Der Hype um Wanda nimmt kein Ende
Weshalb die österreichische Band so gut ankommt, zeigt ein Konzert, das fast ganz normal geblieben wäre
Natürlich ist der Laden voll. Schon seit Anfang Dezember waren die gut 1800 Karten für Wanda im Kongress am Park ausverkauft, denn der Hype um die Wiener kennt noch immer kein Erlahmen. Gut zwei Jahre ist deren Durchbruch mit dem Album „Amore“und Hits wie „Bologna“her – und man hätte meinen können, dass sich das Rezept eines schlagerhaften Rockbastards spätestens mit dem zweiten Album erschöpft: von wegen „Bussi“und „1 2 3 4, es ist so schön bei dir!“Tatsächlich aber versetzt der Herrenfünfer weiterhin praktisch ununterbrochen immer größere, immer volle Hallen in Räusche. Warum?
Wer die ersten 15 Konzertminuten an diesem Mittwoch in Augsburg erlebt, kann das nicht begreifen, kann nicht verstehen, warum in Zusammenhang mit dieser Band schon reichlich irre Sätze gefallen sind. Die Autorin Stefanie Sargnagel etwa schrieb in ihrer so ganz eigenen Art eine inbrünstige Huldigung: „Ich rieche förmlich den Hodenschweiß…“Und Marco Michael Wanda sagte nach einem solchen Konzertabend völlig zerschossen: „Wenn das so weitergeht, stirbt einer!“Und der heißt in seinem Künstlernamen ja nicht umsonst wie die Band, sondern ist deren Sänger und vor allem Zeremonienmeister. Bloß wirkt das eben alles gar nicht so wahnsinnig aufregend, hier im holzverkleideten Kongresssaal, wo der Sound zunächst ohne Druck daherkommt, das Publikum halt einfach gut gelaunt wirkt und die große Sause also erst mal nur Behauptung bleibt. Marco jauchzt und kreischt mehr, als dass er singt. Auf der Bühne gibt’s Weißwein aus Flaschen, Bier wird von dort ins Publikum gereicht, aber vom großen Dionysos, dem Gott des Rausches keine Spur. „Luzia“, „Bleib wo du warst“… – ein ganz normales Konzert, und kein besonders gutes.
An den zwei Momenten aber, in denen dieser Abend dann doch noch kippt, lässt sich das Entscheidende von Wanda ablesen. So wie es praktisch unmöglich ist, deren Musik halblaut und nebenzu zu hören, erträgt auch der fisselige Marco die Halbdistanz nicht. Er steigt selbst von der Bühne und räumt die Absperrung weg, sodass das Publikum direkt an die Band rankommt. Und schon steigt der Pegel und etwa zu „Meine beiden Schwestern“und „Das wär schön“setzt fast schon ein Taumel ein. Und als dann nach 50 Minuten, mitten im programmatischen „Ich will Schnaps“die komplette Soundanlage minutenlang ausfällt und die meisten anderen Bands wohl von der Bühne gehen würden – da bleiben Wanda einfach da, verbrüdern sich mit den ersten Reihen, und das Publikum klatscht die ganze Zeit im Rhythmus und schreit die ganze Zeit im Chor, genau: „1 2 3 4, es ist so schön bei dir!“Und plötzlich ist das obligatorische „Wahnsinn!“vom Marco, der auch seine eigenen Bandmitglieder immer wieder aufpeitscht, fast schon wieder angebracht.
Er lässt sich dann, als der Sound zurück ist, auf den Händen der Fans durch die Halle tragen (noch immer in Lederjacke und damit sicher gut in jeglichem Schweiß stehend), und mit „Bussi Baby“und „Bologna“und als Zugabe einem zehnminütigen – genau! – „1 2 3 4…“ist der Rest eh ein Selbstläufer. Das Rezept ist wieder aufgegangen, die Fortdauer des Hypes in gerade mal 80 Minuten geklärt: Wanda stehen für das Einreißen der Show- und Verstandesgrenzen, ein selig trunkenes Taumeln, egal, wie die Welt da draußen ist. Schlager für IndieRocker eben. Gerade darum gehört die Krone für den blödesten Satz des Abends auch dem Marco. Das gitarrenfreudige „Kairo Downtown“mit den Worten anzukündigen, die Leute 2011 in Ägypten hätten sich ebenso versammelt wie die Leute an diesem Abend in Augsburg auch… – was für ein Quatsch!