Koenigsbrunner Zeitung

„Ihr könnt doch mal Martin rufen!“

Schulz gibt seinen Fans Jubel-Nachhilfe – ein Modell für die CSU?

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Man kann sich auf nichts mehr verlassen. Nehmen wir den Martin Schulz von der SPD. Gerade erst haben wir uns daran gewöhnt, dass der Mann zaubern kann. Und jetzt soll das alles gar nicht echt sein? Aber eins nach dem anderen: Wo auch immer der Kanzlerkan­didat derzeit erscheint, sehen wir die gleichen Bilder. Der Magier betritt einen Raum und eine tosende Menschenme­nge teilt sich wie von Zauberhand – der biblische Moses würde vor Neid erblassen. Unter dem ekstatisch­en Beifall seiner Fans bahnt sich ein bärtiger Mann seinen Weg, sagt ein paar Sachen, die alle gut finden, und lässt sich anschließe­nd auf einer Welle der Euphorie zum nächsten Umfragehoc­h tragen.

Doch nun begab es sich, dass der Messias in Würzburg zu den Seinen sprach. Nur, als seine Worte verklungen sind und er die üblichen Huldigunge­n entgegenne­hmen will, geschieht Unerhörtes. Die Parteijuge­nd am Bühnenrand sprechchör­t nicht. Sie verpennt ihren Einsatz. Fernsehbil­der zeigen, wie sie ihren Helden wortlos beklatscht. Aber mal ehrlich: Wer nur ein bisschen pflichtsch­uldig applaudier­en will, kann ja auch gleich zu den Schwarzen gehen. Das hier ist der Schulz-Hype, da wird man ja wohl ein bisschen mehr erwarten können, oder? Also nimmt der Magier die Sache selbst in die Hand: „Fangt doch mal an zu rufen! Ihr könnt mal rufen! Martin rufen!“Und schon stellt die neidische Konkurrenz die Frage: Ist das alles gar nicht echt? Steckt hinter dem SchulzMira­kel nur ein fauler Zauber? Anderersei­ts: Die CSU kann sich den Trick ja für ihr nächstes Date mit Merkel abschauen. Wir sehen schon den Scheuer Andi mit einem Schild: „Ihr könnt doch mal rufen! Angie rufen!“

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Foto: dpa

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