Koenigsbrunner Zeitung

Viel Neues zu einem komplexen Thema

Wie Pfarrer Thomas Rauch Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de von Christentu­m und Islam aufzeigt

- VON ANJA FISCHER

Bobingen Wie ansprechen­d derzeit Vortragsth­emen sind, die sich, zumindest zum Teil, mit dem Islam befassen, zeigte die Besucherre­sonanz auf den jüngsten Vortrag von Dekan und Stadtpfarr­er Thomas Rauch in Bobingen. Im Saal des Laurentius­hauses reichten die vorbereite­ten Stühle nicht aus, um die mehr als 100 Interessie­rten zu fassen, die sich zum Thema „Christentu­m und Islam – Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de“eingefunde­n hatten. Eingeladen hatte dazu der katholisch­e Frauenbund Bobingen.

„Ich bin natürlich katholisch­er Theologe und kein Experte für den Islam und habe deshalb einen katholisch­en Blick auf das Thema“, sagte Pfarrer Thomas Rauch. „Aber ich habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder intensiv mit dem Islam befasst und viel darüber gelesen.“Es sei wichtig, sich im Vorfeld deutlich zu machen, dass es weder das eine Christentu­m, noch den einen Islam gebe. „Das Thema insgesamt ist hochkomple­x. Aber es gibt zum Glück neben den großen Unterschie­den auch viele große Gemeinsamk­eiten.“

Rauch nannte zuallerers­t Zahlen: Etwa 32 Prozent der Weltbevölk­erung sind Christen, etwa 23 Prozent Muslime. Gemeinsam sei beiden Religionen, dass sie monotheist­ische Weltreligi­onen und Buchreligo­nen sind. Aber „obwohl wir alle wissen, dass es nur den einen Gott gibt, haben beide Religionen unterschie­dliche Zugänge zu ihm“, sagte Rauch. Ähnlich sei es bei der Bibel und dem Koran. Ausführlic­h ging Rauch auf die Entstehung der beiden Religionen ein und gab einen zusammenfa­ssenden geschichtl­ichen Abriss beider Weltreligi­onen von ihren Anfängen bis in die heutige Zeit.

Interessie­rt lauschten die Besucher, die sicher vieles dabei neu erfuhren oder in einem neuen Zusammenha­ng erkennen konnten. Trotzdem mache es keinen Sinn, immer nur das Trennende zu sehen und zu betonen, sagte Rauch. „Wir sollten eher das Gemeinsame sehen.“So seien beispielsw­eise die fünf Säulen des Koran zu betrachten: das öffentlich­e Glaubensbe­kenntnis, das Gebet, das Fasten, die soziale Pflichtgab­e und das Pilgern, die auch im Christentu­m wichtige und elementare Punkte seien. „Und ich bin mir sicher, dass man im Vergleich dieser Punkte oft im Gegenüber viel erkennen kann, das man an sich selber verbessern könnte“, sagte Rauch. „Welcher Christ betet schon fünf Mal am Tag?“

Gerade in der Praxis des Glaubens gebe es viele Gemeinsamk­eiten, auf denen man aufbauen könne. Schwierig werde es in der Regel immer, wenn Glaube und Religion instrument­alisiert würden, um Machtanspr­üche durchzuset­zen. „Aber diese Phasen gibt es in jeder Geschichte, in der christlich­en und im Islam“, sagte Rauch.

Am Ende könne man nur folgendes feststelle­n: „Es gibt einfach keine Alternativ­e zum Dialog“, machte der Dekan deutlich. „Der Islam ist eine Weltreligi­on, dem muss man sich stellen. Auch bei uns vor Ort geht es darum, den Dialog zu pflegen. Dann merkt man, wie nah man eigentlich beisammen ist.“

Gerade bei den letzten Worten ging ein allgemeine­s Nicken durch die Reihen. Und auch wenn die anschließe­nde Diskussion aufwarf, dass man nicht jeder Situation mit Verständni­s begegnen kann, so war zumindest die Bereitscha­ft zur gegenseiti­gen Toleranz zu spüren. Das sah auch Stefanie Schleich, die Vorsitzend­e des Deutsch-Türkischen Freundscha­ftsvereins so: „Der Vortrag war sehr gut, vor allem, weil er hilft, dass wir weiter im Dialog bleiben, hier zwischen Deutschen und Türken. Das hilft, gegenseiti­ges Verständni­s zu vertiefen“, sagte sie. Und Otmar Vellinger meinte: „Für mich persönlich war der Vortrag einer der besten geschichtl­ichen Abrisse und Darstellun­gen, die ich jemals zusammenhä­ngend gehört habe. Wie ein Tritt ins Kreuz war für mich die Aussage, dass der Westen die Grundlage für die Probleme im Nahen Osten selbst gelegt hat.“

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Thomas Rauch

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