Pflegehelfer missbraucht Frauen im Heim
Ein 44-jähriger Mitarbeiter einer Augsburger Einrichtung soll Seniorinnen begrapscht haben, die teils im Rollstuhl sitzen. Auch Kolleginnen berichten von Übergriffen. Was der Mann dazu sagt – und wie ein Prozess gegen ihn endete
Drei Bewohnerinnen haben in einem Pflegeheim für Senioren bittere und beschämende Erfahrungen gemacht. Ein Pflegehelfer hat die drei Frauen im Alter von 76, 77 und 84 Jahren, die teils behindert und auf den Rollstuhl und fremde Hilfe angewiesen sind, auf üble Weise sexuell missbraucht. Dafür muss der 44-Jährige, wenn ein Urteil rechtskräftig wird, für drei Jahre in den Knast. Im Prozess vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Ulrike Ebel-Scheufele legt Staatsanwältin Birgit Milzarek dem bärtigen Mann insgesamt 34 Fälle des „sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses“zur Last. In einer weiteren Anklage wirft sie ihm vor, kinder- und jugendpornografische Fotos und Videos auf seinem Handy und dem Tablet gespeichert zu haben.
Als die Übergriffe im Sommer 2016 ans Licht kamen, zeigten sich Heimleitung und das Personal „total geschockt“. Man hegte zunächst Zweifel, als sich eine 77-Jährige einer Pflegerin anvertraute. Die behinderte Seniorin erzählte, der Hilfspfleger habe nach dem Waschen ihre Brüste gegen ihren Willen in zahlreichen Fällen minutenlang massiert. Nach und nach meldeten sich zwei weitere Frauen, die von ähnlichen beschämenden Vorfällen berichteten. Eine 76-Jährige soll der Angeklagte eines Nachts auf der Toilette angegangen haben, er müsse ihre Brüste auf Knoten hin untersuchen. Dann habe er ihre Brüste ebenfalls massiert. Und eine 84-Jährige berichtete, der Mann habe sie völlig ohne Grund im Intimbereich eingecremt.
Der Angeklagte (Verteidiger: Marco Müller) bestreitet jegliche sexuellen Absichten, lamentiert, dass er zum Dank für seine gute Pflege nun in U-Haft sitze. Er habe seine Arbeit doch großartig gemacht. „Ich habe die Frauen so betreut, als ob sie Mütter wären“, sagt er. „Sie müssten mir dankbar sein für die Hilfe, die ich ihnen gegeben habe“. Die 77-Jährige habe er zwar gewaschen und mit Lotion eingecremt, ihre Brüste aber nie massiert, höchstens „Rötungen“unter dem Busen eingecremt. Dies sei zwar nicht seine Aufgabe als Pflegehelfer gewesen, solche Tätigkeiten habe das Heim aber von ihm verlangt. Die beiden anderen Frauen, so beteuerte der Angeklagte, habe er jeweils „nur gewaschen“. Er habe sexuell gar kein Interesse an solchen Dingen: „Mir fehlt es nicht an Frauen“. Die ermittelnde Kripobeamtin kam allerdings bei ihren Vernehmungen im Kollegenkreis zu einer anderen Erkenntnis. Sie stieß auf zwei Vorfälle mit sexuellem Hintergrund, die allerdings nicht angezeigt wurden. So hatte er, wie eine 27-jährige Pflegekraft im Zeugenstand bestätigt, ihr einmal an den Busen gegrabscht. Kolleginnen soll er auch „angemacht“haben.
Im Rollstuhl sitzend werden zwei der Opfer in den Gerichtssaal geschoben. Die 77-Jährige (Anwältin Marion Zech), die laut Anklage am häufigsten missbraucht wurde, bemeine schreibt dem Gericht genau, wie der Angeklagte sie an den Brüsten mit beiden Händen angefasst habe. Minutenlang habe er dort „rumgemacht“. „Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht will. Aber ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich hatte Angst, dass er mir was macht“, erklärt die Seniorin, warum sie über Monate hinweg geschwiegen hatte. Erst als sie ihr Zimmer gewechselt habe, habe sie sich einer Pflegerin anvertraut. Nun sei sie froh, „dass alles vorbei ist“. Die 84-jährige Seniorin schildert, wie der Angeklagte „sie unten eingecremt“habe. Das habe ihr nicht gepasst. Niemand habe das sonst gemacht. „Ich wollte, dass der Angeklagte nicht mehr zu mir kommt“, deshalb habe sie den Vorfall einer Pflegekraft erzählt. Das dritte Opfer ist derzeit psychisch offenbar nicht in der Lage, als Zeugin vor Gericht zu erscheinen. Auf die Aussage wurde verzichtet. Das Schöffengericht beschränkt die Anklagen letztlich auf 17 Fälle des sexuellen Missbrauchs, ist überzeugt, dass die Opfer die Wahrheit sagen, und verurteilt den Angeklagten – noch nicht rechtskräftig – zu drei Jahren Gefängnis.