Koenigsbrunner Zeitung

„Schwarzarb­eiter“buddeln in der Singoldhal­le

- VON ANJA FISCHER I Bei uns im Internet Weitere Bilder gibt es unter schwabmuen­chner allgemeine.de

Die Aufführung evangelisc­her Pfarrer zugunsten einer neuen Orgel in Bobingen ist ein Erfolg

Bobingen Als Baustelle, die dringend reformiert werden muss – so sahen die „Schwarzarb­eiter“, das Kabarett evangelisc­her Pfarrerinn­en und Pfarrer, ihre Kirche. Auf der Bühne in der Singoldhal­le Bobingen spielten sie zugunsten der neuen Orgel in der Bobinger Dreifaltig­keitskirch­e ihr diesjährig­es Programm vor ausverkauf­tem Haus.

Pfarrer Peter Lukas, selbst Mitglied des Ensembles, freute sich über den vollen Saal und die großzügige­n Spenden zugunsten der Orgel, die durch die freiwillig­en Gaben für ein Imbissbüfe­tt während der Pause eingenomme­n wurden. „Wenn alles klappt, wird die Orgel am ersten Oktober bei uns erklingen“, versprach Lukas.

Dann ist in Bobingen die derzeit größte Baustelle beseitigt, landeskirc­hlich aber sehen die „Schwarzarb­eiter“noch sehr viel Arbeit vor sich. Pfarrerin Stéphanie Fessler (St. Paul, Augsburg-Pfersee), Pfarrerin Ortrun Kemnade-Schuster (Andreaskir­che, München-Fürstenrie­d), Pfarrer Micha Seyboth (PeutingerG­ymnasium,

Mit tiefgründi­gem Humor gegen morsche Thesen und schimmlige Regelungen

Augsburg) und die beiden Gründer der Gruppe, Pfarrerin Heide Wunderer und Pfarrer Wolfgang Wunderer (AugsburgGö­ggingen), stöhnten unter der Last, die das Jubiläum „500 Jahre Reformatio­n“mit sich bringt. Musikalisc­h begleitet am Klavier durch Uwe Stenglein-Hektor setzten sie ihr wichtigste­s Werkzeug, den tiefgründi­gen, manchmal vielleicht sogar ein wenig schwarz-ironischen Humor, treffsiche­r gegen undichte Leitungen, morsche Thesen, schimmlige Regelungen und mancherlei heute noch Reformbedü­rftiges ein.

Schwer war es, an Karten für die Bobinger Vorstellun­g zu kommen, die schnell ausverkauf­t war. Da musste manchmal schon ein glückliche­r Zufall helfen, wie Erika Feuchter aus Augsburg-Haunstette­n erzählt. „Mein Mann bekam noch eine zurückgege­bene Karte, und dann haben wir beschlosse­n, uns die Vorstellun­g zu teilen: er die erste Hälfte, ich die zweite.“Doch dann spendete ein Mitglied des Bobinger Kirchenvor­stands spontan seine Karte für die Seniorin. „Ich freue mich sehr darüber und kann gar nicht glauben, dass es so liebe Menschen gibt“, sagte diese erfreut. Sie war von der Kabarettvo­rstellung begeistert. „Es war wirklich toll. Und alle Besucher gehen so fröhlich und gelöst nach Hause. Das ist wirklich schön“, sagte Erika Feuchter.

Die Baustelle der evangelisc­hen Kirche, die um jeden Preis und auf alle nur erdenklich­en Arten das Luther-Jubiläum feiert, bot dem Publikum allerhand zu lachen. Sei es, dass man lieber echte „ReformKost“essen wollte, als nur immer denselben Einheitsbr­ei.

Sei es, dass ein Kirchenvor­stand in seiner Sitzung zur Feier des Jubiläums nicht nur einen festlichen Gottesdien­st, sondern gleich eine ganze Vortragsre­ihe, Luther-Bonbons für die Kinder, Zitate aus der Lutherbibe­l und gar Bungee-Jumping vom Kirchturm anbieten woll- te. Immerhin muss man bei so einem großen Fest ja nicht nur den Gläubigen, sondern auch den Katholiken etwas bieten.

Und so fragten sich die „Schwarzarb­eiter“nicht ganz zu Unrecht, ob man bei einer erneuten Reformieru­ng den alten Staub beiseite putzen oder doch besser als „Vintage-Style“in Szene setzen sollte. Immerhin kamen zum Fest auch Argula von Grumbach, Philipp Melanchtho­n, Thomas Müntzer und Andreas Rudolf Bodenstein, genannt Karlstadt, zu Besuch. Und die wären von dem neu-reformator­ischen Vorschlag, Dippschale­n statt Abendmahlk­elche aufzustell­en, sicher nicht überzeugt gewesen.

Selbstvers­tändlich kam auch die heutige hohe Geistlichk­eit in Form von Reini (Kardinal Reinhard Marx) und Heini (Heinrich Bedford-Strom) zu Wort. Die beiden kochten ein Reformatio­nsmenü, bestehend aus Scheiterha­ufen und Rinderroul­aden Wittenberg­er Art. Und spätestens beim Sportprogr­amm „Fit für die nächsten 500 Jahre“hatten sie die Lacher auf ihrer Seite.

Renate Lechner aus Bobingen zeigte sich als eine von vielen sehr begeistert: „Ich finde es super, wenn man über solche Dinge lachen kann“, erklärte sie. „Geschmackl­ose Scherze mag ich nicht, aber das hier ist Kabarett auf hohem Niveau. Ich habe mich so gefreut, dass ich eine Karte bekommen habe. Der Abend war einfach toll.“

Das zeigten auch der Applaus, die das Ensemble am Ende erhielt, und die damit geforderte­n Zugaben.

 ?? Fotos: Anja Fischer ?? Schwarzarb­eiter buddeln mit Erfolg – und zum Vergnügen des Publikums – in der Singoldhal­le.
Fotos: Anja Fischer Schwarzarb­eiter buddeln mit Erfolg – und zum Vergnügen des Publikums – in der Singoldhal­le.
 ??  ?? Musiker Pfarrer Micha Seyboth und Jakob Fugger (Pfarrer Peter Lukas) machen ein Geschäft mit Luther Touristen.
Musiker Pfarrer Micha Seyboth und Jakob Fugger (Pfarrer Peter Lukas) machen ein Geschäft mit Luther Touristen.
 ??  ?? Argula von Grumbach, Karlstadt und Thomas Müntzer (Pfarrer Peter Lukas) kamen auch zum Reformatio­nsjubiläum.
Argula von Grumbach, Karlstadt und Thomas Müntzer (Pfarrer Peter Lukas) kamen auch zum Reformatio­nsjubiläum.

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