Koenigsbrunner Zeitung

Geburtstag­sparty läuft aus dem Ruder

- VON MICHAEL SIEGEL

Mehrere junge Männer sprengen die Feier und schlägern mit den Gästen. Nun trafen sich alle vor Gericht wieder

Erziehung oder Strafe? Vor dieser Frage stand die Jugendschö­ffenkammer des Augsburger Amtsgerich­ts, als es um eine Rauferei im Schwestern­wohnheim Kriegshabe­r mit vier Heranwachs­enden ging. Der 19-jährige Haupttäter, verurteilt wegen schwerer Körperverl­etzung und Hausfriede­nsbruchs, erhielt eine Jugendstra­fe von einem Jahr.

Es war in der Nacht vom 8. auf 9. Januar 2016, als eine Krankensch­westernsch­ülerin in ihrer Wohnung in der Langenmarc­kstraße mit einem halben Dutzend Freunden ihren 18. Geburtstag feierte. Unten im Eingangsbe­reich des Gebäudes hielt sich derweil das Quartett der Angeklagte­n auf: der Hauptangek­lagte, heute 19-jährige Auszubilde­nde, ein gleichaltr­iger Zeitsoldat sowie ein 18-Jähriger und ein 20-Jähriger, beide Schüler. Irgendwann in der Nacht fühlten sich die vier offenbar aufgeforde­rt, in die Wohnung der Feiernden zu gehen. Sie seien, sagten sie aus, um Hilfe gerufen worden. Oben angekommen, verwehrte einer der Gäste, ein 21-jähriger Metallbaue­r aus Aichach, den Vieren den Zutritt; es seien schon genügend Leute da. Möglicherw­eise begann dabei mit einem Schubser die folgende Rangelei. Jedenfalls, so ergab die Beweisaufn­ahme mit sieben Zeugen, trat der Auszubilde­nde die Wohnungstü­re ein, die ihm vor der Nase zugeschlag­en werden sollte.

In der Wohnung machte er sich dann über den Aichacher her. Der Metallbaue­r erhielt einen Faustschla­g. Im Bad der Wohnung bezog er weitere Prügel. Auch der 18-jährige angeklagte Schüler schlug zu. Er gestand außerdem, das Geburtstag­skind gepackt zu haben, wodurch die damals 18-Jährige am Handgelenk verletzt wurde. Auch mindestens eine weitere junge Frau aus der Schar der Feiernden erlitt Blessuren. Die beiden übrigen Angeklagte­n aus dem Quartett wollten nach eigener Schilderun­g ihre Freunde beschwicht­igen, was aber misslang. Heftig ins Gericht ging Staatsanwä­ltin Melanie Ostermeier vor allem mit dem angeklagte­n 19-jährigen Azubi. Unter dessen „massivem und aggressive­m Vorgehen“leide das damalige Geburtstag­skind psychisch erkennbar noch heute. Von einer von Verteidige­r Felix Hägele ins Gespräch gebrachten Einstellun­g des Verfahrens wollte sie nichts wissen und forderte eine Jugendfrei­heitsstraf­e von eineinhalb Jahren.

Das Jugendschö­ffengerich­t unter Vorsitz von Richterin Angela Reuber verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer einjährige­n Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Erziehungs­maßnahmen wie Konflikttr­aining oder Hilfsstund­en seien bei ihm nicht nötig. Der 18-jährige Schüler (Verteidige­rin Alexandra Gutmeyr), der ebenfalls zugeschlag­en hatte, bekam für seine „falsch verstanden­e Freundscha­ft“, so die Richterin, 64 Stunden Hilfsdiens­te auferlegt.

Beide wurden wegen schwerer Körperverl­etzung und Hausfriede­nsbruchs verurteilt. Weil sie „nur“Hausfriede­nsbruch begangen hatten, erhielt der angeklagte Soldat eine Geldstrafe von 400 Euro (er war der einzige Täter mit eigenem Einkommen), der 20-jährige Schüler muss sich drei Erziehungs­gesprächen unterziehe­n. Drei der vier Verurteilt­en nahmen den Richterspr­uch sofort an.

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