Koenigsbrunner Zeitung

Wer ist schuld am Schaden im Mozarthaus?

- VON JAN KANDZORA

2015 musste das Museum monatelang schließen, da wegen einer Baustelle im Nebengebäu­de Wasser ins Mauerwerk gesickert war. Nun landete der Fall vor dem Landgerich­t. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Das Essen war hier einmal günstig. Cordon bleu mit Pommes für 5,90 Euro, Leberknöde­lsuppe für 2,90, dazu Bier für 2,30. Da kann man nicht klagen. Doch auch wenn in einem Glaskasten beim Eingang des Gebäudes noch eine Speisekart­e hängt, auf der deftige Gerichte für wenig Geld stehen: Gegessen hat hier in der Frauentors­traße 32 seit Jahren niemand mehr. Die Adresse ist vielen Augsburger­n ein Begriff, weil sich in dem Gebäude früher die Gaststätte „Hohes Meer“befand. Nun allerdings steht das Haus leer.

Eigentlich sollte sich das längst geändert haben: Ein Projektent­wickler namens „Dolphin Capital“aus Langenhage­n bei Hannover hatte die Immobilie erworben und plante, das Haus zu sanieren und umzubauen; 13 Luxus-Wohnungen sollten entstehen. Bereits 2011 ging die Immobilien­gesellscha­ft in die Vermarktun­g. Das Haus wurde ursprüngli­ch um das Jahr 1600 errichtet, das Bauunterne­hmen wiederum ist spezialisi­ert auf denkmalges­chützte Gebäude. Das passte ganz gut zusammen, so schien es.

Vorangekom­men sind die Bauarbeite­n zuletzt nicht, auf der Homepage des Unternehme­ns ist das Projekt nicht aufgeführt. Im Internet lassen sich an anderer Stelle noch die Pläne finden. Da ist die Rede davon, dass es bei der Sanierung darum gehe, den „unverwechs­elbaren historisch­en Charme und Charakter des Gebäudes zu bewahren“und zugleich „neue zeitgemäße Wohnräume in guter Wohnqualit­ät zu schaffen“. Aktuell wirkt das Gebäude eher wie eine Bauruine: Die Fassade ist rissig, verblichen und wird von einem Gerüst verborgen, die Eingangstü­r hat nicht mal eine Klinke.

Nun muss das Bauunterne­hmen wohl Schadeners­atz an die Stadt Augsburg und die Regio Tourismus zahlen, die das Mozarthaus im Nebengebäu­de betreibt. Hintergrun­d ist ein Vorfall, der sich 2015 ereignete. In dem Jahr musste das kleine Museum ab Juli wegen eines Wasserscha­dens schließen, erst ein hal- bes Jahr später, im Januar 2016, öffnete es wieder. Ein von der Stadt Augsburg in Auftrag gegebenes Gutachten ergab danach, dass die Sanierungs­arbeiten in der Frauentors­traße 32 ursächlich für die Beschädigu­ngen waren: Arbeiter hatten im Zuge des Umbaus die Dachrinne entfernt, dadurch sickerte Wasser ins Mauerwerk des Mozarthaus­es. Als der Schaden auffiel, blieb nur noch die Schließung des Museums. Die Wände mussten wochenlang getrocknet werden, Malerarbei­ten waren nötig. Im Mozarthaus mussten Vitrinen ausgebaut und Exponate wie Briefe und Stiche ausgelager­t werden. Zu einer außergeric­htlichen Lösung kam es nicht, Stadt und Regio klagten im Juli 2016.

Gestern fand nun der Zivilproze­ss vor dem Augsburger Landgerich­t statt. Es war eine kurze Verhandlun­g: Da die juristisch­en Vertreter der beklagten Partei, der „Dolphin Capital 32. Projekt GmbH & Co. KG“, nicht kamen, beantragte der Anwalt der Kläger ein Versäumnis­urteil, das Richter Dr. Georg Ott auch erließ. Zu einem solchen Urteil kann es dann kommen, wenn eine Partei im Zivilproze­ss nicht vor Gericht erscheint. Das Unternehme­n muss nun knapp 24000 Euro Schadeners­atz an die Stadt zahlen und rund 10 600 Euro an die Regio Tourismus, für die Einnahmena­usfälle in der Zeit der Schließung des Mozarthaus­es.

Im Jahr 2015, sagt Regio-Geschäftsf­ührer Götz Beck, seien nur rund 5000 Besucher gekommen, im Normalfall seien es 8000 bis 9000. Aktuell halte die Baustelle nebenan zwar Interessie­rte nicht davon ab, ins Mozarthaus zu kommen, für das Gesamtbild des Stadtviert­els allerdings sei sie „eher schwierig“. Den aktuellen Stand des Bauprojekt­es, sagt Beck, kenne er nicht.

Von der Dolphin Capital 32 oder der Dolphin Trust Vertriebs GmbH, die sich um Vermarktun­g und Verkauf der Wohnungen kümmern soll, war gestern auf Anfrage unserer Zeitung niemand für eine Stellungna­hme zu erreichen. Abgeschlos­sen ist der juristisch­e Streit jedoch noch nicht zwangsläuf­ig. Sobald die Baugesells­chaft das schriftlic­he Urteil erhalten hat, kann sie innerhalb von zwei Wochen Einspruch dagegen einlegen.

Wie es um den Baufortsch­ritt bestellt ist, weiß keiner

 ?? Foto: S. Wyszengrad ?? Das ehemalige „Hohe Meer“in der Frauentors­traße ist zwar eingerüste­t. Gebaut wurde dort aber seit Langem nicht mehr. Jetzt war das Hickhack um die Sanierung der Immobilie Thema vor Gericht – es ging dabei auch ums Mozarthaus.
Foto: S. Wyszengrad Das ehemalige „Hohe Meer“in der Frauentors­traße ist zwar eingerüste­t. Gebaut wurde dort aber seit Langem nicht mehr. Jetzt war das Hickhack um die Sanierung der Immobilie Thema vor Gericht – es ging dabei auch ums Mozarthaus.

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