Wie ein Professor versuchte, ein Interview zu geben
Das Jahr ist noch jung, aber für viele steht schon jetzt fest: Ein BBCLive-Interview mit einem amerikanischen Politik-Professor, das in sozialen Netzwerken am Wochenende zum Klick-Hit wurde, ist das witzigste Video des Jahres. Das liegt an Robert E. Kelly, vor allem aber an seinen Kindern.
Es ist Freitag. Kelly, der an der Universität Busan in Südkorea lehrt, soll über den Machtwechsel in dem Land sprechen. Er ist via Skype aus seinem Homeoffice ins Londoner Studio zugeschaltet. Da tanzt seine Tochter Marion ins Zimmer. Kelly versucht, ruhig zu bleiben, und sie aus dem Blickfeld der Kamera zu schieben. Zu retten ist das Interview nicht mehr, zumal gleich danach Sohn James in einem Lauflernwagen durch die Tür rollert... und Kellys Frau hinterher stürzt, um die Kinder aus dem Zimmer zu ziehen. Bücher fallen vom Bett neben dem Schreibtisch, Kelly aber lässt die Kamera nicht aus den Augen, entschuldigt sich, schließt kurz die Augen, um sich zu sammeln. Und macht weiter. Während seine Frau, auf dem Boden kniend, slapstickartig die Tür von außen schließt.
Ein außergewöhnliches Interview, dabei könnte man es belassen. In Deutschland aber löste es Diskussionen aus: „Lässt sich zu Hause gut und konzentriert arbeiten? Sind die Arbeitnehmer produktiver, wenn man das Arbeiten zu Hause zulässt?“, fragte die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Wäre Professor Kelly eine Frau, hätte es einen Shitstorm gegeben“, kommentierte eine stern-Journalistin. „Entweder wäre einer Frau mangelnde Professionalität vorgeworfen worden“oder „sie hätte sich anhören müssen, was für eine schlechte Mutter sie ist.“Kinder, Kinder! Geht’s nicht mal eine Nummer kleiner? Daniel Wirsching