Zwei Musiker mit Improvisationstalent
Bastian Pusch und Andreas Speckmann überzeugen das Gräbinger Publikum mit „Notenlos durch die Nacht“. Die beiden Musiker können nicht nur beim Hupenspiel punkten
Graben Zwei Männer im schwarzen Anzug, zwei Keyboards und die ganze Welt der Musik von Klassik bis Pop – das klingt im ersten Moment nach einem Standardkonzert einer Künstlergemeinschaft. Wenn jedoch das Programm vom Publikum bestimmt wird und die Künstler keine Ahnung haben, was sie auf Wunsch der Zuhörer zu spielen haben, dann stehen Bastian Pusch und Andreas Speckmann als Duo „Notenlos“auf der Bühne.
Für die knapp 80 Zuhörer im ausverkauften Gräbinger Kulturzentrum sollte dieser überaus unterhaltsame Abend noch so einige Überraschungen bereithalten. „Wir spielen alles – ob wir es können, ist eine andere Sache“, so die Ankündigung der beiden Ausnahmekünstler, der eine Gratwanderung zwischen virtuosem Tastenspiel und gekonnter Comedy erwarten ließ. Und diese Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Der Schlager „Heidi“wurde zum Choral, voller Dramatik zur Arie einer imaginären Verdi-Oper, bis dann der Titel im Stile von Louis Armstrong, Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer oder als Teil einer Sinfonie von Beethoven ungeahnte Wandlungen erlebte.
Der weithin bekannte Karat-Titel „Über sieben Brücken“trat in den Interpretationen von Pusch und Speckmann mit den landestypischen, von den Zuhörern gewünschten, musikalischen Eigenarten aus Japan, Argentinien und Usbekistan seinen erneuten Erfolgsweg über den Globus an. Während der gesamten Show glänzten beide Künstler nicht nur mit gekonntem Spiel auf den Tasten.
Während Pusch durch seine eindrucksvolle Mimik und Gestik das Publikum immer wieder einbezog, spielte Speckmann die passenden Rhythmen nur mit den Füßen auf einem eigens konstruierten Schlagzeug. „Dies erfordert durchgehend eine hohe Konzentration. Nach zwei Stunden wird das Spiel auf zwei Instrumenten gleichzeitig zur mentalen Herausforderung“, sagte er nach dem Konzert. Glückliche Gesichter und langen Applaus gab es bei der Interpretation des Titels „Lemon Tree“, der unter textlicher Mitwirkung des Publikums ein neues Gewand bekam. „Wir schreiben hier und heute Schlagergeschichte“, feuerte Pusch das Publikum an, bevor dann die schwäbischen „Kaschtanienbaim“als Country-Ballade ihre Welturaufführung erlebten.
Mit 24 Liedern, durch Zuruf aus dem Publikum aus dem Kopf gespielt, bewiesen die beiden Ausnahmemusiker beim Hupenspiel ihre Im pro visat ions fertigkeiten.
Mitten in einem Lied, durch die Betätigung einer Hupe und Zuruf des neuen Titels, traf beispielsweise „Hulapalu“auf „Griechischer Wein“, „Atemlos“auf „Yesterday“, „Highway to Hell“auf „Pippi Langstrumpf“, „Unchain My Heart“auf „Lady in Black“und „Barbara Ann“auf die „Nordseeküste“. „Das ist einfach genial, wie die beiden die Wünsche umsetzen und die Titel mit ihren Haupt erkennungs merkmalen interpretieren“, schwärmte ein Besucher aus Schwabmünchen.
„Es kommt schon mal vor, dass wir ein Lied nicht kennen“, sagte Bastian Pusch nach dem Konzert. Sie hätten das Scheitern mit eingeplant, es solle auch passieren, da es zur Interaktion mit den Gästen beitrage, fasste er zusammen. Diese grandiose Unterhaltung auf höchstem musikalischen Niveau wird sicherlich nicht das letzte Mal bei Kultur-Pur im Lechfeld zu hören gewesen sein.