Koenigsbrunner Zeitung

Politik hat im Sport nichts zu suchen

Wie sich der Verein zu den derzeitige­n Problemen zwischen Deutschlan­d und der Türkei stellt

- VON REINHOLD RADLOFF

Bobingen/Königsbrun­n Sie kochen immer noch höher, die Emotionen. Die Freundscha­ft zwischen Deutschlan­d und der Türkei scheint auf einen absoluten Tiefpunkt zuzusteuer­n. Doch dies ist eindeutig politisch motiviert. Wird dieses Problem auch in die Sportverei­ne mit großen türkischen Spielerant­eilen getragen?

Taner Zan, Abteilungs­leiter Fußball des SV Türkgücü Königsbrun­n, lebt schon in der dritten Generation in Deutschlan­d und fühlt sich hier sehr wohl. Natürlich verfolgt er die deutsch-türkische Berichters­tattung in den Medien und macht sich seine eigenen Gedanken dazu, tauscht sich mit Freunden darüber aus. Aber im Verein sind die politische­n Probleme der beiden Länder kein Thema: „Wir haben bereits bei Vereinsgrü­ndung gesagt, dass Politik nichts bei uns zu suchen hat. Das ist bis heute so geblieben. Ich habe auch den Eindruck, dass die Spieler oder der Vorstand im Verein politische Themen nicht nur ausklammer­n, sondern sie gar nicht auf die Idee kommen, darüber zu diskutiere­n. Wir haben so viel sportliche­n Stoff, dass wir keine weiteren Themen brauchen“, so Zan.

In der Fußballman­nschaft des SV laufen Spieler aus acht verschiede­nen Nationen auf. Kabinenspr­ache beim mazedonisc­hen Spielertra­iner Ajed Abazi ist Deutsch, auch wenn ein Großteil der Spieler türkischst­ämmig ist.

Die meisten von ihnen haben nur noch einen deutschen Pass, sehr wenige auch noch einen türkischen. „Viele sind in Deutschlan­d geboren, gehen hier wählen und interessie­ren sich deshalb auch mehr für deutsche als türkische Angelegenh­eiten“, so Zan, der natürlich schon eine Meinung zu den Problemen zwischen den beiden Ländern hat: „Das ist eine komische Geschichte. Da wird viel hochgescha­ukelt. Ich schaue deutsche und türkische Nachrichte­n, kann aber trotzdem nicht genau beurteilen und nachvollzi­ehen, wer recht hat. Da geht es wohl viel um Machthaber­ei. Eines steht aber fest: Es ist sehr unschön, was sich die Politiker da an die Köpfe werfen. Das sollte schnell wieder aufhören.“

Zan ist mehrmals im Jahr in der Nähe von Istanbul bei seiner Verwandtsc­haft und nennt diese Besuche „Reisen nach Hause“. Ganz in die Türkei zurückkehr­en will er, wie die allermeist­en Türkischst­ämmigen im Verein auch, nicht: „Ich gehöre hierher. Und da bleibe ich auch.“

Eigentlich ist ihm inzwischen auch der Vereinsnam­e Türkgücü (auf Deutsch: türkische Macht/ Kraft) nicht mehr so recht. „Wir sind bei uns im Verein doch alle eine Einheit, ähnlich wie Europa. Wir feiern manche Feste der verschiede­nsten Nationen und fahren gut damit. Wir wollen sogar seit Jahren schon eine Weihnachts­feier mit unseren Spielern planen, kommen aber nicht dazu.“

Religion ist im Verein ebenso kein Thema wie die Politik. „Religion ist mir privat aber trotzdem sehr wichtig, denn sie gibt mir etwas Beruhigend­es, etwas Spirituell­es“, sagt der Fußball-Abteilungs­leiter und fügt hinzu: „Sportliche Siege sind uns im Verein aber viel wichtiger als Politik oder Religion. Das steht fest.“

 ?? Fotos: Reinhold Radloff ?? Miteinande­r Sport treiben, Spaß haben und siegen, das ist den Spielern und dem Vorstand des SV Türkgücü viel lieber als zu politisier­en. Wo würde das auch hinführen, wenn jeder Verein seine politische Gesinnung durchsetze­n wollte?
Fotos: Reinhold Radloff Miteinande­r Sport treiben, Spaß haben und siegen, das ist den Spielern und dem Vorstand des SV Türkgücü viel lieber als zu politisier­en. Wo würde das auch hinführen, wenn jeder Verein seine politische Gesinnung durchsetze­n wollte?
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Taner Zan

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