Die Wassertürme werden zum Klassenzimmer
Studenten erarbeiten eine Aufgabensammlung, die Schülern die historische Wasserwirtschaft näher bringen soll
Das Augsburger Unesco-Welterbethema ist in den Schulen angekommen. Prof. Andrea Richter vom Lehrstuhl für Pädagogik der Universität Augsburg hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit ihren Studenten eine Aufgabensammlung erarbeitet, die Schülern anhand einer Exkursion zu den Wassertürmen und einer Vor- und Nachbearbeitung in den Schulen die historische Wasserwirtschaft der Stadt näher bringt. Die Wassertürme an der Spitalgasse werden somit zum außerschulischen Lernort.
In Kooperation mit der Stadt Augsburg konnten zunächst 500 Arbeitsbücher gedruckt werden, die nun an Lehrer verteilt werden, die Schüler in der Sekundarstufe an Augsburger Mittel- und Realschulen unterrichten. Darin wird die Arbeit eines Wasserträgers erklärt, die Anleitung zum Nachbau eines Wasserrads gegeben oder auch das eine oder andere Experiment vorgeschlagen: etwa, wie das Wasser den Berg hinauf kommt. Dafür benötigt die Klasse gerade einmal einen Schlauch, zwei Plastikflaschen und Wasser. Des Rätsels Lösung: Der Wasserspiegel im nachgestellten Turm muss gleich hoch sein, wie der Wasseranschluss zum höchst gelegenen Haus.
Die Studenten haben gemeinsam mit Prof. Andrea Richter übersichtliches und ansprechendes Arbeitsmaterial erarbeitet. Eine themenbezogene Doppelseite besteht jeweils aus einem Arbeitsblatt für Lernende als Kopiervorlage sowie einem Sach- und Informationsteil für die Lehrkräfte. „Wir haben 80 Entwürfe erarbeitet. Das Best-of, also die 30 besten Aufgaben, haben es in die Sammlung geschafft“, sagt Richter. Das Exkursions- und Unterrichtsmaterial wurde von ihr und ihren Studenten auch zusätzlich in der Praxis erprobt.
„Wir haben Schüler der Kapellenschule in Oberhausen, der Maria-Stern-Realschule in Göggingen und der Assisi-Schule in Haunstetten besucht und waren mit ihnen in den Wassertürmen“, sagt die Projektleiterin. Da wurde schnell festgestellt, was ankommt und was nicht. Einige Schüler wurden auch dazu angeregt, einen eigenen Beitrag für die Aufgabensammlung zu erarbeiten. Mädchen und Buben der Assisi-Schule haben einen Test für die akustische Wahrnehmung zusammengestellt. Dafür dürfen die eigenen Smartphones benutzt werden.
Mit ihnen kann ein QR-Code gescannt und so verschiedene Geräusche abgehört werden. Es werden nicht nur die Neuen Medien eingesetzt, sondern vor Ort auch die eigenen Hände. Mit dem „persönlichen Lineal“, der Fingerspanne zwischen Zeigefinger und Daumen, kann die Breite der Dielen in der Wohnung des Brunnenmeisters nachgemessen und erkundet werden, ob die Tonfliesen eher quadratisch oder rechteckig sind.
Den Studenten hat die Arbeit Spaß gemacht: „Viele kommen aus Augsburg und haben sich sehr für das Projekt engagiert. Schließlich geht es ja um die Unesco-WelterbeBewerbung“, sagt Prof. Richter.
Bildungsreferent Hermann Köhler sieht in der Aufgabensammlung ein „gelungenes Beispiel“, wie Lehrer und Schüler ihr gewohntes Umfeld verlassen, den Ort des Geschehens wechseln können und die Kinder geradezu zum Lernen „verführt“werden. Bildung ist eine Säule der Augsburger Unesco-Welterbe-Bewerbung. Über ihr Projekt sprach Prof. Andrea Richter am Dienstagabend im Maximilianmuseum. Die Veranstaltung war der Auftakt der Vortragsreihe „Wissen um Wasser“, die ab sofort an jedem ersten Dienstag eines Monats im Maximilianmuseum stattfindet.