Zimmer mit Aussicht auf Banksy
Der Graffiti-Künstler eröffnet ein Hotel in Bethlehem
Bethlehem Wer den israelischen Kontrollpunkt passiert, durch die Drehkreuze geht, an einem meterhohen Zaun vorbei und an der Sperrmauer entlang, der steht nach ungefähr zehn Minuten vor Bethlehems neuestem Touristen-Magnet: „The Walled Off Hotel“des berühmten britischen Graffiti-Künstlers Banksy. Das Gebäude blickt auf die hohe Betonmauer, die Israel und das Westjordanland voneinander trennt. Davor stehen kleine Palmen und Korbstühle, die Fassade zieren aufgesprühte JahrhundertwendeSäulen, am Eingang wartet ein Plastik-Affe in Pagenuniform.
Banksy wirbt auf seine Art für das Hotel: „Es hat den schlechtesten Ausblick aller Hotels in der Welt“, sagt er laut einer Mitteilung. Bei seinem neuen Projekt gehe es darum, „die Geschichte der Mauer von allen Seiten zu erzählen und den Besuchern die Möglichkeit zu geben, sie selbst zu entdecken“, heißt es auf der Internetseite des Hotels. Die israelische Regierung begann die Sperranlage 2002 zu bauen, nachdem viele palästinensische Attentäter über die grüne Grenze gekommen und Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in Israel verübt hatten. Kritik gab es, weil die Mauer an vielen Stellen weit in das von Israel besetzte Westjordanland hereinreicht.
Einige der zehn Zimmer des Hotels sind von Banksy selbst gestaltet, weitere von anderen Künstlern. So gibt es in einem Zimmer ein Wandbild von Banksy, auf dem ein israelischer Soldat und ein Palästinenser eine Kissenschlacht machen. Zwar gibt es auch die Möglichkeit, in dem Hotel günstig in einem Armeestockbett zu übernachten. Allerdings müssen wegen der Kunstwerke alle Gäste eine Garantie von umgerechnet rund 950 Euro mit ihrer Kreditkarte geben. Vor dem Auschecken werden die Zimmer kontrolliert. Banksy hat bereits mehrere Graffiti auf der Mauer hinterlassen, unter anderem einen Palästinenser, der statt eines Steins einen Blumenstrauß werfen will. Wer dieser Künstler, der das Pseudonym Banksy trägt, tatsächlich ist, darüber wird seit langem gerätselt. Es soll sich bei ihm um einen rund 40-jährigen Mann aus der britischen Stadt Bristol handeln.
Jemen Al Abed, Betreiber des benachbarten Banksy’s Shop, freut sich auf jeden Fall über das Hotel. „Ich bin mir sicher, das wird ein gutes Geschäft“, sagt er. „Das Hotel ist gut für den gesamten Tourismus in Bethlehem.“Schon heute würden jeden Tag Leute in seinem Laden nach den Banksy-Graffiti auf der Mauer fragen. „Die Menschen kommen nach Bethlehem, um drei Dinge zu sehen: die Geburtskirche, die Mauer und die Banksy-Graffiti“, sagt der 67-Jährige.
Das Banksy-Hotel ist so eingerichtet, dass es an einen englischen Gentleman-Klub erinnern soll. „Es ist genau hundert Jahre her, dass Großbritannien die Kontrolle von Palästina übernommen und begonnen hat, die Möbel umzustellen – mit chaotischen Ergebnissen“, teilt Banksy mit. Damals sicherte Großbritannien seine Unterstützung für eine „nationale Heimstätte für das jüdische Volk“in Palästina zu. 1948 wurde Israel gegründet.
Stefanie Järkel, dpa