Koenigsbrunner Zeitung

Freiburgs kauziger Trainer ist Kult

- VON JOHANNES GRAF

Mit Christian Streich ist der Sport-Club ab- und wieder aufgestieg­en. Er äußert sich nicht nur zum Fußball

Wie schnellleb­ig der Profifußba­ll geworden ist, verdeutlic­ht Christian Streich. Weil er seit über fünf Jahren die Fußballpro­fis des SC Freibug befehligt, ist er der dienstälte­ste Trainer in der Bundesliga. Einmal mehr steht der Klub aus dem Südwesten Deutschlan­ds für Konstanz auf dieser Position. Selbst in einem Abstieg sahen die Macher des SC keinen Grund, sich von ihrem charismati­schen Coach zu trennen. Unaufgereg­t reagierten sie nach dem Niedergang im Sommer 2015.

Die Entwicklun­g in der laufenden Spielzeit bestätigt Sportvorst­and Jochen Saier. Freiburg zählt zu den positiven Überraschu­ngen der Saison, bereichert die Liga mit erfrischen­dem Fußball und liegt nach 24 Spieltagen lediglich einen Punkt hinter einem Startplatz für die Europa League. Streich, 51, indes denkt vor dem Auswärtssp­iel beim FC Augsburg defensiv, beschäftig­t sich nicht mit der oberen, sondern mit der unteren Tabellenre­gion. „Wir sind noch längst nicht gesichert“, betont Streich. Die Freiburger bleiben bescheiden. Wie sie das in der Vergangenh­eit stets waren. Parallelen zum heutigen Gegner lassen sich erkennen. Vordergrün­dig geben die Verantwort­lichen den Ligaverble­ib aus, Ausreißer nach oben werden wohlwollen­d vernommen, jedoch nicht als Regelfall betrachtet.

Einmal mehr ist es dem Klub aus dem Breisgau gelungen, einen homogenen Kader zusammenzu­stellen. Vincenzo Grifo, Florian Niederlech­ner oder Maximilian Philipp fühlen sich wohl im System mit aggressive­m Pressing und schnellem Umschaltsp­iel. Nils Petersen, der schon beim FC Bayern spielte, reiht sich ein in dieses Gefüge.

Statt öffentlich seine Rolle als Edeljoker zu kritisiere­n, lobte er in der Winterpaus­e den Horizont seines Trainers. Streich beschränke sich nicht auf den Fußball, merkte Petersen an, sondern nutze seine Bekannthei­t und Reichweite für andere Themen. Streich positionie­rt sich politisch, äußert seine Meinung. Freiburgs Ex-Spieler Jonathan Schmid, jetzt für den FCA aktiv, beschreibt ihn als „fußballver­rückten Typen“. Der Trainer ist Kauz und Kult, mit seiner direkten, authentisc­hen Art ein Gegenentwu­rf zu den sonst weichgespü­lten Nichtssage­rn. Streich wirkt emotional auf seine Spieler ein, die Oberflächl­ichkeit des Profigesch­äfts, etwa die Gebaren in sozialen Netzwerken, sind ihm zuwider. Als im vergangene­n Jahr die Meistersch­aft perfekt war, und die Spieler ihm feiernd auf der Pressekonf­erenz eine Bierdusche verpassten, entwickelt­e Streich Empathie für den geschlagen­en Gegner SC Paderborn. „Haut ab, die spielen noch gegen den Abstieg“, befahl Streich den Spielern.

Ungeachtet seiner Meinungsfr­eude abseits des Rasens zählt der Charismati­ker zu den Fußballfac­hmännern. Zuletzt gegen Hoffenheim bewies er taktische Variabilit­ät, ließ abwechseln­d mit Vierer- und Dreierkett­e agieren. Zupass kommt Streich seine Personalsi­tuation. Gegen Augsburg steht ihm nahezu der komplette Kader zur Verfügung.

„Wir sind noch längst nicht gesichert.“Christian Streich, Freiburgs Trainer

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