Wie Stadt und Sex Branche miteinander ringen
Ein Bordellbesitzer will sein „Laufhaus“in Lechhausen deutlich vergrößern. Damit ist er erst einmal gescheitert. Doch vor Gericht wird klar: Die Kommune muss bald ihr Bordellkonzept vorlegen, das sie seit Jahren ankündigt
Über „Vanessa“, 34, heißt es auf der Internetseite des Lechhauser Bordells, sie sei „der perfekte Ausgleich nach einem anstrengenden Tag“. Und „Maya“aus Brasilien wird mit der Aufforderung zitiert: „Genießen Sie mich in vollen Zügen!“Bis zu 15 Prostituierte arbeiten momentan im „Laufhaus 29“in der Zusamstraße. Seit knapp zwei Jahren gibt es das Bordell, das in einem ehemaligen Firmengebäude eingerichtet wurde. Der Besitzer des Gebäudes will den Rotlichtbetrieb deutlich erweitern. Er hat eine Genehmigung für weitere 24 Zimmer beantragt. Doch die Stadt stellt sich quer. Sie will das Rotlichtmilieu in Lechhausen eigentlich zurückdrängen, weil sie befürchtet, dass die Gewerbegebiet dort darunter leiden.
Der Streit um die Erweiterung des Bordells wurde am Donnerstag auch vor dem Verwaltungsgericht geführt. Der Bordellbesitzer hat gegen die ablehnende Haltung der Stadt geklagt. Er kritisierte, dass die Stadtverwaltung seit einigen Jahren nur noch Bordelle verhindern wolle. Eine reine „Negativplanung“, wie es im Baurecht heißt, sei aber nicht zulässig. Tatsächlich hat die Stadt zuletzt mehrere neue Rotlichtbetriebe verhindert, indem sie sogenannte Veränderungssperren erließ und neue Bebauungspläne aufstellte. Im Fall eines geplanten Großbordells in der Steinernen Furt in Lechhausen hat die Stadt mit ihrem strikten Kurs vor Kurzem auch vor dem Verwaltungsgerichtshof in München Recht bekommen.
Allerdings: Es fehlt bislangdas klare Konzept, wo und in welcher Form in der Stadt künftig noch Platz sein soll für das Sex-Gewerbe. Eigentlich wollte die Verwaltung schon bis Ende 2015 dem Stadtrat ein Bordell-Strukturkonzept vorlegen, das auf diese Fragen eingeht. Doch das Konzept, mit dessen Erstellung ein externes Planungsbüro beauftragt wurde, lässt auf sich warten. Vor Kurzem hieß es noch, das umfangreiche Werk werde Ende März im Stadtrat und den zuständigen Ausschüssen behandelt. Inzwischen werden der Mai oder der Juni als Termin benannt. Offensichtlich ist die Ausarbeitung des Konzeptes deutlich schwieriger als zunächst angenommen. Gegen einen Endbericht, der im November von dem Büro vorgelegt wurde, hatte die Verwaltung wohl noch zahlreiche Einwände. Es bestehe der Bedarf einer „weiteren Ausarbeitung“, sagte die städtische Baujuristin Carolin Rößler-Schick vor Gericht. Offenbar rechnet die Stadt damit, dass Rotlicht-Betreiber gegen das Konzept klagen werden. Es soll daher wohl möglichst wasserdicht sein.
Die politische Vorgabe an die Planer ist, die Ausbreitung des Rotlichtgewerbes in der Stadt zu bremsen. Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) sprach in diesem Zusammenhang von einer „überdimensionierten Anzahl“an Betrieben im Vergleich zu anderen Großstädten wie München oder Nürnberg. Rund 20 Bordellbetriebe sind nach Angaben von Carolin Rößler-Schick derzeit im Stadtgebiet genehmigt. Einiges spricht dafür, dass es in dem Konzept wenig Spielraum für neue Betriebe geben soll. Auch die Kriminalpolizei hält eine Begrenzung für dringend erforderlich. Je mehr Bordelle es in Augsburg gebe, umso größer werde der Konkurrenzdruck auf die Prostituierten, lautet die Argumentation. Sie seien dann gezwungen, sich für weniger Geld auch auf unwürdige Sex-Praktiken einzulassen. Fraglich ist allerdings, ob eine solche Begrenzung auch rechtlich zulässig ist.
Der Konflikt um die Erweiterung des „Laufhauses 29“ist indes auf Eis gelegt. Der Bordellbesitzer zog seine Klage zurück, nachdem das Gericht signalisierte, dass er mit einer Niederlage rechnen muss. Er baue aber darauf, dass die Stadt nun rasch das Konzept vorlege, sagte er. Und er werde auch einen neuen, angepassten Antrag auf Erweiterung seine Bordells stellen. In einem sogenannten Laufhaus mieten sich Frauen in einzelne Zimmer ein und bieten dort den Freiern ihre Dienste an. In der Regel arbeiten und wohnen die Frauen dabei in ein- und demselben Raum. Der Besitzer des „Laufhaus 29“sagte, er müsse sein Haus erweitern – sonst könne er nicht wirtschaftlich arbeiten. Der Konkurrenzdruck im Milieu sei vor allem durch die vielen illegalen Bordellwohnungen groß.
Die Stadt verweist darauf, dass sie gegen illegale Bordellnutzungen vorgeht, wenn es Beschwerden gibt. Aktuell sollen zwei Häuser in der Riedinger Straße, in denen zahlreiche Prostituierte arbeiten, geschlossen werden. Ein Verfahren zur Nutzungsuntersagung läuft. Doch auch dagegen will sich der Besitzer der Häuser vor Gericht wehren.