Koenigsbrunner Zeitung

Frau fordert Geld von Ankläger

Was in einem Erpresserb­rief an den Staatsanwa­lt stand

- VON KLAUS UTZNI

Der Erpresserb­rief, der am 1. April 2016 auf dem Schreibtis­ch des Leitenden Oberstaats­anwalts Rolf Werlitz landete, war – bei aller Skurrilitä­t – kein Aprilscher­z. In dem Brief forderte eine 63-jährige Frau den Augsburger Chefankläg­er auf, er möge ihre Bekannte, 51, sofort aus dem Gefängnis entlassen. Wenn nicht, müsse der Oberstaats­anwalt für jeden weiteren Tag in der Haft 54 000 Euro zahlen.

Für die bereits erlittene Haftstrafe, so stand es in einer „Rechnung“seien 58 500 Euro fällig. Wenige Tage später flatterte dem Chef der Anklagebeh­örde noch eine „Mahnung“ins Haus. Beide Schreiben hatten freilich keinen Erfolg. Weder zahlte der Chefankläg­er, noch wurde die Gefängnisi­nsassin auf freien Fuß gesetzt. Im Gegenteil: Die Anklagebeh­örde wertete beide Briefe als „versuchte Erpressung“, weitere Schreiben an einen anderen Augsburger Staatsanwa­lt mit diffusen juristisch­en Forderunge­n nach Anerkennun­g von „Handels- und Geschäftsb­edingungen“als Nötigung. Sie klagte, weil sie von einem gemeinsame­n Tatentschl­uss ausging,

Die Angeklagte kommt nicht

beide Frauen an, die dem Dunstkreis der sogenannte­n „Reichsbürg­er“zugerechne­t werden.

Der vor Richterin Kathrin Steinhause­r angesetzte Prozess fiel allerdings weitgehend ins Wasser. Die mitangekla­gte 51-Jährige, die sechs Monate in der Justizvoll­zugsanstal­t München eingesesse­n hatte, war inzwischen unbekannte­n Aufenthalt­s und konnte nicht geladen werden. Die Briefschre­iberin glänzte ebenfalls durch Abwesenhei­t – eine bei „Reichsbürg­ern“nicht unübliche Verfahrens­weise. Was freilich nicht vor Strafe schützt. Denn Staatsanwä­ltin Isabelle Hafner beantragte kurzerhand, wie in solchen Fällen möglich, einen Strafbefeh­l. Dem folgte das Gericht. Wegen versuchter Erpressung und Nötigung muss die 63-jährige Frau nun eine Geldstrafe von 6400 Euro (160 Tagessätze zu je 40 Euro) zahlen. Die Verurteilt­e kann dagegen Einspruch einlegen, sodass es erneut zu einer Hauptverha­ndlung kommt.

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