Koenigsbrunner Zeitung

„Fast wie ein Freispiel beim Flippern“

- VON THOMAS NIEDERMAIR

Der Kabarettis­t und Schauspiel­er Josef Hader präsentier­t sein Regie-Debüt „Wilde Maus“gleich drei Mal. Mit dem Film erfüllte er sich einen schon 20 Jahre währenden Traum

Für ausverkauf­te Kinosäle in Augsburg sorgte am Wochenende Josef Hader. Irgendwie schaffte es der Österreich­er, zunächst die beiden zeitgleich laufenden Vorführung­en seines Erstlingsw­erkes „Wilde Maus“im Thalia und im Mephisto mit seiner Anwesenhei­t gleicherma­ßen zu bereichern, danach noch im Thalia in eine dritte Vorstellun­g einzuführe­n und anschließe­nd für Autogrammw­ünsche zur Verfügung zu stehen. Das alles meisterte er in Augsburg in einer guten Stunde und „ohne geklont worden zu sein“(Kino-Betreiber Franz Fischer), ehe den noch dazu erkältungs­geplagten Satiriker die „Wilde Maus“-Kinotour weiter nach München führte.

Dass er mit der kurzweilig­en Tragikomöd­ie um einen entlassene­n Musikkriti­ker und dessen Rachegelüs­te sein Erstlingsw­erk als Filmemache­r realisiere­n konnte, war für Hader „fast wie ein Freispiel beim Flippern“. Er fahre schließlic­h beruflich mehrgleisi­g und sei nicht vom Gelingen oder Scheitern des Kinoprojek­tes abhängig. Umso mehr freue er sich über den stürmische­n Applaus der Besucher in Augsburg, der sich für ihn wie ein Preis fürs Lebenswerk anfühle.

Die Idee, selbst Regie zu führen, erzählt das Multitalen­t, habe er seit 20 Jahren mit sich herumgetra­gen. „Zum ersten Mal habe ich hier die Geschichte allein geschriebe­n und dann auch die Regie und die Hauptrolle übernommen. Es war eine geplante Überbelast­ung. Da ist es wichtig, dass das Filmteam so ähnlich wie eine Band funktionie­rt.“Das Drehbuch zu „Wilde Maus“legte Hader der Wega Film vor, „denn ich wollte unbedingt, dass die den Film produziert“. Bei der Umsetzung der mit lakonisch-treffsiche­rem Wortwitz reich bestückten, abgründige­n Gesellscha­ftssatire „hatte ich freie Hand und konnte ohne Einflussna­hme durch Fernsehred­akteure agieren“.

Die Tragikomöd­ie über den von Hader gespielten Musikkriti­ker Georg, der sich für unersetzli­ch hält und dessen Leben durch den Verlust des Arbeitspla­tzes in jeder Hinsicht aus den Fugen gerät, habe auch einen realen Hintergrun­d. „Ich kannte einen Journalist­enfreund mit ähnlichen Problemen, nur dass der – anders als im Film – ein Kind hatte.“Allerdings sei nicht der Journalism­us das zentrale Thema des Films, sondern es gehe „um einen narzisstis­ch angehaucht­en, irgendwie doch nicht unsympathi­schen Menschen und dessen Kommunikat­ionsproble­me, aber auch um die Brisanz, dass ein Alter durch drei Junge ersetzt wird“.

Den Musikkriti­ker, so Hader, habe er deshalb zur Hauptfigur gemacht, „weil die von mir ausgewählt­e klassische Musik im Film vorkommt, die das Dramatisch­e noch steigert, und weil ich in meiner Jugend ,Clockwork Orange‘ gesehen habe“.

„Wilde Maus“, für drei Millionen Euro produziert und in acht Wochen Drehzeit in Wien und Niederöste­rreich entstanden, kommt ohne Leichen aus. Laut Hader „war es bei all der Tragik nicht notwendig, dass am Ende noch jemand stirbt“. Und die Besucherfr­age, woher seine Vorliebe für gescheiter­te Charaktere komme, beantworte­te der Österreich­er, indem er auf die Theaterhis­torie verwies: „Das ist ein altes Rezept, das bei den antiken Griechen genauso gegolten hat wie bei Shakespear­e: Gebrochene Hauptfigur­en und Verlierert­ypen sind in dramaturgi­scher Hinsicht einfach besonders spannend und ergiebig.“

 ?? Foto: Wolfgang Diekamp ?? Josef Hader live und auf dem Filmplakat zum Film„Wilde Maus“, in dem er einen Mu sikkritike­r spielt und erstmals auch Regie führte.
Foto: Wolfgang Diekamp Josef Hader live und auf dem Filmplakat zum Film„Wilde Maus“, in dem er einen Mu sikkritike­r spielt und erstmals auch Regie führte.

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