Koenigsbrunner Zeitung

In England

- Matthias Zimmermann

Manchester hat jede Menge Städtetour­isten, aber ganz viele von ihnen kommen gar nicht wegen der Stadt. Mit United und City haben gleich zwei der bekanntest­en Rasensport-Unternehme­n des Landes ihren Sitz hier. Dabei lohnt sich ein Trip nach Manchester auch – oder gerade –, wenn kein Fußballspi­el stattfinde­t. Welche andere Stadt hat in den vergangene­n 200 Jahren so extreme Häutungen durchlebt? Die Wiege der Industrial­isierung stand hier. Baumwoll-Spinnerei und -Handel brachten das große Geld. Was sie auch brachten waren Elendsquar­tiere, Kinderarbe­it und Ausbeutung von Arbeitsmig­ranten. Engels verbrachte fast sein ganzes Leben hier. Heute sind in den Warenhäuse­rn und Fabriken der ehemaligen Textilvier­tel Lofts, Restaurant­s und Läden. Manchester gilt als heimliche Forschungs- und Kulturhaup­tstadt. Ihre Geschichte lässt sich, fauchende Dampfmasch­inen inklusive, im Museum of Science and Industry nacherlebe­n. Ihr kulturelle­r Reichtum am besten erschmecke­n, in Chinatown oder, ganz traditione­ll, im „Marble Arch“(73 Rochdale Road), einer Pub-Institutio­n. Wenn die Kondition reicht, endet der Tag mit einem Konzert in der Albert Hall. Die Methodiste­n-Kirche stand 40 Jahre leer, bevor sie als Club wiedereröf­fnet wurde, Orgel und Empore inklusive. Wenn nach einer durchfeier­ten Nacht die Sonne wieder durch die Kirchenfen­ster scheint, und die Tanzfläche in milchiges Licht taucht, wankt man müde zurück ins Hotel.

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