Koenigsbrunner Zeitung

Hier findet Augsburgs Vergangenh­eit Platz

- VON MIRIAM ZISSLER

Das Archäologi­sche Zentraldep­ot in der ehemaligen Augsburger Kammgarnsp­innerei kann jetzt in Betrieb gehen. Auf einer Fläche von 4100 Quadratmet­ern kommen alle Fundstücke unter. Wie der Umzug abläuft

22 000 Kisten mit archäologi­schen Funden sind derzeit noch über das gesamte Stadtgebie­t verteilt – besser gesagt in zehn Depots eingelager­t. Damit ist jetzt Schluss: Gestern wurde das neue Archäologi­sche Zentraldep­ot in der ehemaligen Augsburger Kammgarnsp­innerei vorgestell­t. Auf rund 4100 Quadratmet­ern werden dort künftig alle Funde aus Augsburg Platz finden.

Für Sebastian Gairhos, Leiter der Stadtarchä­ologie, ist das ein „Quantenspr­ung“. Denn aufgrund ihrer langen Geschichte und großen Bedeutung besitzt die Stadt Augsburg neben der Archäologi­schen Staatssamm­lung in München und dem Historisch­en Museum in Regensburg die größte und wichtigste Sammlung in Bayern. „Wir haben zwar bei vielen Sachen den größten Bestand, konnten aufgrund der räumlichen Gegebenhei­ten bislang aber oftmals nicht mit der Forschung beginnen. Zahlreiche Anfragen von Wissenscha­ftlern mussten wir in der Vergangenh­eit ablehnen“, sagt Gairhos. Das wird sich nun ändern – aber es wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Denn mit dem endgültige­n Umzug aller Fundkisten wird erst im Herbst 2018 gerechnet. Gairhos: „Wir müssen jede einzelne Kiste aufmachen und neu verteilen. Metall kommt nun zu Metall“, erklärt Gairhos. Und auch der Transport der Kisten kann nicht täglich stattfinde­n. „Es geht nur bei schönem Wetter. Die Kisten auf den Paletten könnten sonst Schaden nehmen“, sagt Michaela Hermann, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin der Stadtarchä­ologie. Sie hat die Planungen für das neue Depot von Anfang an begleitet – also seit 2002.

Die Augsburger Kammgarnsp­innerei (AKS) musste Insolvenz anmelden. In den Folgejahre­n entwickelt­en sich die Pläne für eine neue Nutzung eines Teils der Fabrikgebä­ude. Im ehemaligen Kopfbau befindet sich heute das Textilmuse­um, in den angrenzend­en Shed-Hallen das Stadtarchi­v und nun auch die Stadtarchä­ologie. „Natürlich werden sich dadurch im Viertel Synergieef­fekte ergeben. Die Infrastruk­tur verdichtet sich“, sagt der Leiter der Kunstsamml­ungen, Christof Trepesch. Nicht zuletzt dadurch, dass sich die Stadtarchä­ologie nun auch der Öffentlich­keit präsentier­en kann. „Wir werden zwar kein Museumsbet­rieb sein, aber dennoch den Besuchern eine kleine Ausstellun­g im Eingangsbe­reich bieten“, sagt Gairhos. Daneben wird es die Möglichkei­t geben, die Bibliothek mit umfangreic­her archäologi­scher Fachlitera­tur zu besuchen. Dort gibt es auch Platz für Vorträge und Tagungen. Die Mitarbeite­r der Stadtarchä­ologie wollen außerdem regelmäßig Führungen durch ihr Depot anbieten. Die ersten werden schon vor Herbst 2018 sein.

Interessie­rte werden dann ein Depot zu Gesicht bekommen, das modernsten Standards entspricht. Neben kleineren Magazinen, in denen Glas und Keramik, Metall, Kleinfunde und Münzen separat gelagert werden, gibt es auch das große Magazin, das allein knapp 1000 Quadratmet­er umfasst. „Der Betonboden ist hier 30 Zentimeter dick“, sagte Architekt Hans Schuller. Denn der Boden müsse etwas aushalten können: Die Funde, die in den modernen Rollregal-Anlagen untergebra­cht werden, sind oft sehr schwer. „Die Stahlkonst­ruktion der Regale kann eine Last von bis zu acht Tonnen tragen“, so Schuller. Die schwersten Funde, die tonnenschw­eren römischen Grabmonume­nte, kommen in den Keller. Die rund 150 Steindenkm­äler der Ausstellun­g im ehemaligen Römischen Museum in der Dominikane­rkirche werden hier untergebra­cht.

Die Mitarbeite­r der Archäologi­e werden sich künftig nicht nur über mehr Platz und Tageslicht freuen, sondern auch über „gute Arbeitsbed­ingungen“bei der Sichtung, Reinigung und Inventaris­ierung der Fundstücke, so Gairhos. „Bislang wurden die Funde in einem Depot im Keller gereinigt. Dann mussten sie in den dritten Stock hochgescha­fft werden, um sie in eine Inventarli­ste aufzunehme­n. Zur Lagerung mussten sie dann nochmals woanders hin“, sagte Gairhos.

Kulturrefe­rent Thomas Weitzel betonte, dass das Depot nach fast zehnjährig­er Planungs- und zweijährig­er Bauzeit im Kostenrahm­en geblieben ist. 9,6 Millionen Euro hat die Baumaßnahm­e gekostet, die von der Städtebauf­örderung mit 1,65 Millionen Euro unterstütz­t wurde. Daneben erhielt die Stadt Fördergeld­er von der Landesstel­le für nicht-staatliche Museen in Bayern, der Landesstif­tung, dem Bezirk Schwaben und dem Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege. Wie bereits beim Textilmuse­um und beim Stadtarchi­v hatte die Augsburger Gesellscha­ft für Stadtentwi­cklung (AGS) die Baubetreuu­ng inne.

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Foto: Silvio Wyszengrad Nach und nach werden die archäologi­schen Fundkisten, die derzeit in zehn verschiede­nen Depots lagern, in das neue Zentraldep­ot in der ehemaligen Augsburger Kammgarn spinnerei transporti­ert. Dort werden sie in Regalen gelagert, die eine Last von acht...

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