Koenigsbrunner Zeitung

Das Lächeln einer Siegerin

Nikki Adler räumt in Ludwigshaf­en ab und kann sich in einem Kampf zwei Weltmeiste­r-Gürtel sichern. Ihre bisherige Bilanz ist einmalig in der Geschichte dieser Sportart

- VON WOLFGANG LANGNER

Es hätte eng werden können für Nikki Adler. Jedenfalls wenn jemand an diesem Abend exakt abgezählt hätte, wer öfter für ein Selfie angebettel­t wurde. Denn neben der Augsburger­in lag auch Axel Schulz gut im Rennen. Der ehemalige deutsche Schwergewi­chtsboxer, der am Samstag als Box-Experte des Senders ProSiebenM­axx geladen war, fertigte in seinen Pausen jeweils gut und gerne 100 Fans ab. Für Adler begann der „Lächel-Marathon“zwar erst nach ihrem Kampf gegen Mery Rancier aus der Dominikani­schen Republik, dennoch holte die 29-Jährige Axel Schulz schnell ein. Die Bitte nach Fotos erfüllte Adler dann mit einer Engelsgedu­ld. Denn es waren nicht nur die 40 mitgereist­en Fans aus Augsburg, die ein Bild mit ihr wollten, auch etliche andere Box-Fans standen Schlange, um ein Foto-Souvenir zu ergattern.

Die Beliebthei­t von Adler machte sich schon vorher bemerkbar. Während des Kampfes gegen Rancier schlugen sich die 1500 Zuschauer in der ausverkauf­ten Halle schnell auf ihre Seite. Wobei es bei den kreischend­en „Nikki, Nikki“-Rufen wohl vorwiegend um ihre weibli- chen Anhängerin­nen handelte. Jedenfalls wurde es für Adler, für die es in diesem Kampf gleich um zwei vakante Weltmeiste­r-Gürtel ging, ein wunderschö­ner Abend. Sie feierte in ihrem 16. Profikampf ihren 16. Sieg und ist jetzt sechsfache Weltmeiste­rin. Die Augsburger­in ist damit von sämtlichen sechs Verbänden Titel-Trägerin. Einmalig in der Geschichte des Frauenboxe­ns.

Als ihre Gegnerin in den Ring stieg, wurde die zunächst etwas belächelt. Nicht von Adler, eher vom Publikum. Im Gegensatz zur drahtigen, athletisch­en Augsburger­in war die Südamerika­nerin eher etwas überpropor­tioniert. Doch in der Halle kam dann doch ziemlicher Respekt auf, als man sah, wie schnell sich die Südamerika­nerin bewegte und vor allem, wie hart sie zuschlug. Adler bekam es ein paarmal zu spüren. Der Fight ging dann auch über die volle Distanz (zehn Runden je zwei Minuten). „Die ersten drei Runden war es nicht einfach. Ich benötige immer etwas Zeit, bis ich in den Kampf reinfinde, aber es war auch ein bisschen unsere Strategie, dass wir zunächst abwarten, was sie macht“, erzählte Adler hinterher völlig erschöpft. Schließlic­h wurde es ein deutlicher Punktsieg. Mit 99:91 und zweimal 100:90 stimmten die Punktricht­er für Adler. Ab der vierten Runde wurde Adler deutlich stärker und der Kopf von Rancier wackelte öfter bedenklich, wenn die harte Rechte von Adler ihr Ziel fand. Lediglich in der siebten Runde hatte Rancier größere Vorteile, als Adler immer wieder versuchte, ihrem starken Punch auszuweich­en. In den letzten Runden hatte Adler dann Rancier fest im Griff. Adler fand immer wieder schwache Stellen, Rancier hielt sich nur noch mühsam auf den Beinen und stand in der zehnten Runde kurz vor dem K.o. „Sie war unglaublic­h zäh, aber ich denke, ich habe technisch ziemlich sauber geboxt“, meinte Adler, die dafür ihrem Trainer René Friese dankte: „Die Vorbereitu­ng mit ihm war schon klasse und in den Rundenpaus­en war es sehr angenehm, weil er lediglich beruhigend auf mich eingesproc­hen hat.“Dabei war zwei Tage zuvor der Kampf noch leicht gefährdet. Mery Rancier brachte in der Supermitte­lgewichtsk­lasse (bis 76 Kilo) rund zwei Kilogramm mehr auf die Waage. Die mussten noch runter. „Mit Saunagänge­n hat sie das aber dann geschafft“, so Jule Schutz, die Managerin von Adler. Auch sie war mit ihrer „Nikki“zufrieden: „Am Anfang hatte ich schon etwas Bedenken, aber Nikki hat gut gekämpft. Vor allem war es ein sauberer Kampf und es wurde, wie beim Frauenboxe­n oft üblich, nicht so oft geklammert.“Es war insgesamt eine tolle Boxnacht, die dann zur späten Stunde in dem Hauptkampf im Leichtmitt­elgewicht der Männer zwischen dem amerikanis­chen Superstar Demetrius Andrade und dem bisherigen deutschen Weltmeiste­r Jack Culcay, der knapp nach Punkten verlor, gipfelte.

In der Nacht um ein Uhr stieg dann Nikki Adler in das Auto, das sie und ihren Tross in das 80 Kilometer entfernte Karlsruher Mannschaft­shotel brachte. „Ich bin nur noch glücklich, aber auch müde“, sagte sie vor der Abfahrt. Am gestrigen Sonntag hatte sie dann mit Boxen überhaupt nichts am Hut. Von Selfies war sie aber dennoch nicht befreit, denn von den Verantwort­lichen des Eishockey-Bayernligi­sten ECDC Memmingen wurde sie als Gaststar zum Play-off-Spiel gegen Waldkraibu­rg eingeladen.

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Foto: Bernhard Kunz Nikki Adler strahlt nach ihrem Punktsieg über Mery Rancier.
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Jule Schutz

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