Aggressive Jugendliche bereiten der Polizei Sorgen
Das Ausmaß der gerade noch verhinderten Massenschlägerei unter Migranten ist für die Beamten neu. Was jetzt geschieht
Es gibt bis jetzt mehr Fragen als Antworten. Noch immer hat die Polizei keine genauen Informationen, weshalb es am Dienstag im Osterfeldpark in Kriegshaber fast eine Massenschlägerei mit mehr als 100 Jugendlichen gegeben hat. Den Erkenntnissen der Polizei zufolge handelte es sich vor allem um Jugendliche mit Wurzeln im Irak, in Afghanistan und in der Türkei. Die große Menge, die sich im Park versammelt hat, hat die Polizei überrascht. „Etwas in diesem Ausmaß haben wir bisher nicht gehabt“, sagt Polizeisprecher Siegfried Hartmann.
Es ist am Dienstagabend nichts passiert, was größere Strafen nach sich ziehen könnte. Die Polizei war schnell mit mehr als zehn Streifen vor Ort. Nur deshalb sei es zu keiner Schlägerei gekommen, lautet die Einschätzung der Beamten. Zwar skandierten einige Jugendliche Parolen wie „Drecks-Deutschland“und „Nazi-Bullen“. Doch sie sprachen niemanden direkt an. Gerichte urteilen in solchen Fällen oft, dass Äußerungen wie diese noch von der Meinungsfreiheit gedeckt seien.
Erledigt ist der Fall für die Polizei aber damit noch nicht. Die Beamten sind wegen der enormen Aggressivität der Beteiligten besorgt. Spezielle Jugendkontaktbeamte, die es bei jeder Inspektion gibt, versuchen, die Hintergründe herauszufinden. Vermutlich war am Dienstag in dem Park ein Racheakt für eine Schläge- rei geplant, die sich am Tag zuvor am Rathausplatz abgespielt hat. Ein 15-jähriger Junge mit irakischen Wurzeln hat dort eine Kopfplatzwunde erlitten. Unklar ist aber, worum es bei der ersten Schlägerei am Montag ging – ob es sich etwa um Rivalitäten zwischen verschiedenen Nationalitäten handelte oder ob es einen ganz anderen Streit gab.
Die Polizei will verhindern, dass es weitere Auseinandersetzungen gibt. Bei einer ohnehin geplanten Kontrollaktion am Donnerstag am Kö warfen die Beamten auch einen Blick auf mögliche Beteiligte des Vorfalls im Osterfeldpark. Den Ermittlungen zufolge waren junge Flüchtlinge dabei, aber auch Jugendliche mit ausländischen Wurzeln, die schon länger in Deutschland leben oder auch hier geboren wurden. Sie kamen aus verschiedenen Stadtteilen. Das Personal des nahe gelegenen Jugendhauses „r 33“kannte nur wenige flüchtig. „Es waren keine Stammgäste“, sagt Christine Paula vom Stadtjugendring.
Erwin Schletterer befasst sich seit Jahren mit Kriminalität bei Jugendlichen. Er ist Geschäftsführer des Vereins Brücke, der sich um straffällige junge Leute kümmert. Von einer drohenden Schlägerei in diesem Ausmaß habe er in den vergangenen Jahren nichts erfahren, sagt er. Das sei neu. Zuletzt habe es Ähnliches in den 90er Jahren gegeben, als verfeindete Gruppen russisch- und türkischstämmiger Jugendlicher existierten. Beim Verein registrierte man zuletzt sogar einen Rückgang der Gewalt. Während vor einigen Jahren noch so viele junge Schläger verurteilt worden sind, dass es drei Mal pro Woche ein Anti-Agressions-Training gab, habe man die Zahl der Kurse inzwischen auf einen reduziert. Als nicht ungewöhnlich bewertet man bei der Polizei indes die Tatsache, dass junge Migranten untereinander in Streit geraten sind. Das komme – wenn auch in kleinerem Ausmaß – immer wieder vor, sagt Polizeisprecher Hartmann. Auch Lehrer stellen das fest. Ein Lehrer eines Augsburger Gymnasiums berichtet, dass zwei türkischstämmige Jungen in seiner Klasse immer wieder Ärger hatten. Der Grund in diesem Fall: Ein Junge kam aus einem liberalen Elternhaus, der andere aus einer konservativen Familie.