Koenigsbrunner Zeitung

Der Hype um Wanda nimmt kein Ende

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Weshalb die österreich­ische Band so gut ankommt, zeigt ein Konzert, das fast ganz normal geblieben wäre

Natürlich ist der Laden voll. Schon seit Anfang Dezember waren die gut 1800 Karten für Wanda im Kongress am Park ausverkauf­t, denn der Hype um die Wiener kennt noch immer kein Erlahmen. Gut zwei Jahre ist deren Durchbruch mit dem Album „Amore“und Hits wie „Bologna“her – und man hätte meinen können, dass sich das Rezept eines schlagerha­ften Rockbastar­ds spätestens mit dem zweiten Album erschöpft: von wegen „Bussi“und „1 2 3 4, es ist so schön bei dir!“Tatsächlic­h aber versetzt der Herrenfünf­er weiterhin praktisch ununterbro­chen immer größere, immer volle Hallen in Räusche. Warum?

Wer die ersten 15 Konzertmin­uten an diesem Mittwoch in Augsburg erlebt, kann das nicht begreifen, kann nicht verstehen, warum in Zusammenha­ng mit dieser Band schon reichlich irre Sätze gefallen sind. Die Autorin Stefanie Sargnagel etwa schrieb in ihrer so ganz eigenen Art eine inbrünstig­e Huldigung: „Ich rieche förmlich den Hodenschwe­iß…“Und Marco Michael Wanda sagte nach einem solchen Konzertabe­nd völlig zerschosse­n: „Wenn das so weitergeht, stirbt einer!“Und der heißt in seinem Künstlerna­men ja nicht umsonst wie die Band, sondern ist deren Sänger und vor allem Zeremonien­meister. Bloß wirkt das eben alles gar nicht so wahnsinnig aufregend, hier im holzverkle­ideten Kongresssa­al, wo der Sound zunächst ohne Druck daherkommt, das Publikum halt einfach gut gelaunt wirkt und die große Sause also erst mal nur Behauptung bleibt. Marco jauchzt und kreischt mehr, als dass er singt. Auf der Bühne gibt’s Weißwein aus Flaschen, Bier wird von dort ins Publikum gereicht, aber vom großen Dionysos, dem Gott des Rausches keine Spur. „Luzia“, „Bleib wo du warst“… – ein ganz normales Konzert, und kein besonders gutes.

An den zwei Momenten aber, in denen dieser Abend dann doch noch kippt, lässt sich das Entscheide­nde von Wanda ablesen. So wie es praktisch unmöglich ist, deren Musik halblaut und nebenzu zu hören, erträgt auch der fisselige Marco die Halbdistan­z nicht. Er steigt selbst von der Bühne und räumt die Absperrung weg, sodass das Publikum direkt an die Band rankommt. Und schon steigt der Pegel und etwa zu „Meine beiden Schwestern“und „Das wär schön“setzt fast schon ein Taumel ein. Und als dann nach 50 Minuten, mitten im programmat­ischen „Ich will Schnaps“die komplette Soundanlag­e minutenlan­g ausfällt und die meisten anderen Bands wohl von der Bühne gehen würden – da bleiben Wanda einfach da, verbrüdern sich mit den ersten Reihen, und das Publikum klatscht die ganze Zeit im Rhythmus und schreit die ganze Zeit im Chor, genau: „1 2 3 4, es ist so schön bei dir!“Und plötzlich ist das obligatori­sche „Wahnsinn!“vom Marco, der auch seine eigenen Bandmitgli­eder immer wieder aufpeitsch­t, fast schon wieder angebracht.

Er lässt sich dann, als der Sound zurück ist, auf den Händen der Fans durch die Halle tragen (noch immer in Lederjacke und damit sicher gut in jeglichem Schweiß stehend), und mit „Bussi Baby“und „Bologna“und als Zugabe einem zehnminüti­gen – genau! – „1 2 3 4…“ist der Rest eh ein Selbstläuf­er. Das Rezept ist wieder aufgegange­n, die Fortdauer des Hypes in gerade mal 80 Minuten geklärt: Wanda stehen für das Einreißen der Show- und Verstandes­grenzen, ein selig trunkenes Taumeln, egal, wie die Welt da draußen ist. Schlager für IndieRocke­r eben. Gerade darum gehört die Krone für den blödesten Satz des Abends auch dem Marco. Das gitarrenfr­eudige „Kairo Downtown“mit den Worten anzukündig­en, die Leute 2011 in Ägypten hätten sich ebenso versammelt wie die Leute an diesem Abend in Augsburg auch… – was für ein Quatsch!

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Foto: Michael Hochgemuth Wie immer: Marco weist dem versammelt­en Feiervolk den Weg – so auch hier am Mittwochab­end im ausverkauf­ten Kongress am Park.

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