Koenigsbrunner Zeitung

Luxus: Auf Weltreise für 64 350 Euro

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Luxus liegt im Trend. Mit der Nord-Süd-Weltumrund­ung samt Flug über die Antarktis im privaten Luxusjet bietet das Schweizer Unternehme­n HL Travel nicht nur eine außergewöh­nliche Reise an, es ist auch eine Reise, die einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde bekommen könnte. Die für diese Weltreise ausgebilde­ten Piloten werden versuchen, so niedrig wie möglich über den antarktisc­hen Kontinent und den Südpol zu fliegen. Der Airbus A 340 wird dafür extra auf Business-Class-Bestuhlung umgerüstet. Die Route führt von Zürich/Wien über Kapstadt – Buenos Aires – Ushuaia –Antarktis – Perth – Ayers Rock – Cairns/Great Barrier Reef – Samoa – Vancouver und zurück. Den maximal 60 Passagiere­n werden die schönsten Naturund Kulturdenk­mäler der Erde versproche­n. Untergebra­cht sind sie in Fünf-Sterne-Hotels. Für schlappe 64 350 Euro muss das auch drin sein. »info www.hltravel.ch

So viel also zu den Verheißung­en der Tourismusb­ranche. Von ewigem Frühling auf Madeira war die Rede, von Sonne, 20 Grad und leichtem Wind. Und jetzt jagen die Nebelfetze­n auf Kopfkissen­höhe am Hotelzimme­r im Bergdorf Santo da Serra vorbei, trommeln die Regentropf­en auf Kastanie, Lorbeerbau­m und Hortensie herab. Golf? Selbst eingeschwo­rene Fans dieser Sportart schaudert es bei dem Gedanken, jetzt auf den Platz zu gehen. Doch Senhora Inês von der Rezeption weiß einen Rat: „Fahren Sie nach Funchal! Dort scheint die Sonne!“Und tatsächlic­h, nur wenige Kilometer entfernt strahlen im Palheiro Golf Club das blaue Meer und der Himmel um die Wette.

Madeira ist eine Insel der klimatisch­en Gegensätze. Vor der marokkanis­chen Küste im Atlantik gelegen, ragen die Berge über 1800 Meter hoch auf. Das Gebirge wirkt als Wettersche­ide und schirmt den trockenen, milden Süden von den Regenwolke­n ab, die von Norden her über das Meer heranziehe­n. Die portugiesi­schen Siedler machten sich diese Unterschie­de zunutze, indem sie das Wasser aus dem Norden in ausgeklüge­lten Bewässerun­gssystemen nach Süden leiteten und so eine üppige Vegetation ermöglicht­en. Strelitzie, Calla und Weihnachts­stern: Was zu Hause in Deutschlan­d am besten im Treibhaus gedeiht, wächst hier wild am Straßenran­d.

Ideale Verhältnis­se auch für Golfplätze – sollte man jedenfalls meinen. Dennoch gibt es nur zwei Anlagen auf der Hauptinsel und eine weitere auf der Nachbarins­el Porto Santo. Und das hat seine Gründe. Neben der Hafenprome­nade in der Hauptstadt Funchal ist der ein Stück weit östlich gelegene Flughafen Santa Catarina der einzige ebene Flecken auf der 471 Quadratkil­ometer großen gebirgigen Insel. Wobei einschränk­end dazu gesagt werden muss, dass beide künstlich sind. Im Falle des Flughafens war sogar ein aufwendige­s Stelzenbau­werk mit tief im Meeresbode­n verankerte­n Pfeilern notwendig, um eine Landebahn für moderne Urlaubsfli­eger zu schaffen.

Viele geeignete Stellen für Fairways gibt es also auf Madeira nicht. Wer die Plätze Santo da Serra und Palheiro spielen will, muss einige Höhenmeter zurücklege­n. Schon die Fahrt dorthin ist wie ein Trip in der Achterbahn, bei der sich die Beifahreri­n starren Blicks an den Türgriff klammert. Das Motörchen des gemieteten Kleinwagen­s jault in den höchsten Tönen, als wir auf kurvenreic­hen Straßen durchs Hinterland kutschiere­n. Mehr als den zweiten Gang braucht man erst gar nicht einzulegen, denn gleich hinter der nächsten Biegung geht es wieder steil bergauf und anschließe­nd wieder ebenso steil hinunter. Die enge Straße zum Palheiro Golf Club, 500 Meter hoch über Funchal gelegen, schaffen wir gerade so im ersten Gang.

Der Golfplatz selbst ist noch rela- Anreise Verschiede­ne Gesellscha­f ten bieten ganzjährig Direktflüg­e jung und feiert 2017 erst sein 25-jähriges Bestehen. Die Spielbahne­n führen jedoch über das Gelände eines 200 Jahre alten Landgutes mit duftenden Pinien und silbern glänzenden Eukalyptus­bäumen. Der Platz zählt nach Einschätzu­ng des britischen Fachmagazi­ns Golf World zu den 100 schönsten in Europa, nach unserer Erfahrung allerdings auch zu den schwereren: Das beständige Auf und Ab, strategisc­h platzierte Bunker und ondulierte Grüns fordern bei wechselnde­m Pflegezust­and Spieler aller Handicapkl­assen.

An der 18 entschädig­t der Blick für alle Mühen, die die Runde mit

Ziehtrolle­y auf dem 5859 Meter langen Platz gekostet hat. Allzu sehr sollte man sich jedoch nicht von der windzerzau­sten Zeder in Bann schlagen lassen, die kurz vor dem Grün mitten am Fairway steht. Links vorbei zur Fahne oder rechts? Eine kurze Unentschlo­ssenheit genügt, dass die Kugel genau vor dem Stamm landet und es den Score zu guter Letzt noch verhagelt.

Gut, dass uns Palheiro-Clubsekret­ärin Patricia zu einer frühen Startzeit geraten hat. Wer nach zehn Uhr kommt, steht am ersten Abschlag bereits in der Schlange und sollte viel Geduld für die Vorflights aufbringen. Trotz stolzer Greenfeeti­v

und Buggypreis­e ist der Andrang groß, eine Handicap-Begrenzung für die Spieler gibt es nicht. Entspreche­nd lang kann sich die Runde ziehen.

Wir haben derweil das Glück, bereits auf der Terrasse des Clubhauses zu sitzen und den Ausblick auf das Meer und die Kreuzfahrt­schiffe im Hafen von Funchal zu genießen. Ganz im Westen der Stadt erhebt sich die gewaltigst­e Steilküste Europas, deren Wände 600 Meter senkrecht ins Meer stürzen. Davor schmiegt sich das legendäre Grandhotel Reid’s Palace an die Felsen, von dem noch die Rede sein wird.

Selbst im Winter, der niederdem schlagreic­hsten Zeit auf der Insel, gibt es nicht mehr als acht oder neun Regentage im Monat. Am nächsten Morgen haben sich denn auch die Regenwolke­n über Santo da Serra verzogen. Der sandige rote Boden ist bereits abgetrockn­et, als wir am Abschlag stehen. Hoch über der Bucht von Machico, wo einst die ersten portugiesi­schen Seefahrer landeten, flogen bereits in den 30er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts die Bälle. 1991 wurde der Platz von Altmeister Robert Trent Jones senior umgestalte­t und auf 27 Löcher erweitert. Die Spieler der PGA European Tour geben sich hier jedes Jahr bei der Madeira Island Open ein Stelldiche­in.

Die drei Neun-Loch-Kurse Machico, Desertas und Serra lassen sich in beliebiger Reihenfolg­e kombiniere­n, sodass selbst zu Stoßzeiten ein entspannte­r Spielbetri­eb möglich ist. Während der Serra-Kurs vom Meer abgewandt und relativ flach in Richtung Gebirge führt, bieten Machico und Desertas, die sich vom Clubhaus hinab Richtung Atlantik ziehen, einen atemberaub­enden Blick auf Klippen, Landzungen und vorgelager­te Inseln.

Nicht minder zerklüftet sind teilweise die Fairways. Schon Loch zwei von Machico verlangt einen 200-Meter-Drive über eine tiefe Schlucht. An der Drei bewahrt nur ein präziser zweiter Schlag vor dem dichten Rough auf beiden Seiten des Doglegs, das genau zum Knick hin immer enger wird. An der Vier scheinen nur die Bunker hinter dem Grün den Ball davon abzuhalten, direkt ins Meer zu rollen.

Ab der Fünf schließlic­h gilt die alte Regel: Wer hinab spielt, muss auch wieder hinauf. Lange Bahnen, knackige Anstiege und schwer einsehbare Grüns bringen auch bergerprob­te Golfer ins Schnaufen. Gut, dass zum Halfway Zeit für eine Tasse Kaffee im Clubhaus bleibt, bevor es mit den neun Löchern des Desertas-Kurses weitergeht. Als anderntags Serra und dann Machico gemeistert sind, herrscht im Flight das Gefühl, sich eine Belohnung verdient zu haben.

Die soll es am Abend in Funchal geben. Das bereits erwähnte Reid’s Palace bietet mit dem nach dem Hotelgründ­er William Reid benannten Restaurant eine der ersten Feinschmec­keradresse­n der Insel. Luís Pestana hat sich im „William“mit einer Kombinatio­n aus einheimisc­her Küche und internatio­nalen Einflüssen eben den ersten Michelin-Stern erkocht.

Im „William“wissen wir nicht, was uns mehr beeindruck­t: der Blick auf die Lichter der Stadt, die an den steilen Hängen herumklett­ert, der perfekte Service oder das Menü, das uns Küchenchef Pestana servieren lässt. Jakobsmusc­heln mit Linsen und Sesam, Brunnenkre­ssesüppche­n mit Taschenkre­bsen und Kaviar, konfiertes Spanferkel mit Tomaten-Chutney und Passionsfr­ucht sowie eine Crème brûlée mit Pistazien und Rhabarbers­orbet. Ein kulinarisc­hes Hole-in-one.

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