Alles abreißen und neu bauen?
Pfarrer Thomas Schwartz hat die Meringer elektrisiert. Er hat für die Marktgemeinde ein neues Zentrum samt Rathaus und Saal vorgeschlagen. Doch so gut das klingt: So leicht ist die Entscheidung für die Politik nicht
Mering Wie viele Orte im Einzugsbereich von München und Augsburg ist Mering im Landkreis Aichach-Friedberg in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen. Seit Anfang der 1960er Jahre hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt – auf heute über 14000. Die Infrastruktur konnte da nicht mithalten: Das Rathaus ist zu klein, im engen Zentrum fehlen Parkplätze und die regen Vereine klagen über Raumnot. Diese Probleme könnte der Markt Mering auf einen Streich lösen – dank Pfarrer Thomas Schwartz. Der hat sich als Partner angeboten und eine Radikallösung ins Spiel gebracht.
Seine Idee – er nennt sie „Vision 2025“– wäre es, Gemeinde- und Kirchengrundstücke zusammenzulegen und darauf ein gemeinsames Bürger- und Gemeindezentrum samt Veranstaltungssaal und Rathaus zu errichten. Ob alles unter einem Dach oder in einem mehrteiligen Gebäudekomplex, dafür soll ein Architektenwettbewerb Vorschläge
Die Bürger sollen es per Entscheid selbst beschließen
liefern. Darunter könnte eine große Tiefgarage mit rund 200 Stellplätzen entstehen.
Um den nötigen Platz zu gewinnen, müssten etliche Gebäude weichen. Dazu gehören das derzeitige Pfarrzentrum, das Papst-JohannesHaus, sowie die Volksbühne (ein ehemaliges Schulhaus in Gemeindebesitz), die mehrere Vereine und die Marionettenbühne beherbergt. Der Vorschlag des Geistlichen ist nicht völlig selbstlos. Gerade im Pfarrgebäude stehen in den nächsten Jahren größere Sanierungen an. Zudem ist es verhältnismäßig groß und damit für die Kirche aufwendig im Unterhalt und der Verwaltung.
Für die Kommune eröffnet das Angebot ganz neue Möglichkeiten. Zwei große Probleme sorgen bei den Ortspolitikern nämlich seit Jahren für Kopfzerbrechen. Das eine ist das Rathaus, das für den stark gewachsenen Ort viel zu klein ist und sich eigentlich auch nicht für einen Umbau eignet. Doch einen Neubau auf freier Fläche außerhalb des Zentrums will auch keiner. Die Vision des Pfarrers würde den Raum schaffen für einen Neubau mitten im Herzen des Ortes.
Dazu kommt, dass in wenigen Jahren der langjährige Pachtvertrag für das Bürgerzentrum Schlossmühle ausläuft. Der Eigentümer hat bereits signalisiert, dass er bei einem neuen Vertrag deutlich mehr Pacht verlangen wird. Umfangreiche Sanierungen fallen auch hier an. Das Gebäude ist wegen statischer Probleme bereits seit Juni vergangenen Jahres gesperrt.
Für die Vision 2025 des Pfarrers spricht daher tatsächlich vieles. Aber natürlich hat es seinen Preis: Zehn bis 15 Millionen Euro lautet die erste, vorsichtige Schätzung von Bürgermeister Hans-Dieter Kandler. Und das ist für seine klamme Kommune, die im Moment schwer darum ringt, überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushalt auf die Beine zu stellen, sehr viel Geld. Nur wenn ausreichend Zuschüsse fließen, beispielsweise über die Städtebauförderung, hat die Idee eine Chance auf Realisierung, erklärt der Bürgermeister. Und selbst dann wird sie den Meringern in den kommenden Jahren einige Opfer abverlangen. Deswegen wünscht er sich in dieser Frage letztendlich einen Bürgerentscheid. Um dafür die nötigen Grundlagen zu bieten, sind umfangreiche Voruntersuchungen nötig. Ob der Markt Mering diesen Weg beschreiten will, damit wird sich der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag, 16. März, befassen.
Für ordentlich Wirbel hat Pfarrer Thomas Schwartz mit seiner Vision allemal gesorgt, seitdem er Mitte Januar damit an die Öffentlichkeit gegangen ist. Der Gemeinderat ächzt unter der Last der komplizierten Entscheidung, bei der es so viele Unwägbarkeiten mit einzubeziehen gilt. Und auch in der Kirchengemeinde sind nicht alle begeistert von der Idee, das eigene Pfarrzentrum aufzugeben.
Doch gerade unter alteingesessenen Meringern sind viele spontan begeistert. Sie sehen das Geld in einem Neubau besser investiert als für „das teure Flicken von alten Löchern“, wie es Merings Ehrenbürgerin Ellen Kratzer so markant bei der jüngsten Bürgerversammlung formulierte. »Kommentar