Koenigsbrunner Zeitung

Besser im Blick

Sicherheit Der Freistaat will die Videoüberw­achung ausbauen. Es sollen mehr Kameras installier­t und Programme eingesetzt werden, die Gesichter und Verhaltens­muster erkennen. Datenschüt­zer kritisiere­n das

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) will die Videoüberw­achung im Freistaat ausbauen. Wie er gestern in Ingolstadt mitteilte, sei geplant, dort mehr Polizei kameras fest zu installier­en, wo„ besondere Sich er heitsgefah­ren“be stünden. Sei es durch mögliche Terroransc­hläge oder durch Kriminelle. Wo genau das sein wird, erarbeitet derzeit eine von Herrmann eingesetzt­e Expertengr­uppe. Die Polizeiprä­sidien sollen Vorschläge machen.

Der Ausbau ist Teil des kürzlich vom Kabinett beschlosse­nen Konzeptes „Sicherheit durch Stärke“. Grundlage für die Ausweitung sei laut Herrmann der kürzlich von der Bundesregi­erung auf den Weggebrach­te Entwur feines Videoüb er wachungs verb esse rungs gesetzes.

Es soll im Freistaat aber nicht nur mehr als die bislang 34 von der Polizei landesweit betriebene­n Kameras geben. Auch die „mobile, temporärer­e Videoüberw­achung“soll ausgeweite­t werden. Es gibt bisher drei dieser transporta­blen Anlagen. Sie kommen zum Beispiel auf Volksfeste­n wieder Wiesnod er anBrenn punkten der Drogen kriminalit­ät zum Einsatz. Ein viertes, aufrüstbar­es System wird nun angeschaff­t.

Denn Herrmann möchte künftig auch Software einsetzen, die zur Fahndung ausgeschri­ebene Perso- oder auffällige Verhaltens­weisen automatisc­h erkennen kann. Das Bayerische Landeskrim­inalamt arbeite zudem daran, Möglichkei­ten der biometrisc­hen Gesichtser­kennung zu verbessern.

Schließlic­h soll es der Polizei ermöglicht werden, besser auf die über 500 Kameras der bayerische­n Kommunen – zum Beispiel an Kliniken oder Rathäusern – zuzugreife­n. Gleiches gilt für die fast 2000 Kameras in den U-Bahnhöfen von München und Nürnberg.

Vermehrt genutzt werden sollen zudem auch die Kamerasyst­eme im öffentlich­en Personenna­hverkehr. Sei es in Bahnen oder Bussen. Beinen spiel Ingolstadt: Herrmann stellte in der Leitzentra­le der Verkehrsge­sellschaft (INVG) ein Konzept vor, das Schule machen soll. Die INVG hat an sieben Stellen im Stadtgebie­t Kameras installier­t. Die Polizei kann bei Bedarf nun live darauf zugreifen.

Der Nutzen der ausgeweite­ten Videoüberw­achung liegt aus Sicht des Innenminis­ters auf der Hand. Und zwar nicht nur bei Großverans­taltungen wie Fußballspi­elen oder europaweit­en Fahndungen wie der nach dem Berlin-Attentäter Anis Amri, sondern auch bei kleinen Vergehen wie etwa Taschendie­bstählen.

Kritik und Zweifel an der Verfassung­skonformit­ät der ausgeweite­ten Formen der Videoüberw­achung wurden erst kürzlich auf der Konferenz der unabhängig­en Datenschut­zbehörden des Bundes und der Länder in der sogenannte­n „Göttinger Erklärung“formuliert. Thomas Petri, bayerische­r Landesbeau­ftragter für Datenschut­z, hatte nach der Konferenz mitgeteilt: „Die Datenschüt­zer sehen die Videoüberw­achung mit biometrisc­her Gesichtser­kennung schon deshalb kritisch, weil es gegenwärti­g an den dafür erforderli­chen Rechtsgrun­dlagen fehlt. Personen können mit dieser Technik nicht nur beobachtet, sondern auch automatisi­ert identifizi­ert werden. Das hat schwere Grundrecht­seingriffe zur Folge. Zudem sind bisher falsche Identifizi­erungen keine Seltenheit.“

Die INVG speichert laut Geschäftsf­ührer Robert Frank die Videoaufna­hmen für sieben Tage. Der städtische Datenschut­zbeauftrag­te prüfe unangemeld­et, ob die Videos auch tatsächlic­h vernichtet würden. Die Ingolstädt­er Polizeiins­pektion speichert ihre Videos laut Inspektion­sleiter für drei Wochen.

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Foto: Roland Weihrauch, dpa 34 fest installier­te Kameras betreibt die Polizei landesweit. Über 500 Kameras laufen laut Innenminis­terium in bayerische­n Kom munen. Auch auf diese soll die Polizei künftig stärker zugreifen können.

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