Geburtstagsparty läuft aus dem Ruder
Mehrere junge Männer sprengen die Feier und schlägern mit den Gästen. Nun trafen sich alle vor Gericht wieder
Erziehung oder Strafe? Vor dieser Frage stand die Jugendschöffenkammer des Augsburger Amtsgerichts, als es um eine Rauferei im Schwesternwohnheim Kriegshaber mit vier Heranwachsenden ging. Der 19-jährige Haupttäter, verurteilt wegen schwerer Körperverletzung und Hausfriedensbruchs, erhielt eine Jugendstrafe von einem Jahr.
Es war in der Nacht vom 8. auf 9. Januar 2016, als eine Krankenschwesternschülerin in ihrer Wohnung in der Langenmarckstraße mit einem halben Dutzend Freunden ihren 18. Geburtstag feierte. Unten im Eingangsbereich des Gebäudes hielt sich derweil das Quartett der Angeklagten auf: der Hauptangeklagte, heute 19-jährige Auszubildende, ein gleichaltriger Zeitsoldat sowie ein 18-Jähriger und ein 20-Jähriger, beide Schüler. Irgendwann in der Nacht fühlten sich die vier offenbar aufgefordert, in die Wohnung der Feiernden zu gehen. Sie seien, sagten sie aus, um Hilfe gerufen worden. Oben angekommen, verwehrte einer der Gäste, ein 21-jähriger Metallbauer aus Aichach, den Vieren den Zutritt; es seien schon genügend Leute da. Möglicherweise begann dabei mit einem Schubser die folgende Rangelei. Jedenfalls, so ergab die Beweisaufnahme mit sieben Zeugen, trat der Auszubildende die Wohnungstüre ein, die ihm vor der Nase zugeschlagen werden sollte.
In der Wohnung machte er sich dann über den Aichacher her. Der Metallbauer erhielt einen Faustschlag. Im Bad der Wohnung bezog er weitere Prügel. Auch der 18-jährige angeklagte Schüler schlug zu. Er gestand außerdem, das Geburtstagskind gepackt zu haben, wodurch die damals 18-Jährige am Handgelenk verletzt wurde. Auch mindestens eine weitere junge Frau aus der Schar der Feiernden erlitt Blessuren. Die beiden übrigen Angeklagten aus dem Quartett wollten nach eigener Schilderung ihre Freunde beschwichtigen, was aber misslang. Heftig ins Gericht ging Staatsanwältin Melanie Ostermeier vor allem mit dem angeklagten 19-jährigen Azubi. Unter dessen „massivem und aggressivem Vorgehen“leide das damalige Geburtstagskind psychisch erkennbar noch heute. Von einer von Verteidiger Felix Hägele ins Gespräch gebrachten Einstellung des Verfahrens wollte sie nichts wissen und forderte eine Jugendfreiheitsstrafe von eineinhalb Jahren.
Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Richterin Angela Reuber verurteilte den Angeklagten zu einer einjährigen Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Erziehungsmaßnahmen wie Konflikttraining oder Hilfsstunden seien bei ihm nicht nötig. Der 18-jährige Schüler (Verteidigerin Alexandra Gutmeyr), der ebenfalls zugeschlagen hatte, bekam für seine „falsch verstandene Freundschaft“, so die Richterin, 64 Stunden Hilfsdienste auferlegt.
Beide wurden wegen schwerer Körperverletzung und Hausfriedensbruchs verurteilt. Weil sie „nur“Hausfriedensbruch begangen hatten, erhielt der angeklagte Soldat eine Geldstrafe von 400 Euro (er war der einzige Täter mit eigenem Einkommen), der 20-jährige Schüler muss sich drei Erziehungsgesprächen unterziehen. Drei der vier Verurteilten nahmen den Richterspruch sofort an.