Koenigsbrunner Zeitung

Der größte künstliche Diamant der Welt

- VON EVA MARIA KNAB

Forscher der Universitä­t Augsburg züchten 155-Karäter. Er muss den Vergleich mit den britischen Kronjuwele­n nicht scheuen

Bei großen Diamanten denkt man an Könige und gekrönte Häupter. Forscher der Universitä­t Augsburg haben nun einen künstliche­n Diamanten gezüchtet, der einen Vergleich mit den britischen Kronjuwele­n nicht scheuen muss – etwa mit dem großen Diamanten im Zepter der Queen. „Mit seinem Gewicht von 532 Karat liegt der Cullinan I noch weit vor uns, und das wird wohl auch noch länger so bleiben. In der Fläche haben wir ihn aber bereits deutlich geschlagen“, sagt Physiker Matthias Schreck.

Den Augsburger Diamantfor­schern vom Lehrstuhl für Experiment­alphysik ist es erstmals gelungen, einen synthetisc­hen Diamanten mit 155 Karat und und 92 Millimeter­n Durchmesse­r herzustell­en. Dies sei der größte synthetisc­he Diamant der Welt, so Schreck. Diamanten werden an der Universitä­t Augsburg seit 1991 erforscht und synthetisi­ert. Die Wissenscha­ftler haben das Ziel, die physikalis­chen und chemischen Prozesse beim Kristallwa­chstum zu verstehen. In der Natur sind gewaltige Druckverhä­ltnisse und Temperatur­en nötig, um das häufig vorkommend­e Mineral Grafit in seltene und wertvolle Diamanten umzuwandel­n. In den Augsburger Laboren wird dagegen mit chemischen Prozessen und Unterdruck gearbeitet, um synthetisc­he Diamantsch­eiben herzustell­en. Unter bestimmten Bedingunge­n lagern sich Kohlenwass­erstoffmol­eküle ab und lassen Schicht für Schicht Diamanten wachsen. Das eigentlich­e Wachstum der künstliche­n Diamanten dauert wenige Tage. Der Herstellun­gsprozess gilt aber als sehr komplizier­t. Es kann viel schiefgehe­n. Umso größer war die Freude im Augsburger Forscherte­am über das gelungene Ergebnis. „Es war fasziniere­nd, nach etlichen Tagen des Wachstums unter einer mehrere Tausend Grad heißen Plasmaentl­adung den Reaktor zu öffnen und die ersten großflächi­gen Proben in Händen zu halten“, sagt Physiker Stefan Gsell. Er führte zusammen mit seinem Kollegen Martin Fischer die entscheide­nden Entwicklun­gen im Labor durch.

In der renommiert­en Zeitschrif­t Scientific Reports berichten die Augsburger Experminat­alphysiker nun über ihre spektakulä­ren Ergebnisse und über den langen Weg zu diesem Erfolg. Die Wissenscha­ftler sind aber auch vom wirtschaft­lichen Nutzen ihrer Entwicklun­g überzeugt. Sie haben inzwischen ein Start-up-Unternehme­n gegründet, das die technologi­sche Entwicklun­g weiter vorantreib­en soll. Die Augsburger Diamanten sollen einen kommerziel­len Einsatz in verschiede­nen Technologi­efeldern finden, angefangen bei industriel­len Schneidwer­kzeugen über optische Bauteile bis hin zu Detektoren an großen Teilchenfo­rschungsei­nrichtunge­n wie dem europäisch­en Kernforsch­ungszentru­m CERN in Genf.

Bleibt eine Frage an die Forscher: Sind synthetisc­he Diamanten echte Diamanten?“Aus Sicht des Physikers lautet die Antwort: Ja. Beim Vergleich der Kristallst­rukturen stellt er eine vollständi­ge Identität zwischen Naturdiama­nten und im Labor gezüchtete­n Kristallen fest. „Nur an charakteri­stischen atomaren Defekten, die beide besitzen, lässt sich natürliche­r Ursprung oder synthetisc­he Erzeugung noch feststelle­n“, sagt Schreck. Trotz aller Forschunge­rfolge bleibt Mutter Natur somit unerreicht. »Kommentar

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Fotos: Martin Fischer, imago Forscher der Universitä­t Augsburg haben einen künstliche­n Diamanten gezüchtet (r.), der den Vergleich mit dem Cullinan I aus dem Zepter der Queen nicht scheuen muss. Was wohl das britische Königshaus dazu sagen würde?
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