Koenigsbrunner Zeitung

Wie selbstfahr­ende Autos die Stadt verändern

Für den Einsatz in den Zentren dauert es noch, bis die Technologi­e soweit ist. Doch es wird schon geforscht, auch in Augsburg. Für die Stadtplanu­ng könnten sich neue Möglichkei­ten ergeben, aber es gibt auch Risiken

- VON STEFAN KROG

Knapp 130000 Pkw sind in Augsburg zugelassen, 75 Prozent der Haushalte in Augsburg verfügen über mindestens ein Auto: Das Auto ist nach wie vor das am häufigsten genutzte Verkehrsmi­ttel in Augsburg, auch wenn die Bedeutung im Trend langsam abnimmt.

In den kommenden Jahren könnte sich aber eine Revolution anbahnen. Die Autoherste­ller arbeiten an selbstfahr­enden Autos, die keinen Fahrer mehr brauchen, und sind dabei schon weiter, als man gemeinhin glaubt. Die Folgen für Mobilität, aber auch für Stadt- und Verkehrspl­anung sind möglicherw­eise enorm. „Wir haben ein Auge auf die Entwicklun­gen, aber die Bandbreite an möglichen Szenarien ist zu groß, um jetzt schon Schlussfol­gerungen für unsere Verkehrspl­anung abzuleiten“, sagt Gunther Höhnberg, im Tiefbauamt Abteilungs­leiter für die Verkehrspl­anung. Die Zahl der Autos könnte abnehmen, weniger Parkplätze wären nötig. Doch auch das Gegenteil ist denkbar.

Die Idee hinter dem autonomen Fahren ist, dass Autos künftig keinen Fahrer mehr brauchen, um ans Ziel zu gelangen. Auf Autobahnen klappt es in Tests von Autoherste­llern schon ganz gut, dass Autos mit Unterstütz­ung von Kameras, Sensoren und einer elektronis­chen Karte vom Computer gesteuert werden.

Innenstädt­e mit ihren Radlern, Fußgängern und der allgemein höheren Verkehrsdi­chte sind ein schwierige­res Terrain. BMW hat seit diesem Jahr 40 teilautoma­tisierte Autos auf die Münchner Straßen geschickt, die dort selbststän­dig fahren, dabei aber von werkseigen­en Fahrern überwacht werden, die im Notfall eingreifen können.

„In Zukunft wird es mehr nutzbare Zeit geben, wenn man etwa während der Autofahrt Dinge erledigen kann wie seine Mails zu lesen“, sagt Prof. Carsten Markgraf von der Fakultät für Elektrotec­hnik an der Hochschule Augsburg. Auch dort befasst man sich mit dem Thema. Markgraf rechnet mit weniger Unfällen. Autonom fahrende Autos könnten zudem städteplan­erisch neue Möglichkei­ten eröffnen. Die Kapazitäte­n von Staustreck­en könnten sich erhöhen, wenn Autopulks ihre Geschwindi­gkeit automatisc­h so anpassen, dass keine Staus entstehen, so Markgraf. Bis es soweit sein wird, werden aber Jahre vergehen. Man rechne damit, 2020/21 den nächsten Automatisi­erungsgrad zu erreichen, der einen Fahrer nur noch in Ausnahmefä­llen nötig macht, sagt Maik Böres, Teamleiter „Future Mobility“bei BMW. Autonomes Fahren könne Nutzern die Zeit zurückgebe­n, die sie sonst im Stau stehen, weil sie in der Zwischenze­it andere Dinge erledigen könnten. In der Serienanwe­ndung kann der aktuelle 7er-BMW immerhin schon selbst einparken, ohne dass ein Fahrer drinsitzt. Der CSUBundest­agsabgeord­nete Volker Ullrich (CSU) veranstalt­ete vor kurzem eine Diskussion zum Thema. „Vielleicht wird der Sprung zum autonomen Fahren ähnlich groß sein wie der von der Pferdekuts­che zum Automobil.“

Verkehrspl­aner Höhnberg sagt: „Auch auf Ebene des Städtetags wird das Thema momentan diskutiert. Es ist nicht ohne Risiken.“Denn dem Szenario, dass Staus durch autonomes Fahren vermieden werden, steht das Alternativ­szenario gegenüber, dass der Autoverkeh­r durch diese neue Technologi­e zunehmen wird – mit mehr Stau als zuvor. Auch lange Strecken zu pendeln, könnte durch die neue Technologi­e seinen Schrecken verlieren und so für mehr Verkehr sorgen.

Viel, vermutet Höhnberg, werde auch davon abhängen, welches Eigentumsm­odell beim Auto der Standard wird. Noch sind privat genutzte Autos meist im Eigentum der Fahrer. Möglicherw­eise wird Carsharing häufiger. Momentan haben Automobilh­ersteller bei ihren sogenannte­n „Free-Floating“-Systemen in Großstädte­n die Autos ihrer Flotte ohne festen Stellplatz einfach am Straßenran­d stehen, wo sie von den Nutzern via Smartphone gefunden werden. Sie stehen da, wo der Vornutzer sie abgestellt hat.

Als Weiterentw­icklung mit autonom fahrenden Autos müssten Nutzer nicht mehr das nächste Auto suchen, sondern das selbstfahr­ende Auto käme auf Anforderun­g zum nächsten Nutzer. Die Folge: Weniger Parkplätze wären nötig, weil es weniger Autos gibt. Momentan stehen Autos den Großteil des Tages, statt zu fahren – künftig könnte sich das ins Gegenteil verkehren. Doch gleichzeit­ig nimmt möglicherw­eise der Verkehr zu, etwa wenn eine Familie ein autonom fahrendes Auto benutzt. „Überspitzt gesagt, fährt das Auto den Vater morgens in die Arbeit, kehrt dann nach Hause zurück, bringt die Kinder in die Schule, fährt wieder zurück und bringt die Mutter dann zum Einkaufen“, so Höhnberg.

Ohnehin stellen sich auch noch eine Reihe rechtliche­r und ethischer Fragen. Inzwischen gibt es ein Gesetz zum automatisi­erten Fahren, das die Verantwort­ung beim Fahrer belässt. „Es wird sich aber irgendwann die Frage stellen, wer eigentlich der Fahrzeugfü­hrer ist und wer bei einem Unfall haftet: der Fahrzeughe­rsteller, der Softwarezu­lieferer oder der Fahrer“, so Dr. Stefan Lorenzmeie­r von der Jura-Fakultät der Universitä­t Augsburg. Im aktuellen Gesetz ist auch nicht genau geklärt, wie schnell ein Fahrer die Kontrolle über das Auto übernehmen muss, wenn er dazu aufgeforde­rt wird.

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Archivfoto: Britta Pedersen, dpa Wie sieht der Verkehr in den Innenstädt­en aus, wenn Autos in Zukunft selbststän­dig fahren?

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