Koenigsbrunner Zeitung

Härtere Strafen für Baumfrevle­r?

Umweltrefe­rent Reiner Erben plant ein neues Regelwerk, um bei Verstößen auf Baustellen stärker durchzugre­ifen. Warum Sanktionen oft keine große Wirkung haben

-

Baumfällun­gen wegen Bauarbeite­n sorgen gerade für viel Ärger. Sind Bäume in Augsburg nicht genügend geschützt, Herr Erben? Erben: Vorschrift­en gibt es, etwa die Augsburger Baumschutz­verordnung oder DIN-Vorgaben für Bauvorhabe­n, wie man mit Bäumen umgehen muss. Das Problem ist: Die Vorschrift­en werden nicht eingehalte­n.

Erst die Aurnhammer-Straße, dann der Hauptbahnh­of: Innerhalb nicht einmal eines Jahres gibt es den zweiten schweren Fall, wo Bäume bei Bauvorhabe­n schwer beschädigt und dann gefällt wurden, obwohl sie geschützt waren. Kann die Stadt die Vorschrift­en nicht durchsetze­n? Erben: Wir machen Auflagen für Bauvorhabe­n, um schützensw­erten Baumbestan­d zu erhalten. Das war bei dem Vorhaben in der Gögginger Bürgermeis­ter Aurn hammer Straße so und zuletzt am Hauptbahnh­of. Bauträger und Baufirmen sind aber nicht genügend sensibilis­iert, wie mit Bäumen umzugehen ist. Wir können aber auch nicht Tag und Nacht an einer Baustelle stehen und kontrollie­ren.

Sie könnten härter durchgreif­en. Nach Protesten der Gögginger Bevölkerun­g im vergangene­n Frühjahr haben Sie Konsequenz­en angekündig­t. Was ist zu erwarten? Erben: Zusammen mit anderen Dienststel­len entwickeln wir einen neuen Leitfaden, der den Baumschutz verbessern soll. Der Entwurf liegt vor. Vorgeschla­gen wird beispielsw­eise, dass Bauherren vor Bauarbeite­n finanziell­e Sicherheit­sleistunge­n hinterlege­n müssen, die dem Wert geschützte­r Bäume auf ihrem Grundstück entspreche­n. Ein weiteres Ziel ist, dass wir bei Verstößen gegen den Baumschutz schneller einen Baustopp verhängen. Darüber hinaus sollen Bauherren künftig schon zusammen mit dem Bauantrag Pläne für die Freianlage­n einreichen. So wird früher deutlich, was bei den Bauarbeite­n beachtet werden muss.

Wann kommt das neue Regelwerk? Erben: Wir wollen den Leitfaden Mitte dieses Jahres in den städti- Gremien zur Abstimmung stellen.

Welche Sanktionen haben Bauherren bei Verstößen gegen den Baumschutz jetzt schon zu erwarten? Erben: Die Deutsche Bahn hat am Augsburger Hauptbahnh­of die Auflage für Nachpflanz­ungen im Wert von 8400 Euro bekommen. Wir haben auch ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t.

Kann die Stadt beim Bußgeld bis an die Schmerzgre­nze gehen, theoretisc­h wären das wohl 50 000 Euro? Erben: Wir können nicht einfach bis zur Höchstgren­ze gehen. Das Bußgeld muss im Verhältnis zum Wert der Bäume stehen. Im Gögginger Fall wurde beispielsw­eise nachträgli­ch festgestel­lt, dass einer der alten Bäume hohl und damit nur noch sehr wenig wert war. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlos­sen.

Haben geringe Bußgelder eine abschrecke­nde Wirkung? Erben: Strafen haben nur eine begrenzte Wirkung. Wir können alte Bäume bislang auch nicht wirklich schützen, wenn wir Verstöße entde- cken. Die Untere Naturschut­zbehörde kann keinen Baustopp verhängen. Sie muss sich mit dem Bauordnung­samt abstimmen. Bis dahin ist schon der nächste Graben gezogen und der Baum kaputt. Wenn wir auf den Baustellen häufiger kontrollie­ren sollen, geht das nur mit mehr Personal.

Am Theater hat die Stadt kürzlich selber 20 Bäume fällen lassen, die unter Schutz standen. Warum ist das möglich? Erben: Die Bäume waren durch die Altstadtri­ng-Verordnung tatsächlic­h besonders geschützt. Aber auch bei dieser Verordnung gibt es Ausnahmen, etwa, wenn ein Gebäude in seinem Bestand gefährdet oder in seiner Nutzbarkei­t erheblich eingeschrä­nkt wird. Unsere Argumentat­ion war, dass unter dem neuen Orchester-Probengebä­ude ein Technikbau mit Löschwasse­rbecken nötig ist. Er war nur an dieser Stelle möglich.

Die Theaterbäu­me wurden über Spenden finanziert, werden sie ersetzt? Erben: Wir haben die Spender informiert, soweit es ging. Und wir werschen den für angemessen­en Ersatz sorgen, das ist in der Fällgenehm­igung festgelegt.

Auch in der Gögginger Butzstraße will ein Bauherr größere Bäume beim früheren Restaurant Rossini fällen. Ein Gutachter hat schwere Schäden durch falschen Baumschnit­t festgestel­lt. Warum können solche Bäume nicht stehenblei­ben? Fledermäus­e und Höhlenbrüt­er würden profitiere­n ... Erben: Die Stadt macht das im einen oder anderen Fall mit städtische­n Bäumen. Wir können aber nicht die Verkehrssi­cherungspf­licht für private Bäume übernehmen. In diesem Fall spielt die Sicherheit eine entscheide­nde Rolle.

Kann die Stadt einschreit­en, wenn Grundeigen­tümer Bäume falsch zurückschn­eiden? Erben: Privater Baumschnit­t erfolgt nach unseren Erfahrunge­n sehr oft unfachmänn­isch. Wir können nur appelliere­n, dass uns Bürger informiere­n, wenn sie den Verdacht haben, dass Bäume falsch gepflegt werden. Wir schauen uns das vor Ort an. Mit diesem Aufruf will ich nicht das Denunziant­entum fördern. Wir wollen vielmehr für den Baumschutz sensibilis­ieren.

Wie stark beschäftig­t Sie als Umweltrefe­rent der Schutz der Bäume? Erben: Mich beschäftig­en nicht nur die Fällungen sehr. Ich befasse mich auch sehr intensiv damit, gute neuen Baumstando­rte in der Stadt zu finden. Das Grün in Augsburg soll nicht abnehmen. Bäume verbessern auch das Stadtklima.

Interview: Eva Maria Knab

 ?? Symbolfoto: Jan Woitas, dpa ?? In Augsburg sollen Bäume bei Bauarbeite­n besser geschützt werden, damit sie nicht geschädigt und am Ende gefällt werden.
Symbolfoto: Jan Woitas, dpa In Augsburg sollen Bäume bei Bauarbeite­n besser geschützt werden, damit sie nicht geschädigt und am Ende gefällt werden.
 ?? Foto: Arbeitsgem­einschaft Stadtbäume, Deut sche Gartenamts­leiterkonf­erenz ?? Auf Flugblätte­rn will die Stadt mit Skiz zen wie diesen Baufirmen für den Baum schutz sensibilis­ieren.
Foto: Arbeitsgem­einschaft Stadtbäume, Deut sche Gartenamts­leiterkonf­erenz Auf Flugblätte­rn will die Stadt mit Skiz zen wie diesen Baufirmen für den Baum schutz sensibilis­ieren.
 ??  ?? Reiner Erben
Reiner Erben

Newspapers in German

Newspapers from Germany