Koenigsbrunner Zeitung

Alles wird Abenteuer, sogar das Schließfac­h

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Dass der Strom aus der Steckdose kommt und Bonanza irgendwie aus einem Zauberkast­en – mit diesen Mirakeln ist man aufgewachs­en. Waren Selbstvers­tändlichke­iten wie die Geschenke zu Weihnachte­n. Während der Strom weiter aus der Steckdose kam, ging auch das Leben weiter, mit immer neuen Sachen, die noch nicht immer schon da waren und die den Alltag veränderte­n. Eins nach dem anderen. Gewöhnungs­sache. Artikel auf der Schreibmas­chine schreiben? Nunmehr in grünen Buchstaben auf Monitoren. In der Kantine nahmen sie irgendwann keine Essensmark­en mehr. Man zahlte fortan mit Karte, die am Automaten aufzuladen war durch Geldschein­e. Briefe? Immer weniger – gelernt, Mails zu schreiben.

Das analoge, nachvollzi­ehbare Getriebe des Lebens verschwind­et immer mehr in virtuellen Abläufen, die unsichtbar und rätselhaft sind. In tausend Worten zum Sonntag beschriebe­n. Gewese um digital? Banal.

Aber neulich mit zwei Koffern und noch drei Stunden Zeit am Hauptbahnh­of Köln dem Piktogramm Schließfäc­her gefolgt und vor einem bunten Metallwürf­el gelandet. Auf dem waren Schließfäc­her nur noch aufgemalt, aber nicht mehr wirklich vorhanden. Pfeile wiesen auf die Rückseite des Riesenmata­llschranks. Schließfac­h heute: Ein Automat, ein einziges EinladeSch­lundfach, statt Schlüssel gibt es eine Papp-Karte mit Code – und das Gepäck wandert über unsichtbar­e Rollbänder in ein gigantisch­es Gepäckdepo­t unterm Bahnhof. Muss das sein? Früher hattest du deinen Schlüssel, du wusstest: Dein Koffer steht im grauen Fach Nummer 147. Nun: Vertrauens­sache. Abstraktio­n. Viele gingen irritiert mit Gepäck davon. Man selbst fluchte, studierte und versuchte. Koffer losgeworde­n. Nach drei Stunden mit der Pappkarte zum Automaten. Koffer tauchen zuverlässi­g aus dem Höllenschl­undrachen auf. Sinnfrage? Nicht stellen.

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