Koenigsbrunner Zeitung

Wo Frauen Hilfe finden

Soziales Der Treffpunkt Lea in Oberhausen liegt versteckt, ist für die Besucherin­nen aber zu einer wichtigen Adresse geworden. Hier gibt es mehr als nur eine warme Mahlzeit, saubere Kleider und eine Dusche

- VON ANDREA BAUMANN

Die Räume in der Nähe der Oberhauser Wertachbrü­cke bei der Kirche St. Joseph sind nicht leicht zu finden. Doch wer es einmal in die Neuhoferst­raße 1 geschafft hat, kommt meist immer wieder: Ordensschw­ester Elisabeth Mack hat hier eine Begegnungs­möglichkei­t geschaffen für Frauen in Not, mit wenigen Kontakten und teilweise auch ohne festen Wohnsitz.

Als Verantwort­liche für die Straßensee­lsorge in der Pfarreieng­emeinschaf­t Oberhausen/Bärenkelle­r hat die Franziskan­erinnen schon vor Jahren festgestel­lt, dass Frauen in dieser Situation einen besonderen Schutzraum brauchen. Sie rief deshalb einen Treffpunkt ins Leben, der nach zwei Übergangsq­uartieren nun einen festen Ort in einem Haus der Diözese gefunden hat. Hier bekommen die Besucherin­nen Frühstück und ein warmes Mittagesse­n – zubereitet von Ehrenamtli­chen. Der Speiseplan orientiert sich meist am Angebot der Augsburger Tafel.

Sina hat zwar eine eigene Wohnung, doch sie hält sich mindestens drei Mal die Woche in den mit Secondhand-Möbeln ausgestatt­eten Räumen auf. „Ich bin alleinsteh­end ohne Mann, Kind und Haustier“, sagt sie, während sie einen Obstsalat löffelt. Die Gespräche an dem großen Tisch tun der Frau mittleren Alters sichtlich gut, denn mit der Einsamkeit kommt sie nicht gut klar. „Ohne Struktur und Ansprache geht der Mensch zugrunde.“

Schwester Elisabeth ist es aber nicht nur wichtig, den Klientinne­n an maximal vier Stunden pro Werktag durch Gespräche und Mahlzeiten Struktur zu geben. Seit einiger Zeit wird die Seelsorger­in an zwei Tagen von Caritas-Mitarbeite­rin Bettina Reckerth unterstütz­t. „Es fällt sehr viel Sozialarbe­it an, die ich allein nicht hätte leisten können.“

Denn die Biografien der Besucherin­nen unterschie­dlicher Nationali- weisen viele Ecken und Kanten auf – seien es Schulden, psychische Krankheite­n, Gewalterfa­hrungen oder Gefängnisa­ufenthalte. Reckert macht sich mit den Frauen an die Problemlös­ung, aber nicht im Hauruck-Verfahren. Ganz wichtig sei es, erst einmal zuzuhören und Vertrauen aufzubauen. Und zwar nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Dazu zählt, dass sich alle duzen. Auch die Frau, die an diesem Mittag vorbeikomm­t, stellt sich gleich mit ihrem Vornamen vor. Was sie nicht am runden Tisch sagt, hat Schwester Elisabeth beim ersten Besuch am Tag zuvor unter vier Au- gen erfahren: Die Frau hat keinen festen Wohnsitz, sondern übernachte­t im Freien. „Die Bahnhofsmi­ssion hat sie zu uns geschickt.“Die Möglichkei­t, sich zu duschen und ihre Wäsche zu waschen, nimmt die Obdachlose dankbar an. Freilich wäre es unser oberstes Ziel, sie von der Straße wegzubring­en, sagt Schwester Elisabeth. Doch so etwas gehe nicht von heute auf morgen, auch wenn der Treffpunkt gut mit Hilfs-und Beratungso­rganisatio­nen sowie Unterkünft­en vernetzt sei.

Der Blick der Franziskan­erin schweift zu der bunten Collage an der Wand, die von den Besucherin­tät nen selbst gefertigt wurde: „Damit haben wir Lea Ackermann kürzlich zum 80. Geburtstag gratuliert.“Die Ordensfrau und Begründeri­n der Frauenhilf­sorganisat­ion Solwodi gab vor einigen Jahren ihr Einverstän­dnis, den Treffpunkt nach ihr zu benennen. „Vielleicht kommt sie einmal zu uns“, wünscht sich Stammgast Sina. Nicht nur auf der Collage und einigen anderen Kunstwerke­n könnte Ackermann dann entdecken, welche Talente in dem Frauentref­fpunkt Lea geweckt werden. Auch in dem kleinen Garten legen die Besucherin­nen gerne Hand an. So ist es der Frau ohne festen Wohnsitz zu verdanken, dass in den nächsten Wochen die Frühlingsb­lumen besonders gut zur Geltung kommen. Sie kommt zur Freude von Elisabeth Mack und Bettina Reckerth jetzt regelmäßig vorbei. Geöffnet ist der Frauentref­fpunkt montags bis freitags von 10 bis 14 Uhr. Für die Besucherin­nen fallen keine Kosten an. Das Angebot wird von der Diözese und der Caritas finanziert. Wer Lea darü ber hinaus unterstütz­en möchte oder nähere Auskünfte wünscht, kann sich an Bettina Reckerth unter Telefon 0821/57048 38 oder Elisabeth Mack un ter 0821/41902512 wenden.

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Fotos: Michael Hochgemuth Im Frauentref­fpunkt Lea gibt es auch eine kleine „Kleiderkam­mer“. Hier können sich die Besucherin­nen bei Bedarf eindecken.
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Elisabeth Mack

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