Pflegen, pauken und prüfen
Wie die Wertachkliniken einem Pflegenotstand entgegenwirken und sich Schüler dort in der Probezeit beweisen müssen – bis auch der Patient lächelt
Bobingen/Schwabmünchen Pflegekräfte sind deutschlandweit dringend gesucht und werden in Zukunft noch gefragter sein. Doch ihre Tätigkeit erfordert viel Können und Einfühlungsvermögen – auf Dauer keine leichte Aufgabe. Es ist also gut zu wissen, auf was man sich da einlässt. Deshalb gibt es auch an der Berufsfachschule für Krankenpflege der Wertachkliniken in Bobingen eine Probezeit, in der die Schüler ihre Eignung beweisen müssen und gleichzeitig ihre Entscheidung noch einmal überdenken können.
Dilara Samyeli ist mit 16 Jahren die jüngste Schülerin im neuen Jahrgang. Vergangenes Jahr hat sie die Mittlere Reife gemacht und ein paar Monate später an der Pflegeschule der Wertachkliniken mit ihrer Ausbildung begonnen. „Am Anfang war ich mir nicht sicher, ob ich die Theorie schaffe“, gibt sie zu. Vor allem Biologie und Anatomie seien schon sehr anstrengend. Aber Gespräche mit anderen Schülern haben ihr Mut gemacht. Und inzwischen weiß sie es selbst: Mit Lernen kann man es schaffen. Dilaras Noten sind sogar recht gut. Und die Schule hat, wie sie findet, ein klares Plus: Sie hat weder Mathematik, noch Englisch Latein. Stattdessen erfährt sie interessante Dinge über die Gesundheitsund Krankenpflege sowie Kommunikation und Beruf. Aber im Dezember stand der erste Praxiseinsatz im Ausbildungsplan: Drei Wochen in der Inneren Medizin und Geriatrie. Da wurde es der gebürtigen Augsburgerin doch ein bisschen mulmig.
„Am Anfang war ich sehr unsicher, weil ich Angst hatte, im direkten Patientenkontakt etwas falsch zu machen“, erinnert sie sich. Natürlich hatte sie vorher unter Anleitung der Lehrer mit ihren Schulkameraden geübt, beispielsweise die Vitalwerte Puls, Blutdruck und Temperatur zu messen. „Aber das waren eben keine Patienten“, erklärt Dilara ihre anfängliche Scheu auf der Station, die sie aber schnell überwand. Denn der Kontakt mit den Patienten macht ihr Spaß und mit der Übung kam auch die Routine bei den medizinischen Tätigkeiten.
Inzwischen hat Dilara Samyeli bereits den dritten Praxiseinsatz hinter sich. Und jedes Mal kommen neue Herausforderungen auf sie zu. Dieses Mal die Körperpflege. Aber auch diesen Test hat sie mit Bravour bestanden. „Die meisten Patienten sind sehr freundlich zu uns Schülern“, hat sie festgestellt. Aber sie hat auch schon gelernt, mit ungeduldigen Patienten umzugehen. Und wenn es ihr gelinge, einem schlecht gelaunten Menschen ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern, freut sich die Pflegeschülerin ganz besonders.
Teresa Reithmair ist Dialaras Praxisanleiterin und bestätigt, dass Dirlara der Umgang mit den Patienoder ten besonders gut gelingt. Sogenannte Praxisanleiter der verschiedenen Stationen begleiten die Schüler bei ihren Einsätzen und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Außerdem führen sie mit den Schülern ein Einführungs-, Zwischenund Endgespräch und schreiben am Ende eine Beurteilung.
Auch die Zusammenarbeit mit den examinierten Kolleginnen klappe sehr gut, findet die junge Schülerin. Und die Ärzte haben sie mit ihrer Offenheit sogar ein bisschen überrascht: „Wenn sie Zeit haben, frühstücken sie mit uns. Da wird dann einfach geplaudert. Aber sie erklären uns Schülern auch Dinge, die wir noch nicht wissen.“
Und es gibt viel zu lernen, in Theorie und Praxis. Inzwischen weiß die angehende Pflegerin, wie man Infusionen abstöpselt und OPÜberwachungsprotokolle schreibt, kennt die Pneumonie-, Dekubitusund Kontraktur-Prophylaxe und hatte schon zahlreiche Patienten, die sich beim Abschied für die gute Pflege bedankt haben.
Dilara Samyeli hat ihre Probezeit bestanden. Die Lehrer in der Berufsfachschule für Krankenpflege an den Wertachkliniken und die Praxisanleiter auf den Stationen sind der Meinung, dass sie sich sehr gut für die Krankenpflege eignet und die Ausbildung erfolgreich absolvieren wird. Auch Dilara selbst glaubt inzwischen an sich und ist mit ihrer Berufswahl zufrieden. Sie mag den Kontakt zu Menschen, sagt sie: „Außerdem finde ich es schön, kranken Menschen zu helfen und dabei zu sein, wenn es ihnen von Tag zu Tag besser geht.“