Koenigsbrunner Zeitung

Was will mir meine Katze sagen?

Tiere kommunizie­ren mit Menschen und untereinan­der auf ganz verschiede­ne Arten. Wie genau, das erforscht der Biologe Mario Ludwig. Dem haben es besonders Chamäleons angetan

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Herr Ludwig, mit welchen Methoden kommunizie­ren Tiere miteinande­r? Mario Ludwig: Tiere kommunizie­ren akustisch und optisch, wie zum Beispiel das Chamäleon. Sie haben eine Körperspra­che, das sieht man sehr schön an Katzen. Außerdem arbeiten sie sehr gerne mit Düften und generell ein bisschen mit Chemie.

Lässt sich solch eine Kommunikat­ion überhaupt als Sprache bezeichnen? Ludwig: Darüber streiten sich die Wissenscha­ftler, manche sagen Ja, manche Nein. Eine Sprache, wie wir sie bei den Bienen haben, eine Tanzsprach­e, die lässt sich mit der menschlich­en nicht vergleiche­n. Aber wenn Sie sich neuere Erkenntnis­se bei Präriehund­en anschauen: Da wissen wir, dass sie in einen ganz kurzen Pfiff sehr viele Informatio­nen unterbring­en können. Sie teilen sich etwa mit, dass von rechts ein dicker Mann mit einem blauen T-Shirt kommt – da kann man schon fast von einer Sprache reden.

Welche Mitteilung­sart aus dem Tierreich gefällt Ihnen am besten? Ludwig: Am liebsten sind mir die Chamäleons. Bei denen hat man ganz lange gedacht, sie verändern ihre Farbe, um sich an den Hintergrun­d anzupassen. Setzt man eines vor eine blaue Wand, wird es blau. Setzt man es vor die deutsche Flagge, wird es schwarz-rot-gold. Das stimmt nicht. Es gibt Chamäleons, die können ihre Farbe gar nicht verändern, und eine Blümchenta­pete schaffen alle nicht. Das ist Kommunikat­ion in Form einer Farbsprach­e.

Und wie funktionie­rt die? Ludwig: Sie kommunizie­ren durch Farbveränd­erung. Sehr schön kann man das beim Flirten sehen. Wenn ein männliches ein weibliches Chamäleon sieht, dann greift es zu ganz bunten und leuchtende­n Farben. Wenn es Glück hat, antwortet das weibliche mit den gleichen Farben. Hat es Pech, dann erblasst das weibliche Chamäleon. Das heißt dann: Mein Freund, heute wird’s nichts mit uns, ich hab Migräne.

Ist so eine Kommunikat­ion effektiver als die menschlich­e? Ludwig: Man kann das immer schlecht vergleiche­n. Schauen Sie sich mal die Katze an. Sie hat rund hundert verschiede­ne Laute, ein Hund hat gerade mal zehn. Dann kann sie auch noch mit Düften arbeiten. Wenn sie Ihnen ihr Köpfchen hinstreckt, markiert sie sie damit und sagt: Der gehört zu mir. Außerdem kann sie irgendwo hinpinkeln und so ihr Revier markieren. Dann kann sie mit Körperspra­che arbeiten, mit den Schnurrhaa­ren, mit den Ohren, mit ihrem Fell, mit ihrem Katzenbuck­el. Mit ihren Augen kann sie mitteilen, ob sie sich wohlfühlt, aggressiv ist oder Angst hat. Sie hat eine ganz breite Palette von Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten.

Katzen sind also wesentlich kommunikat­iver als Hunde? Ludwig: Ganz klar, zumindest sagt das die Wissenscha­ft. Hundefreun­de werden das natürlich bestreiten.

Wie viele Probleme entstehen, weil Mensch und Tier falsch miteinande­r kommunizie­ren? Ludwig: Ganz viele. Zum Beispiel gibt es ja Menschen mit Katzenalle­rgie, die nichts mit dem Tier zu tun haben möchten. Das heißt: Wenn die eine Katze sehen, dann schauen sie automatisc­h weg. Für eine Katze ist das allerdings geradezu eine Einladung. Für sie ist es ziemlich unhöflich, wenn sie jemand anstarrt. Das Wegschauen findet sie also sympathisc­h – eine typische Fehlkommun­ikation.

Welche Themen „besprechen“Tiere untereinan­der denn am häufigsten? Ludwig: Es geht um Sex und Macht, wie im wirklichen Leben. Es wird natürlich vor allem von Männchen kommunizie­rt, um Geschlecht­spartner zu finden. Im Tierreich herrscht zu 95 Prozent Damenwahl. Das heißt: Die Männchen müssen sich bemühen, und die Weibchen wählen aus. Interview: Guy Simon

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Fotos: Axel Heimken, dpa; Kirsten Bohlig „Gut gebrüllt! Die Sprache der Tiere“– so heißt Mario Ludwigs aktuelles Buch.
 ??  ?? Mario Ludwig aus Heidel berg ist Bestseller Autor. Kürzlich erschien „Gut ge brüllt! Die Sprache der Tiere“bei Konrad Theiss.
Mario Ludwig aus Heidel berg ist Bestseller Autor. Kürzlich erschien „Gut ge brüllt! Die Sprache der Tiere“bei Konrad Theiss.

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