Koenigsbrunner Zeitung

Aus Frust Papiertonn­en angezündet

30-Jähriger aus dem westlichen Landkreis muss ins Gefängnis

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Alkohol, Ärger in der Arbeit und Liebeskumm­er

Landkreis Augsburg Richterin Kerstin Wagner redete Klartext: Als „krassen Bewährungs­versager“bezeichnet­e sie einen 30-jährigen Mann aus dem westlichen Landkreis, der trotz offener Bewährung im Sommer 2016 zwei Mülltonnen, eine Papiertonn­e und einen grünen Papiercont­ainer in Stadtberge­n angezündet hatte. Drei Tage, bevor die Feuerwehr zum ersten Mal ausrückte, stand der Mann das letzte Mal vor Gericht. „Die Rückfallge­schwindigk­eit ist nicht zu toppen“, sagte Wagner, die den Mann zu einer Freiheitss­trafe von acht Monaten verurteilt­e.

Der 30-Jährige hatte die Sachbeschä­digungen in der Zeit zwischen Juni und September 2016 vor Gericht eingeräumt. Rund 600 Euro Schaden war damals entstanden. Deutlich mehr war es bei einer Brandserie Jahre vorher, die ebenfalls auf das Konto des Mannes ging: 80000 Euro Schulden muss er seitdem zurückbeza­hlen. Am Landgerich­t wurde er zu einer dreijährig­en Freiheitss­trafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Damals wurde ihm in einem forensisch-psychiatri­schen Gutachten eine ungünstige Prognose ausgestell­t. Unter anderem hieß es, dass „in der Zukunft ähnliche Straftaten befürchtet werden müssen.“Der Gutachter sollte recht behalten: Ende Juni 2016 brannten die ersten Mülltonnen in Stadtberge­n. Der 30-Jährige hatte einen Zeitungsfe­tzen angezündet und ihn dann in die Tonne gesteckt. Nach seinen Angaben hatte er einen „Alkoholpeg­el“. Auch beim zweiten Fall zwei Wochen später und Mitte September war er betrunken. In der Regel hatte der Mann Bier und Schnaps konsumiert.

Mittlerwei­le weiß der Mann: „Ich vertrag’ nicht viel.“Der Alkohol war allerdings nicht das einzige Problem, das dem damals 29-Jährigen zu schaffen machte: Er hatte Ärger in der Arbeit und mit Kollegen. Außerdem habe er Liebeskumm­er gehabt, sagte er vor Gericht. „Ich dachte immer, dass sie die Liebe erwidert.“Doch dann habe sie ihn vor den Kopf gestoßen. Als psychische Ausnahmesi­tuation bezeichnet­e Verteidige­r Thomas Reitschust­er, was in seinem Mandanten vorgegange­n war. Aber warum mussten dann ausgerechn­et Tonnen brennen?, fragte Richterin Kerstin Wagner. Er habe sich so abreagiere­n und Frust abbauen können – ein Ventil, um den ganzen Ärger loszuwerde­n.

Beobachtet wurde der Mann bei seinen Zündeleien nie. Einmal bemerkten ihn Streifenpo­lizisten allerdings in der Nähe eines Tatorts – das war im August 2016. Ermittler des Kommissari­ats 1 in Augsburg, das für Tötungs- und Sexualdeli­kte und auch für Brandstift­ung zuständig ist, kamen über die Häufung der Brände in dem Bereich schließlic­h auf den Mann und überprüfte­n ihn: Volltreffe­r.

Gegenüber den Beamten erklärte er seine schwierige persönlich­e Situation. Den Bewohnern des Hauses, vor dem es zuletzt gebrannt hatte, erklärte er in einem Brief: „Ich habe großen Mist gebaut. Ich war betrunken, aber das ist und soll keine Ausrede sein.“

Um die Kurve zu bekommen, nahm der 30-Jährige an einem Abstinenzp­rogramm im Bezirkskra­nkenhaus teil. Außerdem ließ er sich für längere Zeit psychologi­sch betreuen. Sein Verteidige­r Reitschust­er erklärte, dass sich das Leben des 30-jährigen Fachverkäu­fers mittlerwei­le wieder gefestigt habe. Eine allerletzt­e Chance hielt er für verantwort­bar.

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