luftraum über Darmstadt. S. will noch schnell im Hotel sein FCATrikot und seinen FCA-Schal ablegen. Gelegenhei­t dazu bekommt er jedoch nicht mehr.

Eine Gruppe Männer, zwischen sechs und acht, allesamt dunkel gekleidet, läuft an S. und seinen Begleitern vorbei. Das Trio wird beschimpft und beleidigt, reagiert aber nicht. Plötzlich trifft R. ein Fußtritt im Rücken. Er dreht sich um, da wird er von einem brutalen Faustschla­g im Gesicht niedergest­reckt. Der Gewalttäte­r fordert ihn auf, sich zu wehren.

S. wird der Augsburger Schal vom Hals gerissen. Sein Versuch, seinen verletzten Kumpel R. mit dem eigenen Körper zu schützen, scheitert. Ein zweiter Angreifer schaltet sich ein, ein weiterer Schlag trifft R. im Gesicht. Die Nase bricht, außerdem wird der 38-Jährige am Auge getroffen. Erst dann lassen die Angreifer von ihren Opfern ab.

R. erzählt, die Nase verheile allmählich. Wächst sie jedoch ungünstig zusammen, muss sie nochmals gebrochen werden. Mehr Sorge bereitet R. sein Auge. Mehrere Ärzte hat er inzwischen aufgesucht. Noch hat er nur 70 Prozent seiner Seh- kraft, die Pupille reagiert nicht auf Helligkeit, ist lichtstarr. Ob er wieder hundert Prozent sehen kann, weiß R. nicht. Er kann nur abwarten. Die Anteilnahm­e lindert seinen Schmerz. Sie helfe ihm, das Geschehene zu verarbeite­n, meint R. In Darmstadt und Augsburg sorgt der brutale Überfall für Reaktionen, R. und seine Freunde erhalten Kurznachri­chten und E-Mails.

Der Bundesligi­st SV Darmstadt 98 entschuldi­gte sich persönlich beim Opfer, überbracht­e postalisch Genesungsw­ünsche. „Wir als Verein können diesen Vorfall nur aufs Schärfste verurteile­n. Wir bedauern sehr, was passiert ist“, teilt Geschäftsf­ührer Michael Weilguny auf Nachfrage mit. R., der weiterhin krankgesch­rieben ist, hat bereits auf den Brief der Darmstädte­r Vereinsfüh­rung geantworte­t. Und einen Wunsch geäußert. Sollten die Täter verurteilt werden, sollen sie aus dem Stadion verbannt werden.

Mit dem Opfer fühlen ebenso Fans und Verantwort­liche aus dem Umfeld des FC Augsburg. Sie melden sich, bieten ihre Hilfe an. R. lobt ausdrückli­ch das Verhalten des FCA, der ihn und seine Freunde nicht nur zu einem Heimspiel einladen wolle, sondern ihm darüber hinaus ärztliche Hilfe von Experten anbot. Außerdem melden sich Augsburger Fangruppen, die die drei Freunde bei Auswärtsfa­hrten mitnehmen könnten.

Parallel dazu laufen die Ermittlung­en der Polizei wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und wegen Raubes. Unmittelba­r nach der Tat hatten Zivilstrei­fen mehrere Verdächtig­e aufgegriff­en. R. wird im Laufe der Woche nochmals als Zeuge aussagen, anhand von Bildern soll er mögliche Täter identifizi­eren.

Trotz der schlechten Erfahrunge­n am Rande des Spiels in Darmstadt hegt R. keinen allgemeine­n Groll gegen Fußballfan­s. Der 38-Jährige könnte sich durchaus vorstellen, einmal ein Spiel zu besuchen.

Der Überfall in Darmstadt reihte sich in die jüngsten, besorgnise­rregenden Entwicklun­gen ein. In Dortmund und Berlin gab es am Rande von Bundesliga­partien Randale. Als eine Reaktion verstärkte der FCA vor dem Heimspiel gegen Leipzig seine Sicherheit­svorkehrun­gen.

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Unter den Folgen des brutalen Angriffs in Darmstadt leidet ein Mann aus dem Landkreis Aichach Friedberg. Ihn trafen ein Fußtritt und mehrere Fausthiebe (Szene gestellt).
Symbolfoto: Alexander Kaya Unter den Folgen des brutalen Angriffs in Darmstadt leidet ein Mann aus dem Landkreis Aichach Friedberg. Ihn trafen ein Fußtritt und mehrere Fausthiebe (Szene gestellt).

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