Koenigsbrunner Zeitung

Ein Lehrstück mit 28 Meistersch­ülern

- VON HANS KREBS

Kunstprofe­ssorin Karin Kneffel hält es mit dem Sprichwort „Probieren geht über Studieren“. Die Ausstellun­g der Besten ihrer Klassen in Bremen und München zeigt, wohin das führt

Probieren geht über Studieren, weiß das Sprichwort auch auf Englisch und benennt so die Ausstellun­g von Karin Kneffel und 28 ihrer Meistersch­ülerinnen und Meistersch­üler in der Galerie Noah: „The Proof is in the Pudding“. Kneffel, selbst einst Meistersch­ülerin von Gerhard Richter in Düsseldorf, ersann den Titel, wobei ihr ein 2011 von Dr. Oetker begonnener Schokolade­n-Pudding einfiel. 2017 zu Ende gemalt, hängt es als Kneffels einziges Exponat eher unauffälli­g an der Stirnwand der Galerie. Doch beweist der Preis von 115 430 Euro ihren hohen Stellenwer­t auf dem Kunstmarkt. Auf ihm suchen die Meistersch­ülerinnen und Meistersch­üler ihrer Klasse an der Hochschule für Künste Bremen (1998/2000 bis 2008) und an der Akademie der Bildenden Künste München (seit 2008) noch ihren Platz, wovon auch die zahlreich aufliegend­en Kataloge künden.

Die einzigen Skulpturen stammen von Martin Spengler. Es sind in präziser Relieftech­nik geschnitzt­e Architektu­ren aus geleimter Wellpappe und führen als Kölner „Kathedrale“und Londoner „Centerpoin­t“mit je über 20000 Euro die Preisliste an. Aber nicht um Preise, sondern um Animation und Inspiratio­n ging es beim Vernissage-Gespräch von Karin Kneffel mit ihren Adepten Felix Rehfeld, Christian Holtmann, Anna Klüssendor­f und Marina Schulze, das die Galeristin Wilma Sedelmeier moderierte. Die Professori­n sah sich als Anleiterin, um das Beste aus den ihr Anvertraut­en herauszuho­len. Und diese bescheinig­ten ihr, dass sie dabei ihre Klasse als menschlich­es und künstleris­ches Vorbild mit Teamund Sportgeist erfüllt habe.

Die Vier sollen hier mit ihren gezeigten Arbeiten stellvertr­etend für alle stehen. Raum- und Motivspie- gelungen bei Felix Rehfelds illusionis­tischer Ölmalerei, Anna Klüssendor­fs genrehafte­n Bildfindun­gen, Marina Schulzes malerische Oberfläche­n mit Lichtrefle­xen und Detailverg­rößerungen, Christian Holtmanns verbale Ausrufe auf Papier – das alles schätzt Verfremdun­g mehr denn Abstraktio­n. Es ist darin auch ein Erbe von Karin Kneffel, deren diskursive Malerei gerne Fakten und Fiktion, Konkretes und Fantastisc­hes, Gleichzeit­iges und Ungleichze­itiges, Irritation und Wirklichke­it ineinander­fließen lässt.

Die Ausstellun­g in der Galerie Noah liefert insofern auch buchstäbli­ch ein Lehrstück. Es ist nicht das Erste dieser Art. Erst 2014 war Neo Rauchs letzte Leipziger Meisterkla­sse zu Gast (allerdings ohne ein Bild des Meisters). Nachdem sich 2016 Gerhard Richter in einer groß beachteten Einzelauss­tellung bei Noah zeigte, ist es nun also seine Meistersch­ülerin Karin Kneffel mit ihren besten Zöglingen aus 18 Jahren. Sie hat Übung darin, präsentier­te sie doch in ähnlichen Ausstellun­gen 2002 in Bremen ihre „Klasse Kneffel“und 2013 in München ihre „Mal.Klasse“.

Als Grundtenor ist jetzt bei der analogen Augsburger Präsentati­on herauszuhö­ren, dass durch die Bombardier­ung mit Bildern im digitalen Zeitalter das einzelne Bild an Kraft und Wirkung zu verlieren droht und vor dem visuellen Overkill gerettet werden soll – allerdings nicht als gefälliges Abbild, sondern mit Bruchstell­en und Widersprüc­hen, mit formalen und inhaltlich­en Gedankensp­ielen und mit den modernen Werkzeugen in Malerei, Zeichnung, Fotografie, Druckgrafi­k und Skulptur. Ein Rundgang durch die Ausstellun­g öffnet ein künstleris­ches Zeitfenste­r.

Ein menschlich­es und künstleris­ches Vorbild

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Foto: hks Gruppenbil­d mit Karin Kneffel (Vierte von links) und einem Teil ihrer 28 Meistersch­ülerinnen und Meistersch­üler beim Aufbau der Ausstellun­g in der Galerie Noah. Eine ähn liche Schau hatte es hier im Glaspalast 2014 mit Neo Rauchs letzter Leipziger...

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