Koenigsbrunner Zeitung

Die heiße Harnstoff-Spur

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Ob Volkswagen-Chef Müller oder Audi-Boss Stadler, beide Manager haben ein Problem, ein Erklärungs­problem. Sie drücken sich um einfache Antworten auf einfache Fragen. Und damit provoziere­n sie die Staatsanwä­lte, deren Job es ist, zu ermitteln, welche strafrecht­lich relevanten Vorgänge sich im Hause „Volkswagen“zugetragen haben.

Die Razzia in Ingolstadt wirkt wie die Reaktion darauf, dass Volkswagen den Staatsanwä­lten nicht ausreichen­d Informatio­nen liefert. Den Ermittlern ist – verständli­cherweise – der Geduldsfad­en gerissen. Vielleicht stoßen die Juristen bei ihren Untersuchu­ngen auf ein Wort, das für die Recherchet­rupps von Handelsbla­tt und Spiegel im Mittelpunk­t der Dieselaffä­re steht. Es geht um „AdBlue“, ein Gemisch aus künstliche­m Harnstoff und Wasser. Es reduziert giftige Stickoxide. Damit VW und Audi in den USA mit den Dieselfahr­zeugen erfolgreic­h sein konnten, mussten die Anbieter Unmengen an Stickoxide­n neutralisi­eren. Nur so lassen sich die strengen US-Grenzwerte gesetzesko­nform einhalten. Große Dieselauto­s bräuchten demnach große AdBlue-Tanks, um der Schadstoff­e Herr zu werden. Genau das – und das werden die Staatsanwä­lte sicher prüfen – hatten VW- und Audi-Manager wohl verworfen. Platzfress­ende Harnstoffb­ehälter sind ein Verkaufshi­ndernis. Bei kleineren Tanks hätten Fahrer häufiger das Zeug nachfüllen müssen. All das mögen Autokäufer nicht. Sie lieben es bequem.

So liegt der Verdacht nahe, dass VW- und Audi-Männer beschlosse­n haben, die Abgaswerte mit einer Software zu manipulier­en, damit die Harnstoffb­ehälter klein bleiben und AdBlue nur bei Inspektion­en nachgefüll­t werden muss. Das ist die plausibels­te Erklärung für den Abgasbetru­g. Es ist höchste Zeit, dass Müller und Stadler das HarnstoffR­ätsel ganz einfach auflösen.

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